Altmaier verteidigt Wirtschaftsbeziehungen zu Peking: „Huawei wird nicht vom 5G-Netz ausgeschlossen“

Für Wirtschaftsminister Peter Altmaier gibt es keinen Nachweis, dass die nationale Sicherheit von Deutschland durch Pekings Huawei-Technik gefährdet ist.
Titelbild
Das Huawei-Logo am Hauptgebäude auf dem Produktionsgelände des Unternehmens in Dongguan in der Nähe von Shenzhen, China.Foto: Kevin Frayer/Getty Images
Von 11. Juli 2020

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warnt davor, wegen des Vorgehens des chinesischen Regimes in Hongkong wirtschaftliche Konsequenzen zu ziehen.

„Es war immer die Politik der westlichen Staatengemeinschaft, auch der EU, dass internationale Handelsbeziehungen nicht allein daran ausgerichtet werden können, wie demokratisch ein Land ist“, sagte der CDU-Politiker der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Das habe man nie gemacht, „selbst nicht zu den Zeiten von Willy Brandt und Joschka Fischer“.

Für die Bundesregierung habe der Schutz und die Einhaltung von Menschenrechten höchste Priorität. „Das machen wir auch gegenüber China deutlich“, so Altmaier. „Ich bin nicht der moralische Oberlehrer der Welt, aber ich bin davon überzeugt, dass Länder wie China wirtschaftlich nur dann langfristig erfolgreich sein werden, wenn grundlegende Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit gewährleistet sind.“

Zu dem umstrittenen Sicherheitsgesetz in Hongkong kündigte Altmaier Gespräche mit den dort tätigen deutschen Unternehmen an. Man müsse mithelfen, dass diese Unternehmen sowie ihre Mitarbeiter, egal welcher Nationalität sie angehören, nicht in Gefahr gerieten.

Forderungen, das deutsche Mobilfunknetz ohne chinesische Beteiligung auszubauen, wies er zurück. „Wir werden Huawei nicht vom 5G-Netz ausschließen. Einen Ausschluss darf es nur dann geben, wenn die nationale Sicherheit nachweislich gefährdet ist,“ so Altmaier.

Frankreich rät seinen Unternehmen nicht auf Huawei umzusteigen

Die Haltung der Bundesregierung gegenüber dem Pekinger Eingreifen in Hongkong, aber auch zu Huawei, steht im Widerspruch zu der Haltung mehrerer westlicher Länder mit denen die Bundesrepublik politisch, wirtschaftlich und auch geheimdienstlich eng verbunden ist.

So änderte beispielsweise Frankreich, als enger Partner Deutschlands, seinen Kurs gegenüber Peking. Der Chef der französischen Cybersicherheit sagte, man werde Huawei nicht völlig verbieten, wolle aber die französischen Telekommunikationsunternehmen überreden, nicht auf Huawei umzusteigen. Die bisherigen Zulassungen wurden nur für drei bis acht Jahre erteilt.

Die Entscheidung der französischen Regierung ist für zwei seiner vier Mobilfunk-Betreiber ausschlaggebend. Sie betreiben derzeit die Hälfte ihrer Mobilfunknetze mit Huawei-Technik.

Frankreichs staatlich kontrollierter Mobilfunk-Betreiber „Orange“ entschied sich bereits für eine Partnerschaft mit Nokia und Ericsson. Das Unternehmen „Poupard“ erklärte: Die Entscheidung, auf Huawei zu verzichten, sei zum Schutz der französischen Unabhängigkeit und kein Akt der Feindseligkeit gegenüber China.

Großbritannien plant bis 2023 komplett auf Huawei zu verzichten

Großbritannien hat gar eine 180 Grad Kehrtwende im Umgang mit Peking und Huawei vollzogen. Ende Mai wies Premierminister Boris Johnson, genesen von der Wuhan-Lungenseuche, seine Beamten an, Pläne zu entwickeln, um die Beteiligung von Huawei Technologies Co. am britischen 5G-Netz zu beenden, berichtete damals die britische Zeitung „The Telegraph“. Sein Plan sei es, die Beteiligung des chinesischen Unternehmens an der britischen Infrastruktur bis 2023 auf null reduzieren, so die Zeitung.

„Das ist in der Tat eine potenziell gute Nachricht und zeigt, dass es eine bedeutende Neubewertung unserer Beziehung zu China gibt“, sagte der Tory-Abgeordnete Bob Seely, Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Unterhauses, gegenüber britischen Medien.

Seely wies darauf hin, dass Huawei ein fester Bestandteil des chinesischen Staates sei. Es sei ein „hochriskanter“ Anbieter in der Infrastruktur Großbritanniens. „Huawei in unserem 5G-Netz ist schlecht für den Datenschutz, schlecht für unsere Sicherheit, schlecht für die Menschenrechte: Ich bin froh, dass die Regierung jetzt vielleicht denkt: ‚Auf keinen Fall Huawei‘“, sagte Bob Seely.

Dänemark plant Sicherheitsgesetze zu verschärfen

Deutschlands nördlicher Nachbar Dänemark, kündigte einem Bericht der „Welt“ zufolge, über Premierministerin Mette Frederiksen, bereits im Mai an, ein Gesetz zu erlassen, mit dem alle Teile des dänischen 5G-Netzes zur kritischen Infrastruktur erklärt werden.

Dies würde die Frage des Mobilfunkausbaus zu einer der nationalen Sicherheit machen und der Regierung umfassende Möglichkeiten einräumen, beim Verdacht auf fehlende Zuverlässigkeit Akteure auszuschließen.

Auch wenn keine Namen explizit genannt wurden, ist die Neuregelung in erkennbarer Weise auf Huawei gemünzt. Zuvor hatte der chinesische Botschafter Ende des Vorjahres Dänemark mit der Kündigung eines Handelsabkommens mit den Färöer-Inseln gedroht, sollte Huawei nicht den Zuschlag bezüglich des dortigen 5G-Netzausbaus bekommen. Der Auftritt hatte jedoch Reaktanz aufseiten der Dänen zur Folge – was nun das komplette Aus für den KP-Konzern in dem skandinavischen Land bedeuten könnte.

Kanada: Mehrere Mobilfunkriesen distanzieren sich von Huawei

In Kanada haben sich mehrere große Telefonanbieter von Huawei distanziert. So hat der kanadische Telekommunikationskonzern Telus angekündigt, dass er für die Entwicklung seines 5G-Netzes mit den Huawei-Rivalen Ericsson und Nokia zusammenarbeiten wird. Kurz davor hatte auch BCE Inc. (Bell Canada) mitgeteilt, dass es eine Partnerschaft mit Ericsson eingeht.

Die Nachricht bedeutet einen schweren Schlag für die Ambitionen des chinesischen Telekom-Giganten, denn damit wird es für Huawei schwer, ein bedeutender Akteur in Kanadas 5G-Infrastruktur zu werden.

Besonders klar hat sich die USA zu Pekings Technikriesen-Huawei positioniert. Die Regierung unter Präsident Donald Trump setzte im vergangenen Jahr Huawei und Dutzende mit Huawei im Zusammenhang stehende Unternehmen auf eine schwarze Liste und untersagte US-Firmen somit mit diesen Konzernen ohne eine Lizenz Geschäfte zu tätigen. Zudem untersagt es die US-Regierung Huawei, Chips mit US-Basistechnologie zu erwerben. Diese Regelung wurde vor einem Monat eingeführt.

Die US-Behörde Federal Communications Commission (FCC) stufte darüber hinaus die chinesischen Unternehmen Huawei und ZTE formell als nationale Sicherheitsbedrohungen ein. Mit diesem Schritt werden US-Telekommunikationsanbieter daran gehindert, einen Bundesfonds von 8,3 Milliarden Dollar anzuzapfen, um Ausrüstung von diesen Firmen zu kaufen.

„Wir können und werden nicht zulassen, dass die Kommunistische Partei Chinas Schwachstellen im Netzwerk ausnutzt und unsere kritische Kommunikationsinfrastruktur gefährdet“, sagte FCC-Vorsitzender Ajit Pai in einer Erklärung dazu.

Beide Unternehmen hätten enge Verbindungen zur Kommunistischen Partei Chinas und zum chinesischen Militärapparat. Und beide Unternehmen würden weitgehend dem chinesischen Gesetz, das sie zur Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten des Landes verpflichte, unterstehen, so Pai.

Italien und Brasilien schließen Huawei-Technik bei 5G-Ausbau aus

In Italien, einem bisher eng mit Peking verbundenem Land, deuten sich nun auch Veränderungen an. Wie „Reuters“ aus nicht namentlich genannten Quellen erfuhr, schloss der italienische Konzern Telecom Italia Huawei von einer Ausschreibung für den 5G-Ausbau aus. Dies bezieht sich sowohl für die 5G-Ausrüstung für das Kernnetz in Italien als auch Brasilien.

Auf der Liste der Firmen, die man hingegen am Aufbau beteiligt stehen Namen wie Cisco, Ericsson, Nokia, Mavenir und Affirmed Networks, ein US-Unternehmen das kürzlich von Microsoft übernommen wurde, berichtet „Reuters“.

In Deutschland hingegen nutzen drei der vier großen Mobilfunkanbieter auf jeden Fall Huawei-Technik, wie sie selbst mitteilten. So will die Deutsche Telekom noch in den nächsten Wochen 5G für 40 Millionen Menschen in Deutschland verfügbar machen.

Bei der Hauptversammlung des Konzerns kündigte Telekom-Chef Timotheus Höttges an, dabei auch auf den umstrittenen Ausrüster Huawei aus China setzen zu wollen. Er sagte, bislang setze die Telekom auf Ausrüstung von Huawei im Mobilfunknetz (4G). „Das wird auch für die Weiterentwicklung des 4G- und 5G-Netzes gelten“, bemerkte Höttges.

Allerdings will die Telekom genau, wie Vodafone und Telefonica in Deutschland Huawei-Technik zumindest aus dem 5G-Kernnetz ausschließen.

(Mit Material von afp/dts)



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