Schluss mit Huawei: EU-Kommission drängt auf vollständige Verbannung

Aufgrund von Spionagevorwürfen empfahl die EU-Kommission bereits im Jahr 2020, riskante 5G-Anbieter einzuschränken. Jetzt fordert die Brüsseler Behörde ihre Mitgliedstaaten auf, schnellstmöglich auf die Netzwerktechnik der chinesischen Telekommunikationskonzerne Huawei und ZTE zu verzichten.
Titelbild
Binnenmarktkommissar Thierry Breton am 29. Januar 2020 auf einer EU-Pressekonferenz über die 5G-Sicherheits-Toolbox in Brüssel.Foto: ARIS OIKONOMOU/AFP via Getty Images
Von 16. Juni 2023

Die EU-Kommission hat entschieden, alle Geschäftsbeziehungen mit den chinesischen Telekommunikationsausrüstern Huawei und ZTE zu beenden. Wie die Brüsseler Behörde am Donnerstag auf einer Pressekonferenz mitteilte, stuft sie die beiden Telekomunternehmen als erhebliches Sicherheitsrisiko ein.

Binnenmarktkommissar Thierry Breton drängte alle 27 Mitgliedstaaten ebenfalls dazu, schnellstens auf die Netzwerktechnik der beiden Unternehmen zu verzichten. Bislang hätten nur zehn von ihnen die Anbieter eingeschränkt oder ausgeschlossen.

Wir können es uns nicht leisten, Abhängigkeiten aufrechtzuerhalten, die als Waffen gegen unsere gemeinsamen Interessen eingesetzt werden können“, so Breton gegenüber Medienvertretern.

Bei der Ausstattung ihrer Telekommunikationsausrüstung setzen viele europäischen Länder immer noch in hohem Maße Bauteile der beiden chinesischen Unternehmen ein. Der Binnenmarktkommissar mahnte deshalb auf eine zeitnahe Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen: „Ich kann nur betonen, wie wichtig es ist, die Entscheidungen über den Austausch von risikoreichen Anbietern aus ihren 5G-Netzen zu beschleunigen“, so Breton. Und weiter: „Ich habe auch die betroffenen Telekommunikationsbetreiber daran erinnert, dass es an der Zeit ist, dieses Problem in den Griff zu bekommen.“

Seit einigen Jahren ist bekannt, dass Huawei und ZTE enge Kontakte zur kommunistischen Führung in China pflegen und dabei eine wichtige Rolle bei der staatlichen Überwachung spielen.

Deutschland weiter unter Druck

Auf einem Treffen mit den Chefs der europäischen Telekommunikationskonzerne in der vergangenen Woche habe Breton die Beziehungen von Unternehmen wie Vodafone, Telefónica und der Deutschen Telekom zu den chinesischen Firmen scharf kritisiert, wie aus einem Bericht des „Handelsblatts“ hervorgeht. Somit dürfte der Druck auf Deutschland weiter steigen.

Momentan werde der Anteil von Huawei im Telekom-Netz in Deutschland auf 50 bis 60 Prozent geschätzt. Nachdem die Bundesregierung sich lange Zeit zurückhaltend bezüglich Vorkehrungen gegen eine mögliche Unterwanderung kritischer Infrastruktur durch die KP Chinas gezeigt hat, hatte sich im März dieses Jahres schließlich eine Kehrtwende angedeutet.

Demnach plant die Bundesregierung ein Verbot des Einbaus bestimmter Steuerelemente der regimenahen Technologiekonzerne Huawei und ZTE in 5G-Netze. Das geplante Verbot soll sich auch auf bereits verbaute Teile beziehen, was die großen Mobilfunkanbieter Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica zu kostspieligen Umrüstungen zwingen würde.

Es zeigte sich jedoch, dass nicht alle Ministerien, die an der regierungsinternen Abstimmung beteiligt sind, diese Linie teilen. Vor allem das Verkehrsministerium von Volker Wissing (FDP) sträubte sich gegen das harte Vorgehen gegen den chinesischen Tech-Lieferanten. Laut „Handelsblatt“ gab das Innenministerium an, auf Grundlage der von den Netzbetreibern gemeldeten Komponenten voraussichtlich bis zum Sommer zu entscheiden, welche Bauteile ersetzt werden müssen.

Trump führte US-Sanktionen gegen „Spy-wei“ ein

In den USA gilt bereits seit November letzten Jahres ein komplettes Import- und Verkaufsverbot für die Netzwerktechnik dieser Unternehmen.

Wie die US-Telekommunikationsaufsicht FCC damals mitgeteilt hatte, sei es das erste Mal in der Geschichte gewesen, dass die Zulassung neuer Geräte aufgrund von Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit untersagt werde.

Damit waren die im September 2020 – unter Anordnung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump –  eingeführten Sanktionen der US-Regierung gegen den chinesischen Tech-Giganten Huawei weiter verschärft worden. Trump hatte diese eingeführt, um die „chinesische de facto Staatsfirma“ von ihren Chiplieferanten abzuschneiden, die er als „Spy-wei“ bezeichnete. Die US-Sanktionen richteten sich auch gegen die 38 Huawei-Tochterunternehmen in 21 Ländern.

Weitere Länder im Überblick

Auch die Europäische Union hatte bereits im Januar 2020 ihren Mitgliedstaaten die Empfehlung ausgesprochen, riskante 5G-Anbieter entweder einzuschränken oder von den Kernbereichen ihrer Telekommunikationsnetze auszuschließen – ein Schritt, der auf vor allem Huawei abzielte.

Im Juli 2020 kündigte Großbritannien an, den Mobilfunkanbietern ab Ende desselben Jahres den Kauf von Huawei-Technik für den 5G-Ausbau zu untersagen. Zudem sollten alle bereits verwendeten Komponenten des chinesischen Herstellers bis zum Jahr 2027 aus dem Netz entfernt werden, um die Sicherheit des Netzes zu gewährleisten.

Schweden hatte schon im Oktober 2020 beschlossen, dass bereits installierte Technik der beiden Hersteller Huawei und ZTE bis Januar 2025 entfernt werden müssen.

Ebenso haben Kanada, Australien, Frankreich, Italien, Rumänien und Slowenien den Zugang Huaweis zu ihren Netzwerken verwehrt. Ungarn und Österreich haben dagegen noch keine Maßnahmen gegen eine Beteiligung des Konzerns an ihren 5G-Netzen gesetzt.

Huawei hat seinen Hauptsitz in der südchinesischen Provinz Guangdong. Das 1987 gegründete Unternehmen konzentrierte sich ursprünglich auf die Herstellung von Telefon-Switches, hat seine Aktivitäten jedoch auf den Aufbau von Telekommunikationsnetzen und die Herstellung von Kommunikationsgeräten ausgeweitet.

Es gehört zu den größten Netzwerkausrüstern und Smartphone-Herstellern weltweit. In seinem Geschäftsbericht für das Jahr 2022 meldete das Unternehmen einen Umsatz von 642,3 Milliarden CNY (84 Milliarden Euro) und einen Nettogewinn von 35,6 Milliarden CNY (4,7 Milliarden Euro).



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