Klimakleber länger wegsperren? Berlin will Präventivhaft ausweiten

Berlins neuer regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) will den Präventivgewahrsam für Berlin ausweiten. Damit sollen Polizei und Justiz befähigt werden, mögliche Straftäter präventiv bis zu fünf Tage inhaftieren zu können. Das hätte im Moment vor allem Auswirkungen auf die Protestaktionen der „Letzten Generation“.
Festgeklebt auf der Straße: «Auch robuste Blockadeaktionen fallen unter das Versammlungsrecht.»
Mit Trennschleifer entfernt: „Letzte Generation“ mit speziellem Sand-Kleber-Gemisch auf Asphalt geklebt:Foto: Nadine Weigel/dp
Von 18. Mai 2023

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Mit dem Präventivgewahrsam sollen Menschen ins Gefängnis kommen, wenn sie aus Sicht der Behörden vor einer Straftat stehen, die die Allgemeinheit betrifft. Bisher kann die Polizei in Berlin Menschen 48 Stunden festnehmen, um potenzielle Straftaten zu verhindern.

Diese zwei Tage Präventionshaft ist deutlich weniger, als beispielsweise in Bayern erlaubt ist. Hier ist dies bis zu 30 Tage möglich. Falls diese neue Regelung in Berlin durchgesetzt wird, könnte das auch die selbst ernannten Klimaschützer betreffen, die sogenannten „Klimakleber“, die durch ihre Straßenblockaden regelmäßig die Straßen der Hauptstadt blockieren.

Berlins Bürgermeister will juristische Voraussetzungen schaffen

Berlins Bürgermeister Kai Wegner kündigte im „Tagesspiegel“ an, dass die Innen- und Justizsenatorin eng zusammenarbeiten werden, um die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Das Vorhaben war bereits im Koalitionsvertrag von CDU und SPD vereinbart worden. Wegner erklärte, dass die neue Landesregierung der Polizei zum Beispiel mehr Rückendeckung geben möchte.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, hatte ein noch härteres Vorgehen gegen die Klimaaktivisten gefordert, und zwar einen bundesweiten Präventivgewahrsam von bis zu 30 Tagen, so wie es in Bayern möglich ist. Das kann die Münchener Justiz durch die 2018 beschlossenen Verschärfungen des Landespolizeigesetzes in Bayern durchsetzen.

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Vorbild Bayern? Hier ticken die Uhren der Justiz anders…

In der bayerischen Landeshauptstadt mussten im November letzten Jahres nach zwei Verkehrsblockaden innerhalb von nur wenigen Stunden insgesamt zwölf Klimaaktivisten für dreißig Tage ins Gefängnis, nachdem das Polizeipräsidium in München die Inhaftierung der Aktivisten beantragt hatte.

Auch wenn auf den ersten Blick diese dreißig Tage Gewahrsam als eine harte „Strafe“ erscheinen, so Rechtsanwalt Markus Heinz seinerzeit zum Strafmaß gegenüber Epoch Times, handle es sich hier – zumindest rechtsdogmatisch – keineswegs um eine repressive Maßnahme, die die Klimaaktivisten bestrafen soll. „Vielmehr stellt dieser verhängte Gewahrsam eine rein gefahrenabwehrrechtliche, präventive Maßnahme dar, die die Begehung weiterer Straftaten verhindern soll.“

Grüne lehnen Ausweitung der Präventivhaft für Klimakleber ab

Die Berliner Grünen-Chefin Bettina Jarasch lehnt eine Ausweitung der Präventivhaft für Klimaaktivisten in Berlin ab, denn das bedeute, „Leute ins Gefängnis zu setzen für Taten, die sie noch nicht begangen haben. Das ist fragwürdig und das muss strikt begrenzt werden“, sagte sie gegenüber dem rbb.

Zu den 30 Tage lang festgesetzten Klimaaktivisten in Bayern und dem möglichen Effekt einer Ausweitung des Präventivgewahrsams auch in Berlin, kommentierte auf dem rbb-Sender „Radio Eins“ Christine Dankbar („Berliner Zeitung“), dass die Maßnahmen sich an den Delikten orientieren müssten und nicht daran, wie genervt eine Gesellschaft davon sei. Weiter sagte sie:

„Interessanterweise haben die weggesperrten Klimakleber aber erst mal gar keine Rechtsmittel gegen ihre Präventivhaft eingelegt. Warum? Weil es zur Inszenierung gehört: ‚Wir gehen für den Klimaschutz in den Knast, und wer sperrt uns weg? Der autoritäre Staat, der unsere Zukunft aufs Spiel setzt!‘ So geht die Geschichte.“

Frisch verurteilte Aktivistin direkt wieder auf die Straße geklebt

Diesen möglichen Aspekt veranschaulichte auch die Pressesprecherin der „Letzten Generation“ in Berlin. Gerade erst letzten Donnerstag in Frankfurt (Main) zu zwei Jahren auf Bewährung wegen Nötigung verurteilt (Epoch Times berichtete), klebte sie sich schon wieder auf die Straße – wie im Übrigen nach der Urteilsverkündigung von ihr selbst bereits angekündigt, mit der Erklärung, dass sie mehr Angst vor dem Klimawandel als vor dem Gefängnis habe: „Darum werde ich weitermachen, auch wenn ich dafür ins Gefängnis muss.“

Mit Trennschleifer vom Asphalt entfernt

Hinrichs hatte sich nach Angaben von Polizisten vor Ort so festgeklebt, dass die Straße an zwei Stellen vier Zentimeter tief abgetragen werden musste. Diese Löcher müssen nun wieder gefüllt, die Straße repariert werden. Hinrichs wurde von der Polizei vorläufig festgenommen. Das Urteil aus Frankfurt ist noch nicht rechtskräftig.

Damit war Hinrichs am Dienstagmorgen Teil einer erneuten Asphaltklebeaktion der Aktivisten. Klimakleber blockierten im Berufsverkehr elf große Straßen und Kreuzungen. Betroffen waren verkehrsneuralgische Punkte der Hauptstadt wie die Stadtautobahn A100.

Mittlerweile kleben die Aktivisten ihre Hände mit einem speziellen Sand-Kleber-Gemisch am Asphalt fest, sodass die Polizei sogar Trennschleifer einsetzen muss, um die Aktivisten von der Straße zu entfernen. Auch Straßenschäden, die hinterher repariert werden müssen, sind die Folge davon.

Berlin: Über 150 Straßenblockaden in drei Wochen

Aktionen wie das Festkleben an den Straßen laufen seit Januar 2022. Die Aktivistengruppe, die unter anderem durch Gelder von NGOs aus Amerika finanziert wird, fordert verstärkte Maßnahmen der Politik gegen den Klimawandel. Im April hatten die Klimaprotestler angekündigt, ganz Berlin lahmlegen zu wollen, um gegen die passive Klimapolitik der Regierung zu protestieren. Vom 16. April bis 7. Mai legten insgesamt 151 Straßenblockaden den Verkehr der Hauptstadt lahm oder behinderten ihn, acht davon auf Autobahnen.

Knapp 2.000 Ermittlungsverfahren zu Aktionen der „Letzten Generation“ und einer anderen Aktivistengruppe sind mittlerweile bei der Berliner Staatsanwaltschaft aufgelaufen. Von 86 bislang gesprochenen Urteilen sind aktuell 40 rechtskräftig.

Die Demonstranten wurden im Normalfall zu Geldstrafen verurteilt – zumeist wegen Nötigung und Widerstands gegen die Polizei.



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