Sachsen: Neue Erkenntnisse zur Wahlfälschung

Mit „professionellem Überkleben“ auf Briefwahlstimmzetteln wurde versucht, für die Freien Sachsen zusätzliche Stimmen zu generieren. Nun sind weitere Einzelheiten dazu bekannt geworden.
Die rechtsextreme Kleinstpartei «Freie Sachsen» war mit ein paar Dutzenden Anhängern unter anderem mit einem Plakat und der Aufschrift «Kretschmer verhaften» aufmarschiert.
„Freie Sachsen“ bei einer Kundgebung im letzten Jahr. Scheinbar gab es Wahlfälschung zugunsten der Kleinstpartei.Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Von 6. September 2024

Im Fall der Manipulation von Stimmzetteln bei der Landtagswahl in Sachsen hat die Generalstaatsanwaltschaft in Dresden die Ermittlungen übernommen. Wie die Behörde am Mittwoch in der Landeshauptstadt mitteilte, wird weiter wegen des Verdachts der Wahlfälschung ermittelt. Die bisherigen Ermittlungen ergaben demnach, dass Unbekannte insgesamt 126 Stimmzettel der Briefwahl zugunsten der Partei Freie Sachsen manipuliert hatten. Die Kleinstpartei wird vom sächsischen Verfassungsschutz als „rechtsextrem“ eingestuft.

Davon waren laut Generalstaatsanwaltschaft 85 Stimmzettel aus zwei Wahlbezirken in Dresden-Langebrück betroffen und 27 Stimmzettel über das Stadtgebiet Dresden verteilt. Zudem wurden insgesamt 14 Stimmzettel der Briefwahl in zwei Wahlbezirken im nahen Radeberg zugunsten der Freien Sachsen verändert. Nach Informationen des ZDF Studios Sachsen sollen die unbekannten Täter die vorhandenen Kreuze auf dem Stimmzettel überklebt haben – offenbar „ganz dünn“ sowie „nicht sicht- und fühlbar“, sagt ZDF-Studioleiterin Cornelia Schiemenz. Anschließend seien auf den Stimmzetteln dann die Freien Sachsen angekreuzt worden.

Die Stimmen auf den manipulierten Wahlzetteln wurden den Freien Sachsen wieder abgezogen oder wurden für ungültig erklärt. Allerdings erhielten der geschädigte Kandidat und die Partei, deren Kreuze überklebt wurden, ihre Stimme nicht zurück. Welche Auswirkungen der Vorgang auf das Wahlergebnis hatte, ist daher zunächst unklar.

Freie Sachsen erreichten 2,2 Prozent

Die Freien Sachsen bekamen insgesamt 12.771 Direktstimmen und 52.195 Listenstimmen. Damit erreichten sie 2,2 Prozent als Wahlergebnis und scheiterten an der 5-Prozent-Hürde. Da sie auch keine Direktmandate errungen haben, sind sie im zukünftigen Landesparlament nicht vertreten.

Die Manipulationen fielen am Sonntag zunächst bei der Stimmenauszählung in Dresden auf, die Stadt erstattete Anzeige. Später kamen weitere Fälle aus Radeberg dazu. Seitens der Polizei übernahm das Landeskriminalamt die Ermittlungen.

Zuvor hatte die Polizei in Dresden Ermittlungen wegen des Verdachts auf Wahlfälschung eingeleitet. Das Dezernat Staatsschutz hatte die Ermittlungen übernommen und manipulierte Stimmzettel sichergestellt.

Dresdens oberster Wahlprüfer Dr. Markus Blocher (55) erklärte bei einer Pressekonferenz, dass bei der Suche nach Fälschungen nur die Stimmzettel, bei denen Erst- und Zweitstimme für die Freien Sachsen identisch waren, noch einmal überprüft wurden. Bei den anderen Stimmzetteln gab es nur Stichproben. Aufgefallen sein soll der Betrug aufgrund einer ungewöhnlich hohen Zahl an Briefwählern bei den Freien Sachsen.

CDU Wahlsieger mit 31,9 Prozent

Bei der Wahl wurde die CDU um Ministerpräsident Michael Kretschmer laut vorläufigem Ergebnis mit 31,9 Prozent stärkste Kraft. Dicht dahinter lag die vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte AfD mit 30,6 Prozent mit ihrem Spitzenkandidaten Jörg Urban.

Das erstmals angetretene Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreichte 11,8 Prozent. Die SPD erzielte 7,3 Prozent, die Grünen kamen auf 5,1 Prozent. Die Linke schaffte durch den Gewinn zweier Direktmandate den Einzug in den Landtag. Zudem gewann ein Kandidat der Freien Wähler ein Direktmandat.

Angesichts der Mehrheitsverhältnisse ist die Regierungsbildung in Sachsen kompliziert. Ein Bündnis mit der AfD schließen die übrigen Parteien aus, für eine Neuauflage der bislang regierenden Dreierkoalition aus CDU, SPD und Grünen reicht es nicht. Möglich wären Dreierbündnisse aus CDU und BSW mit einer weiteren Partei. Die CDU kündigte dazu Gespräche mit BSW, SPD und Grünen an. Termine gab es nach Parteiangaben vom Mittwoch noch nicht.

SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping lehnte „Vorbedingungen“ für Gespräche zur Regierungsbildung ab. „Insbesondere“ gelte dies für „bundespolitische Vorbedingungen“, erklärte sie am Mittwoch. BSW-Bundeschefin Sahra Wagenknecht knüpft die Koalitionsbereitschaft ihrer Partei an außen- und sicherheitspolitische Forderungen, etwa eine Ablehnung der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Köpping stellte mit Blick darauf klar, die SPD werde „über nichts anderes“ als Landesthemen reden.

Die CDU-Fraktion im neu gewählten Landtag bestätigte am Mittwoch in ihrer konstituierenden Sitzung ihren bisherigen Vorsitzenden Christian Hartmann im Amt. Er erhielt nach Fraktionsangaben 95 Prozent der Stimmen. Die neu zusammengesetzte SPD-Fraktion wählte ebenfalls am Mittwoch nach eigenen Angaben ihren bisherigen Vorsitzenden Dirk Panter einstimmig wieder.

(Mit Material von Nachrichtenagenturen)



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