EU will Abgaswerte verschärfen: „De facto Verbot für Verbrenner ab 2025“

Um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens einhalten zu können, möchte die EU die Abgas-Grenzwerte für KFZ verschärfen. Die geplante Abgasnorm Euro 7 sei dabei nichts anderes als ein Verbot für Verbrenner – und Autos allgemein, denn selbst Hybride oder E-Autos können die strengen Grenzwerte im Alltag nicht einhalten.
Hinweisschild über einer vierspurigen Straße: Nur E-Autos erlaubt.
Hinweisschild über einer vierspurigen Straße: Nur E-Autos erlaubt.Foto: iStock
Von 17. November 2020

Die Autoindustrie befürchtet bei zu scharfen Abgasgrenzwerten der EU das Aus für Autos mit Verbrenner-Motoren ab 2025.

„Mit der Einführung der geplanten EU-7-Norm wird die EU-Kommission Autos mit Verbrennungsmotor ab 2025 de facto verbieten“, sagte die Chefin des Branchenverbandes VDA, Hildegard Müller, der Deutschen Presse-Agentur. Auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner spricht von einem „Verbrennerverbot durch die Hintertür.“

Grenzwerte mehr als halbiert

Um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens einhalten zu können, möchte die EU die Abgas-Grenzwerte verschärfen. Die „Bild am Sonntag“ berichtet über eine Studie im Auftrag der EU-Kommission, auf deren Basis die Grenzwerte einer neuen Euro-7-Abgasnorm festgelegt werden sollen. Noch ist nichts entschieden, aber die Studie legt den Entscheidern in der Kommission teils deutlich strengere Regeln nahe, als in der Abgasnorm Euro 6 gelten.

Laut Studie sollen Neuwagen dann maximal 30 Milligramm Stickoxide pro Kilometer ausstoßen dürfen. Ein weiterer Vorschlag erlaubt sogar nur 10 mg/km. In jedem Fall sollen beide Grenzwerte für alle Verbrenner gelten, unabhängig von der Kraftstoffart. Die aktuelle Abgasnorm Euro 6 erlaubt 80 mg Stickoxide pro Kilometer für Diesel, respektive 60 mg für Benziner.

Zudem, schreibt der „Focus“, „sollen Autos die Grenzwerte dann nicht nur bei Temperaturen von minus 10 bis plus 40 Grad erfüllen, sondern auch in 1.000 oder 2.000 Meter Höhe, über eine theoretische ‚Lebenszeit‘ von 15 Jahren und mit Dachbox, Fahrradträger oder Anhänger.“

„Die Kommission will vorschreiben, dass künftig ein Fahrzeug in jeder Fahrsituation quasi emissionsfrei bleiben muss […]. Das ist technisch unmöglich und das wissen auch alle“, kritisierte VDA-Chefin Müller. Damit kämen die geplanten Verschärfungen einem Verbot von Autos mit Verbrenner-Motoren gleich.

Statt eines Verbotes brauchen wir Innovationen und Investitionen in E-Fuels und die Brennstoffzelle. Nicht der Verbrenner ist das Problem, sondern der Kraftstoff.

Hybride und E-Autos im Alltag nicht sauberer als Verbrenner

Unter realistischen Bedingungen – und ohne Dachbox, Fahrradträger oder Anhänger – schafft das nicht mal ein per Definition sauberer Hybrid. „Plug-in-Hybride sind nachweislich mit Null-Emissionen auf Strecken bis zu 70 Kilometern unterwegs, sofern die E-Akkus geladen sind“, teilte der Verband der Automobilindustrie mit. „Wenn allerdings ein Plug-in-Hybrid mit leerer Batterie und im extremen Sport-Modus gefahren wird, ergeben sich – wie bei herkömmlichen Verbrennern – höhere Verbrauchswerte.“

Letzteres sei der häufigere Fahrmodus der teils extrem stark motorisierten Fahrzeuge. Zudem sind Hybride schwerer als reine Verbrenner und benötigen daher von Haus aus mehr Energie. Noch mehr Emissionen erzeugt ein Hybrid, wenn der Verbrennungsmotor den Akku lädt. Eine Studie im Auftrag der EU-Kommission zeigt, dass es mit 13 bis 30 mg NOx pro Kilometer – bei etwa 20° C Außentemperatur – selbst für den getesteten Euro-6-konformen Plug-in-Hybrid eng wird.

Auch reine E-Autos sind alles andere als sauber. Die Herstellung der Akkus verbraucht nach wie vor große Mengen Energie, die meist aus konventionellen – dreckigen –  Kraftwerken stammt. Erzeugen diese außerdem den Strom zum Laden der E-Autos, bleibt ihre Klimabilanz deutlich hinter der der modernen Verbrenner zurück. Zudem kann das deutsche Stromnetz auf absehbare Zeit nicht 57 Millionen Fahrzeuge – so viele sind in Deutschland registriert – Nacht für Nacht mit (grünem) Strom versorgen.

Dennoch setzt die EU mit Deutschland an der Spitze den Schwerpunkt auf Elektromobilität. „Bislang fehlt es aber an einer ausreichenden Ladeinfrastruktur für die neuen E-Autos – und zwar in ganz Europa“, warnte VDA-Chefin Müller.

Am Dienstag (17.11.) soll sich der nächste „Autogipfel“ zwischen Bund, Ländern, Branchenvertretern und Gewerkschaften unter anderem mit alternativen Antrieben befassen.

10 Millionen E-Autos bis 2030 „unrealistisch“

Das Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2030 mindestens 10 Millionen Elektroautos auf die Straße zu bekommen, ist nach Einschätzung der Beratungsgesellschaft Deloitte unrealistisch.

Unter den gegenwärtigen Bedingungen erscheine zu dem Zeitpunkt eine Zahl von 6,35 Millionen Fahrzeugen wahrscheinlich, heißt es in einer am Montag (16. November) veröffentlichten Studie. Mit zusätzlichen Anstrengungen insbesondere der Industrie, aber auch des Staates, und veränderten Einstellungen bei den Verbrauchern sei es aber möglich, den Bestand noch um 2,2 Millionen Neuzulassungen zu steigern.

Laut kanadischen Forschern reicht jedoch auch das nicht, um das Klima zu retten. In einer Ende September in „Nature Climate Change“ veröffentlichten Studie stellen die Forscher um Alexandre Milovanoff von der University of Toronto fest: Zur Erfüllung der Klimaziele müssten 2050 bis zu 90 Prozent des PKW-Bestands elektrisch betrieben werden – ein Szenario, das als unrealistisch gilt.

Ungeklärt bleibt dabei, ob die Fahrzeuge mit grünem Strom betrieben werden können. Ebenfalls offen ist, was passiert, wenn E-Autos aufgrund ihrer „Klimaschulden“ aus der Produktion oder durch den Betrieb mit dem aktuellen Strommix die neuen Abgasgrenzwerte überschreiten.

Statt die Kaufanreize für E-Autos zu erhöhen, schlagen die Deloitte-Berater vor, konventionelle Verbrenner deutlich unattraktiver zu machen. So solle der Staat Kaufprämien für E-Autos bis Ende 2025 verlängern. Spätestens dann müsse der „Kraftstoffpreis für die verbliebenen Verbrenner“ steigen – ein Plus von 30 Cent pro Liter bis 2024 wäre ein Anfang. Steigende Parkgebühren und City-Maut sowieso.

Trotz allem, so die Deloitte-Forscher, würden auf dem deutschen Markt erst 2032 weniger Verbrenner zugelassen als Autos mit alternativen Antrieben. Insbesondere Klein- und Kleinstwagen sollen dann durch die Städte fahren. Für Handwerker und Gewerbetreibende bleibt dann wohl nur der Bus.

(Mit Material der Deutschen Presse Agentur)



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