Grundsteuer in 41 Prozent der Fälle falsch berechnet: Drohen jetzt hohe Nachzahlungen?

Bei der Berechnung der Grundsteuer liegt eine massive Fehlerquote vor. Das enthüllt der neue Jahresbericht des Berliner Rechnungshofes. Rund 761.000 Wohngrundstücke sind betroffen. Vielen Hausbesitzern drohen erhebliche Nachzahlungen.
Grundsteuer
Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. (Symbolbild)Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Von 2. Dezember 2024

Der neue Jahresbericht 2024 des Berliner Rechnungshofs ist alarmierend. Er offenbart, dass die Finanzämter der deutschen Hauptstadt in 41,3 Prozent der geprüften grundsteuerpflichtigen Fälle die Grundsteuer falsch berechnet haben.

Die Grundsteuerwerte sind die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer ab dem Jahr 2025. Ab Januar wird auch deutschlandweit die Neuberechnung für Eigentümer von Grundbesitz gültig sein.

Finanzämter haben viele Fehler gemacht

Der Rechnungshof von Berlin verkündete die hohe Fehlberechnungsquote in einer Pressemitteilung. Darin steht:

„Die Finanzämter haben in mehr als 40 Prozent der geprüften Fälle nicht die richtigen Grundsteuerwerte ermittelt. Die Werte dieser Fälle sind insgesamt um 30,6 Millionen Euro zu niedrig. Es besteht daher für die etwa 761.000 Wohngrundstücke das Risiko, dass die Grundsteuerwerte korrigiert und um insgesamt rund 48 Milliarden Euro erhöht werden müssen. Das würde zu jährlichen Mehreinnahmen von rund 70 Millionen Euro führen. Für einzelne Hausbesitzer kann dies zu erheblichen Nachzahlungen führen.“ Aus der Meldung geht allerdings nicht hervor, wie die unterschiedlichen Beträge zustande kommen.

Auch die angestrebte Aufkommensneutralität ist dadurch gefährdet. Aufkommensneutralität bedeutet, dass die Höhe der Einnahmen durch die Grundsteuer insgesamt gesehen gleich bleibt.

Die Finanzämter haben bei der Feststellung der Grundsteuerwerte laut Rechnungshof viele Fehler gemacht. Diese seien nur noch teilweise zu korrigieren. Ein oftmals begangener Fehler war demnach, dass die Finanzämter Grundstücke der falschen Grundstücksart zugeordnet haben. Ebenso hätten sie ungerechtfertigte Abschläge auf den Bodenrichtwert vorgenommen oder trotz Steuerbefreiung Grundsteuerwerte festgestellt.

Als Hauptgrund nannte der Rechnungshof, dass die Daten nicht durchgehend digital vorlagen. Somit konnten die Behörden diese nicht automatisiert verarbeiten. Mit IT-gestützten Basisinformationen für Grundstückseigentümer und Finanzämter hätten sich einige Bearbeitungsfehler vermeiden lassen. Aus Sicht des Berliner Rechnungshofs ist dies nur ein weiteres Beispiel, wonach deutlich wird, dass an einer Digitalisierung der Berliner Verwaltung kein Weg vorbeiführt.

Die Finanzämter und andere beteiligte Stellen müssten die Verwaltungsverfahren schnell digitalisieren, um effizienter arbeiten zu können. Aufgrund der Feststellungen des Rechnungshofs haben die Finanzämter bereits einen Teil der Grundsteuerwerte angepasst.

Auch Zeitdruck ist Grund für Fehler

Als weiteren Grund für die hohe Fehlerquote nannte der Rechnungshof Zeitdruck. Die Grundsteuerreform geht auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018 zurück. Dieser hat die noch bis Ende 2024 geltende Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt, da sie gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstößt. Im Jahr 2019 hat der Gesetzgeber die Grundsteuer für Zeiträume ab dem Jahr 2025 gesetzlich neu geregelt.

Der Berliner Rechnungshof hat die Bearbeitungsqualität bei der Feststellung der Grundsteuerwerte in zwei Berliner Finanzämtern geprüft. Insgesamt befinden sich in der Hauptstadt 22 Finanzämter.

Weitere Kritikpunkte des Jahresberichtes

Der Jahresbericht des Berliner Rechnungshofs hat neben der Grundsteuer eine große Bandbreite an Themen beleuchtet. Sie reichen unter anderem von der Haushaltskrise, der Altersversorgung beim RBB, bis zu mangelnden Kontrollen beim Zweckentfremdungsverbot bei Ferienwohnungen. Ebenso übt der Jahresbericht Kritik an den Corona-Hilfen für die Kultur und zur hohen Vergütung der Vorstände in Landesunternehmen.

Ein zentrales Thema für den Rechnungshof ist die Entwicklung der Berliner Finanzlage. Demnach gibt die Hauptstadt seit Jahren deutlich mehr Geld aus, als sie einnimmt. So fehlten im Doppelhaushalt 2024/25 bereits bei der Haushaltsplanaufstellung insgesamt 3,9 Milliarden Euro. Senat und Abgeordnetenhaus hätten laut dem Rechnungshof die Ausgaben prüfen und Prioritäten setzen müssen. Die dringend notwendige Konsolidierung sei jedoch ausgeblieben. Die Folge sei nun eine tiefgreifende Haushaltskrise.

Zudem hinterfragte der Rechnungshof die Höhe der Bezüge von Vorständen in Landesunternehmen, wovon er fünf einer Prüfung unterzog. Der Rechnungshof erkannte „sehr hohe Bezüge“. Diese seien höher als die Bezüge von Senatsmitgliedern und auch im Vergleich zueinander nicht plausibel. Hinzu kommt, dass alle Vorstände neben dem Grundgehalt auch Bonuszahlungen erhielten, für die keine ausreichend klaren Zielvorgaben festgelegt werden.

Bei der öffentlichen Berliner Rundfunkanstalt RBB bemängelt der Rechnungshof, dass sie für die betriebliche Altersversorgung für ihre Beschäftigten nicht ausreichend vorgesorgt hätte. Diese finanzielle Belastung verschärfe die ohnehin schon angespannte wirtschaftliche Lage der Rundfunkanstalt. Der Rechnungshof fordert den RBB zum Gegensteuern auf. Die Rundfunkanstalt müsse Mittel für künftige Verpflichtungen zurücklegen und die Rendite für ihre Anlagen verbessern.



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