Immobilienverband: 70 Prozent der Mitglieder können 2025 keine Wohnungen mehr bauen
Die Ampelregierung hat bei ihrem Amtsantritt im Jahr 2021 das Ziel ausgegeben, dass 400.000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden. Von diesem Wert ist die Baubranche allerdings weit entfernt. Im Jahr 2022 waren es knapp 300.000 – die Tendenz ist derzeit stark sinkend.
Deutschland befindet sich eindeutig in einer Baukrise, sagt der Bundesverband der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW).
Rückläufige Zahlen
Das leitet der Dachverband von rund 3.000 Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften einerseits davon ab, dass die Wohnungsfertigstellungen der GdW-Unternehmen im Jahr 2023 erstmals um 13 Prozent eingebrochen sind. Das bedeutete insgesamt nur noch rund 28.000 neue Wohnungen.
Zwei Drittel der Wohnungsunternehmen im GdW können dies Jahr gar keine Wohnungen bauen, wie eine im Juni durchgeführte Umfrage zeigt, so der Verband in einer Stellungnahme. Für das Jahr 2025 steigt dieser Anteil auf 70 Prozent.
Auch das ifo Institut registriert einen klaren Abwärtstrend beim Wohnungsbau. Auf Anfrage der Epoch Times prognostizierte ifo-Bauexperte Ludwig Dorffmeister, dass die Anzahl der neuen Wohnungen in diesem Jahr von knapp 300.000 auf 250.000 sinken wird. Im kommenden Jahr seien es nur noch rund 205.000 und 2026 falle der Wert weiter auf 175.000.
Dorffmeister merkte an, dass die Prognosen vage sind, da dem Institut wichtige Daten zu unterjährigen Baufortschritten fehlen. „Zudem ist nicht klar, wie weit man den Genehmigungszahlen der vergangenen Jahre trauen kann (Projektabsagen/-stopps), wie sich die Bauzeit verändert und welche gestoppten Vorhaben inzwischen wieder begonnen wurden“, sagte der Fachreferent für Bau- und Immobilienforschung.
Es fehlen 800.000 Wohnungen
Laut dem Zensus 2022 zur Gebäude- und Wohnungszählung, der der Epoch Times vorliegt, hatte Deutschland am Stichtag des 15. Mai 2022 einen Wohnungsbestand von insgesamt 43,1 Millionen. Beim Zensus 2011 waren es 40,6 Millionen Wohnungen, was in diesem Zeitraum einer Steigerung von 2,5 Millionen entspricht.
Doch das Vorzeichen hat sich geändert. Andreas Schichel, Pressesprecher des GdW, teilte der Epoch Times mit:
Der Wohnungsmangel liegt aktuell bei rund 800.000 Wohnungen.“
Zu teuer und …
Als Ursache für die Abwärtsentwicklung nennt Dorffmeister vorwiegend finanzielle Gründe. „Bauen ist vor allem zu teuer, aber auch zu kompliziert und langwierig.“ Die Zinsen seien inzwischen wieder normal hoch und dürften langfristig eigentlich nicht als Ausrede dienen. Im Juli 2024 lagen die Bauzinsen in der Regel zwischen 3,6 und 4,2 Prozent.
„Bis zu den Lieferkettenproblemen und dem Ukrainekrieg lag es aber auch am sehr gut ausgelasteten Ausbaugewerbe, dass sich die Fertigstellung immer weiter verzögerte“, so Dorffmeister. Er sagte, dass die sinkende Nachfrage im Neubau und bei Sanierungen bereits in Auftrag gegebene Ausbauarbeiten wieder beschleunigen könnte. Laut der GdW verharren die Kosten beim Wohnungsbau „bei komplett unzureichender Förderung auf hohem Niveau“.
Anfang des Jahres hatte die Regierung laut GdW eine Milliarde Euro zusätzlich für klimafreundlichen Neubau im Niedrigpreissegment zugesagt. Aus Sicht des Dachverbandes bleibt es jedoch weiterhin hinter den Erwartungen der sozial orientierten Wohnungswirtschaft zurück. So soll weiterhin auch der EH-40-Standard gefördert werden, der das Bauen deutlich verteuere.
„Wenn Bauen bezahlbar sein soll, darf keine weitere Verschärfung über EH55 hinaus erfolgen. Denn wir brauchen für den hohen Bedarf möglichst viele Wohnungen und nicht weniger teure“, sagte Axel Gedaschko, GdW-Präsident, in einer Stellungnahme. „Und wenn die Anforderungen am Ende dem KFN-Programm [Anm. d. Red.: Klimafreundlicher Neubau] gleichen, dann braucht es letztlich kein neues Programm.“
Positiv wäre es, wenn eine angekündigte erhöhte Förderung dann auch „tatsächlich“ im Haushalt beschlossen würde.
… zu viel Bevölkerungswachstum
Hinzu kommt, dass auch die hohe Anzahl an Migranten ungünstig für die Wohnungsknappheit ist. Axel Gedaschko, Präsident des GdW, teilte kürzlich mit: „Deutschland wächst, schafft aber immer weniger Wohnungen. Das passt nicht zusammen.“
In den vergangenen Jahren nahm die Bevölkerungszahl in Deutschland weiter zu. Ende 2023 lebten 84,7 Millionen Menschen in Deutschland. Zum Vergleich: Ende 2020 waren es noch 83,2 Millionen Menschen – ein Plus von rund 1,5 Millionen Menschen. Dabei liegt die Geburtenrate schon seit mehreren Jahren unter 1,5 Kindern pro Frau. Ist der Wert geringer als 2,0, schrumpft die Bevölkerung normalerweise. Somit kam der Zuwachs von außerhalb.
Gedaschko forderte die drei staatlichen Ebenen – Judikative, Exekutive und Legislative – zu konsequenter Zusammenarbeit auf, um „alles für bezahlbaren Wohnungsbau“ zu tun. Erst so könne Deutschland ein zukunftsfähiges Land bleiben. „Wir brauchen mit Blick auf das Bauen, Umbauen und Wohnen bezahlbares ‚Schwarzbrot‘ statt teuren ‚Zuckerguss‘ in Form immer höherer und kostspieliger Vorgaben“, so der GdW-Präsident.
Dorffmeister: „Bau-Turbo“ kann wenig bewirken
Eine aktuelle Maßnahme der Bundesregierung ist der sogenannte „Bau-Turbo“, wobei mit dem neuen Gebäudetyp E neue Wohnungen einfacher und günstiger werden sollen. Nach Aussage von Dorffmeister wird dieses Vorhaben nur einen beschränkten Effekt haben. Einerseits wies er auf den Preisanstieg der Baukosten hin. Diese seien, je nach Rechnungsmethode, in den vergangenen drei Jahren um rund 35 bis 40 Prozent gestiegen.
„Daher können die geschätzten zehn Prozent Kostenersparnis durch den Gebäudetyp E das Rad nicht mehr zurückdrehen, würden aber immerhin eine nennenswerte Erleichterung bringen“, erklärte der Baufachmann.
„Derweil steigen die Preise weiter, was am Ausbaugewerbe liegt.“ Das Bauhauptgewerbe sei zudem mit einem für die Firmen herausfordernden Tarifabschluss konfrontiert. „Ich sehe mittelfristig keine echte Trendumkehr im Wohnungsneubau“, so Dorffmeister.
Auswirkungen auch für Mieter
Dorffmeister erwähnte im Weiteren, dass die hohen Baukosten zwangsweise auch die Mieter zu spüren bekommen. „Die Baukosten plus Grundstücks- und Entsorgungskosten sind inzwischen so hoch, dass sich etwa die kalkulierte Miete hinterher fast niemand mehr leisten kann.“ Diese beziffert er mit 18 Euro pro Quadratmeter.
Tatsächlich sind die Mieten in den vergangenen Jahren gestiegen. Bezahlten Mieter in Berlin Anfang 2020 noch rund 13 Euro pro Quadratmeter für eine Wohnung, waren es im zweiten Quartal dieses Jahres bereits 17,15 Euro.
„Für zukünftige Eigentumsbesitzer sind die Gestehungskosten häufig auch nicht mehr zu stemmen“, so Dorffmeister. „Hier hilft aber teilweise ein günstiges oder geerbtes Grundstück auf dem Land.“
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