Die sieben Meisterwerke des Antonio Canova
Antonio Canova war der Superstar der italienischen Kunst-Szene im 18. und 19. Jahrhundert. Was Leonardo da Vinci und Raffael 300 Jahre zuvor mit Ölfarben auf einer Leinwand schufen, gelang Canova mit Stein und Meißel.
Sein künstlerisches Können und sein perfektes Händchen für das Material Stein wurden ihm dabei scheinbar schon mit in die Wiege gelegt. So erblickte der kleine Antonio 1757 in dem 2.000 Seelen Dorf Possagno (Norditalien) als Sohn eines Steinmetzes das Licht der Welt.
Allerdings verstarb sein Vater bereits vier Jahre später, sodass Canova bei seinem Großvater aufwuchs. Dieser war ebenfalls Steinmetz und brachte dem kleinen Canova die Steinbearbeitung und das Fertigen von Statuen und Reliefs bei.
Dabei soll er bereits mit neun Jahren zwei perfekte Altäre aus edlem Carrara-Marmor gefertigt haben, was ihm den Status eines Wunderknaben einbrachte. Mit 14 Jahren trat Antonio Canova eine Ausbildung zum Bildhauer in Venedig an. Diese war so erfolgreich, dass Senatoren und andere Kunstliebhaber schnell auf sein Können aufmerksam wurden.
Sein erster Auftrag war die Erstellung von „Orpheus und Eurydike“ aus der griechischen Mythologie. Für diese Statuengruppe benötigte er gerade einmal drei Jahre. Im Anschluss an diesen Erfolg machte sich Canova selbstständig und zog 1779 nach Rom. Dort schuf er eine Reihe tonnenschwerer Meisterwerke.
Erfolgsrezept: Respekt und eigene Ideen
Seine ersten Meisterwerke in Rom waren die Grabmäler der beiden Päpste Clemens XIII. und Clemens XIV., die er im neoklassizistischen Stil schuf. An dem marmornen Werk für Papst Clemens XIII. arbeitete Canova insgesamt neun Jahre lang. Seit seiner Fertigstellung befindet sich das Grab im Petersdom in Rom (Italien).
Das Grabmal besteht im oberen Teil aus dem Sarkophag selbst, auf der die Statue des knienden und betenden Papstes steht, neben sich die Papstkrone. Gehalten wird der Sarg von zwei Sockeln: Auf dem linken ist eine Frauenstatue, die die Religion widerspiegeln soll, sowie ein liegender lauernder Löwe zu ihren Füßen. Auf dem rechten Sockel liegt ein schlafender Löwe sowie ein halb liegender Genius. Der Genius war in der römischen Religion der persönliche Schutzgeist eines Mannes.
Auch für den nachfolgenden Papst Clemens XIV. schuf Antonio Canova ein ähnliches Grabmal aus Marmor –wobei er hierfür nur vier Jahre brauchte.
Ganz oben auf dem kegelförmigen Gebilde und auf dem eigentlichen Sarg sitzt der Papst mit einem ausgestreckten Arm. Darunter befinden sich zwei Frauenfiguren: Die linke Frau beugt sich über den Sarkophag und stellt die Mäßigung dar, während die Frau rechts die Demut symbolisiert. Insgesamt ist das Grabmal sieben Meter hoch. Es befindet sich heute in der Kirche Santi XII Apostoli in Rom.
Die Bildhauerei erlebte im Neoklassizismus einen großen Wandel. Ob Material oder Herstellungstechnik – alles erfuhr Veränderungen und Entwicklungen.
Besonders prägend für diesen Stil war die Anlehnung an klassische antike Vorbilder, welche die Künstler individuell ergänzten. Dies war eine der großen Stärken von Canova. Neben seinen innovativen Ideen gab es einen zweiten Schlüssel zu seinem großen Erfolg: Er war sich der Arbeit anderer historischer Bildhauer bewusst und respektierte sie.
Uralte, zeitlose Vorbilder
Die größte Quelle seiner Ideen und Vorbilder war die antike Kunst. Besonders inspirierend empfand Canova die Malereien auf den antiken griechischen Vasen und die Fresken in Herculaneum, einer nahe an Pompeji gelegenen römischen Hafenstadt.
Letztere war erst 50 Jahre vor der Geburt Canovas erstmals entdeckt worden. Laut den Canova-Experten Hugh Honour und John Fleming feierten die Menschen Canova damals „als Fortsetzer der antiken griechischen Tradition“. Einige gingen sogar weiter und nannten ihn den „modernen Phidias“. Phidias war ein berühmter griechischer Bildhauer des 5. Jahrhunderts v. Chr., der für seine monumentalen Skulpturen und Reliefs bekannt war.
Sein wohl bekanntestes Meisterwerk mit antiken Wurzeln ist die Statue von Amor und Psyche. Diese stellt den Moment dar, indem der geflügelte Liebesgott Amor seine menschliche Geliebte Psyche vor dem ewigen Schlaf rettet. Diesen wollte ihr Venus – die Göttin der Schönheit und Mutter Amors – aus Rache für ihre Schönheit auferlegen.
Auch die Göttin der Schönheit verwandelte Canova in eine Marmorstatue – und das sogar gleich dreimal. So gab der französische Herrscher Napoleon Bonaparte die erste Statue der halb bekleideten Venus Italica in Auftrag, welche heute in Florenz steht.
Die zweite Statue war für Ludwig I., dem König von Etrurien, als Ersatz für die komplett nackt dargestellte Venus Medici bestimmt. Die dritte Venus ist heute im Besitz des Metropolitan Museum of Art in New York, USA.
Ein weiteres Meisterwerk, das der italienische Bildhauer innerhalb von wenige Jahren schuf, war die Statue der reumütigen Maria Magdalena.
Hier vereinte Canova die zwei Seiten seines Lieblingsmaterials: zum einen die raue, unbequeme Natürlichkeit des rohen Marmors und zum anderen die perfekte, geschliffene Schönheit des fertigen Kunstwerks. Auch hier konnte es sich Canova leisten, eine weitere Statue dieser Art zu erschaffen.
Trotz der vielen und gut bezahlten Angebote von Staatsoberhäuptern in ganz Europa lehnte Canova diese jedoch stets ab. Anstatt für sie zu arbeiten, blieb er fest auf italienischem Boden, wo er sich am inspiriertesten fühlte.
Bewegte Kunst
Canova ließ sich nicht nur von der antiken Kunst inspirieren, sondern liebte auch den Tanz. Beides vereint die Marmorstatue der griechischen Göttin Hebe, ein weiteres Meisterwerk von ihm. So stellte er die Göttin der Jugend leichtfüßig und fast schon tanzend dar.
Den gleichen Eindruck vermitteln seine Tänzerinnen-Figuren, die sich heute im Bode-Museum in Berlin befinden.
So vermittelt die fast lebensgroße Statue der „Tänzerin mit Zimbeln“ den Eindruck der Mühelosigkeit, wenn sie sich wie eine Ballerina auf einem Bein dreht. Sie tanzt mit einer Leichtigkeit, als würde sie schweben. Begleitet wird sie von „Tänzerin mit den Händen in den Hüften“ und der „Tänzerin mit dem Finger am Kinn“.
Laut seinem Freund und Bildhauer-Kollegen Antonio d’Este nutze Canova als Jugendlicher die Festtage, um Mädchen beim Tanzen zuzusehen. Er beschreibt, wie Canova „die Unschuld der Tänzerinnen genoss. Ein Tanz, aus dem er [Canova] rein aus den Betrachtungen zu den natürlichen Bewegungen dieser Mädchen immer eine Lehre zog – zum Vorteil seiner Kunst.“
Mit dieser Liebe zum Detail und dem Studium seiner Vorbilder und der Natur schaffte es Antonio Canova zum Meister seines Handwerks. Bis zu seinem Tod im Jahr 1822 war er ein gefeierter Künstler und für seine Werke in ganz Europa bekannt.
Später errichtete seine Heimatstadt ihm zu Ehren die Pfarrkirche „Tempio Canoviano“. Diese vereint gleich zwei antike Meisterbauten miteinander: den Parthenon-Tempel auf der Athener Akropolis in Griechenland und das Pantheon in Rom in Italien.
Besonders die Anlehnung an das Athener Bauwerk ist eine besondere Huldigung für Canova, den „modernen Phidias“: So war es der echte antike Bildhauer namens Phidias, der dem Parthenon ein Teil seines berühmten Giebelreliefs beisteuerte.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion