„Wildwuchs an Etiketten“: EU-Rechnungshof fordert mehr Transparenz für Verbraucher bei Lebensmitteln
Der Rechnungshof der EU hat die Staatengemeinschaft aufgefordert, mehr Klarheit bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln zu verordnen. Zum einen geht es dabei um mehr Einheitlichkeit bei Begriffen, die in Mitgliedstaaten unterschiedlich definiert werden. Zum anderen soll die EU dem Wildwuchs von Zertifikaten und Siegeln Einhalt gebieten. Auf diese Weise sollen Verbraucher auf dem Markt mehr Transparenz erfahren.
Begriffe für Lebensmittel uneinheitlich verwendet – von „alkoholfrei“ bis „vegetarisch“
In dem Bericht bemängeln die Rechnungsprüfer, dass Lebensmitteletiketten häufig zu Verwirrung unter den Kunden führen können. Dies beginne bei Bezeichnungen wie „bio“, „regional“ oder „Fair Trade“ und ende nicht bei Produkten, die mit Hinweisen auf ihren Proteingehalt gesundheitsfördernde Eigenschaften suggerierten. Häufig enthielten diese jedoch auch hohe Anteile von Zucker und Fett.
Unterschiedlich regeln Mitgliedstaaten beispielsweise auch, bis zu wie vielen Volumenprozent Alkohol Bier als „alkoholfrei“ bezeichnet werden dürfe. Dies sei nicht nur mit Blick auf die Abgrenzung zu Leichtbier und die jeweilige Wirkung relevant. Auch für Menschen, die aus religiösen Gründen keinen Alkohol konsumieren wollen, spiele dies eine Rolle.
Ebenso wenig gebe es einheitliche Kriterien zur Bezeichnung von Produkten als „vegetarisch“ oder „vegan“. Der Bericht spricht zudem die Problematik der Abgrenzung zwischen Mindesthaltbarkeitsdatum und Verfallsdatum an. Die dadurch geschaffene zusätzliche Verwirrung trage zur Verschwendung von Lebensmitteln bei.
EU-Rechnungshof spricht von Verwirrung bei Verbrauchern
Rechnungsprüferin Keit Pentus-Rosimannus spricht von einer „großen Kreativität“ auf Verpackungen und bezüglich der darauf enthaltenen Angaben. Dies gehe am Ende des Tages zulasten der Kunden:
„Anstatt Klarheit zu schaffen, führen Lebensmitteletiketten oft zu Verwirrung, es gibt Hunderte verschiedene Kennzeichnungssysteme, Logos und Werbeversprechen, die die Käufer entschlüsseln müssen.“
Bereits jetzt gibt es eine Reihe von allgemeinen Vorschriften der EU über Verbraucherinformationen zu Lebensmitteln. Im Jahr 2002 erging eine Verordnung über das allgemeine Lebensmittelrecht, seit 2006 gibt es eine über Nährwerte und gesundheitsbezogene Angaben. Die sogenannte Lebensmittel-Informationsverordnung gilt seit 2011. Dazu kommen Normen, die bestimmte Lebensmittel oder deren Zielgruppen – wie Kinder – betreffen, sowie eine umfangreiche Rechtsprechung des EuGH.
Häufig illustrierte diese einen zunehmenden Paradigmenwechsel im Verbraucherleitbild, weg vom noch in den 1980er Jahren betonten „mündigen Verbraucher“ und hin zu einem, der des Schutzes vor möglicher Übervorteilung bedürfe.
Nutri-Score und andere Klassifizierungen für Lebensmittel gut gemeint – aber unwirksam
Dennoch gibt es nach Einschätzung der Rechnungsprüfer noch ausreichend Schlupflöcher für mehrdeutige oder irreführende Angaben, die zulasten der Verbraucher gehen. Der EU-Rechnungshof kritisiert zudem zu wenige Kontrollen und Bußgelder, die keine Abschreckung bewirkten. Im Schnitt lägen diese bei 2.000 Euro pro Vorfall.
Der Bericht beklagt zudem ein Nebeneinander unterschiedlicher Systeme zur Klassifizierung von Nährwerten. Zwar seien Standards wie Nutri-Score, NutrInform und Keyhole gut gemeint, bislang habe sich jedoch keiner davon flächendeckend durchgesetzt. Auf diese Weise trage auch dies zur Verwirrung der Verbraucher bei.
Die EU habe zwischen 2021 und 2025 etwa 5,5 Millionen Euro für Sensibilisierungskampagnen zur Lebensmittelkennzeichnung zur Verfügung gestellt. Dies sei zu wenig, meint der EU-Rechnungshof, zudem hätten die EU-Länder entsprechende Kampagnen nur sporadisch durchgeführt.
Vorschriften gegen „Greenwashing“ als Vorbild?
Die Vorsitzende des Verbraucherschutzausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini, äußert Verständnis für die Kritik. Gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) beklagt sie den komplexen EU-Rechtsrahmen zur Lebensmittelkennzeichnung und die dezentralisierten Kontrollsysteme.
Sie fordert eine EU-weite Vorgabe, wie man sie erst kürzlich mit Blick auf das sogenannte Greenwashing geschaffen habe:
„Dieses Gesetz kann auch als Vorbild dienen für Werbeaussagen über den gesundheitlichen Nutzen von Nahrungsmitteln.“
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