Melnyk: AfD- und BSW-Wahlerfolge Horror für Ukraine – Berlin könnte mit Moskau vermitteln

Die Lage in der Ukraine ist kritisch. Nun fordert der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk von der Ampelregierung mehr Diplomatie mit Russland. Ein „Ansporn“ sind laut Melnyk die erstarkten Parteien AfD und BSW.
Andrij Melnyk, damals Botschafter der Ukraine in Deutschland, kritisiert einen Friedensappell namhafter deutscher Sozialdemokraten und Gewerkschafter.
Andrij Melnyk war früher Botschafter der Ukraine in Deutschland – und wegen vielen provokativen Äußerungen umstritten.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 9. September 2024

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Der Krieg in der Ukraine dauert inzwischen mehr als zweieinhalb Jahre an. Gespräche für eine mögliche Einigung beider Kriegsparteien gab es nur in den ersten Monaten nach Beginn des russischen Einmarsches in das osteuropäische Nachbarland. Seitdem nicht mehr. Andrij Melnyk, der umstrittene frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, sieht jetzt gerade die Bundesregierung in der Lage, eine diplomatische Lösung für den Ukraine-Krieg auszuloten.

„Deutschland könnte eine diplomatische Vermittlung anstoßen“, sagte Melnyk in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“. In dieser Hinsicht könne Berlin eine „genauso wichtige Rolle“ wie die USA übernehmen, fügte der mittlerweile als ukrainischer Botschafter in Brasilien tätige Diplomat hinzu.

Wahlerfolge von AfD und BSW als „Ansporn“

„Ganz persönlich glaube ich, dass Bundeskanzler Olaf Scholz kreativ werden und die bestehenden diplomatischen Kanäle Deutschlands nutzen könnte, um auszuloten, ob Gespräche mit Putin sinnvoll wären“, sagte Melnyk weiter.

Die Bundesrepublik habe immer noch eine Botschaft in Moskau, fügte er hinzu. „Und die Hauptsache ist, dass wir Ukrainer den Deutschen vertrauen.“

Die innenpolitische Lage in Deutschland sei schwierig. Die Ampelparteien haben massiv an Zustimmung der Bevölkerung verloren, während die Opposition erstarkt ist. Gerade in den Erfolgen der AfD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen sieht Melnyk einen möglichen Ansporn für eine diplomatische Initiative Deutschlands.

Er sagte dazu: „Die schockierenden Wahlerfolge von AfD und BSW, die als fünfte Kolonne Russlands agieren, waren eine Horrormeldung für die Ukrainer. Aber vielleicht werden sie für die Ampel ein Weckruf sein, auf zugegeben kuriose Weise, dass man diplomatische Initiativen auslotet.“

Damit solle diesen beiden aufstrebenden Oppositionsparteien gleichzeitig der Wind aus den Segeln genommen werden.

Rückzug von Russland möglich?

Weiter sagte Melnyk: „Unser Ziel muss es ja sein, den Wahnsinn dieses blutigen Krieges so schnell wie möglich zu stoppen.“ Hierfür sei es „überlebenswichtig, dass die Ukraine sehr gute Karten in den Händen hält […], um Russland zum Rückzug zu zwingen“.

Ein Rückzug Russlands aus den vier eingenommenen ukrainischen Ostgebieten erscheint allerdings eher unwahrscheinlich. Für einen im Juni angebotenen Waffenstillstand im Kriegsgebiet forderte Putin unter anderem den Rückzug der ukrainischen Truppen aus ebendiesen Gebieten. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj ging darauf nicht ein.

Erst kürzlich verkündete Putin auf dem östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok, dass Russland für Verhandlungen mit der Ukraine weiterhin gesprächsbereit sei.

Der russische Staatschef hält an dem zwischen der Ukraine und Russland in Istanbul ausgehandelten Kompromiss vom März 2022 fest. Demnach soll die Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft verzichten und dauerhafte Neutralität als Puffer zwischen der NATO und Russland bewahren.

Eine noch größere diplomatische Rolle als Deutschland könnte die USA spielen. Allerdings konzentrieren sich die dortigen Spitzenpolitiker gerade auf den Präsidentschaftswahlkampf. Deswegen spiele Deutschland für einen Frieden in der Ukraine momentan „eine genauso wichtige Rolle“ wie die Vereinigten Staaten.

Von der Ampelkoalition um Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kam bisher keine Reaktion auf Melnyks Appell. Der Kanzler hält weiterhin an der Unterstützung der Ukraine fest.

Die Initiative von Viktor Orbán sieht Melnyk als „nicht besonders erfolgversprechend“, da die Beziehungen zwischen Ungarn und der Ukraine angespannt seien.

Melnyk: „Die russische Walze rollt“

Melnyk teilte der „Berliner Zeitung“ zudem mit, dass sich die militärische Situation der Ukraine „in den vergangenen sechs Wochen dramatisch verschlechtert“ hat. „Die russische Walze rollt, und wir verlieren jeden Tag ein Stück von unserem Land und Menschenleben.“

Russland konnte insbesondere im Donbas weiter vorrücken. Derzeit versuchen Putins Soldaten, den wichtigen Infrastrukturknotenpunkt Pokrowsk einzunehmen. Die Stadt mit rund 60.000 Einwohnern liegt 50 Kilometer nordwestlich von Donezk. Ukrainische Truppen leisten Widerstand.

Melnyk habe sich vor Kurzem in der ukrainischen Hauptstadt Kiew aufgehalten. Dort gebe es nur sechs bis acht Stunden am Tag Strom. Seit dem Frühling haben russische Militärkräfte durch Beschuss knapp zehn Gigawatt der ukrainischen Kraftwerksleistung zerstört. In anderen ukrainischen Städten müssen die Menschen mit drei bis fünf Stunden Strom pro Tag auskommen.

Melnyk war von 2015 bis Oktober 2022 ukrainischer Botschafter in Berlin, danach löste ihn der jetzige Botschafter Oleksij Makejew ab. Melnyk war wegen seiner oft provokativen Äußerungen umstritten. Im November 2022 wurde er zunächst zum Vizeaußenminister ernannt und wechselte im Juni 2023 als Botschafter nach Brasilien.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)

 



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