Netto-Null-Nuklear-Initiative: Kernkraft als Klimaretter?

Beim Weltnuklearsymposium kamen mehrere Kernenergiegesellschaften und -befürworter zusammen, um die „Netto-Null-Nuklear-Initiative“ zu starten. Diese setzt bei der Energiewende vermehrt auf die Kernkraft.
Netto-Null-Nuklear-Initiative: Kapazität der Kernenergie bis 2050 verdreifachen
Ein Kernkraftwerk. Befürworter dieser Energiequelle trafen sich in London, um die „Netto-Null-Nuklear-Initiative“ ins Leben zu rufen.Foto: iStock
Von 29. September 2023

„Die Staaten dieser Welt können die Netto-Null-Ziele nicht ohne die Kernkraft erreichen“, bilanzierte Mohamed Al Hammadi am 6. September beim Weltnuklearsymposium 2023 in London. Er ist Geschäftsführer und CEO der Emiratischen Kernenergiegesellschaft (ENEC). In Kooperation mit dem Weltnuklearverband rief die ENEC die „Netto-Null-Nuklear-Initiative“ ins Leben. Diese will die Kapazität der Kernenergie bis zur Mitte des Jahrhunderts verdreifachen.

Das Ziel der neuen Initiative besteht darin, alle anthropogenen Treibhausgas-Emissionen durch Reduktionsmaßnahmen wieder aus der Atmosphäre zu entfernen. Somit würde die Klimabilanz der Erde netto, also nach den Abzügen durch natürliche und künstliche Senken, Null betragen.

Weitere Partner sind die „Atoms4NetZero“-Initiative der Internationalen Atomenergie-Organisation und die britische Regierung. An der Vorstellung der neuen Nuklear-Initiative nahmen rund 700 Teilnehmer aus der gesamten Branche teil, wie „World Nuclear News“ berichtete. Die Initiative startete im Vorfeld der COP 28, also der UN-Klimakonferenz in Dubai, die vom 30. November bis 12. Dezember stattfinden soll.

Potenzial der Kernenergie ausschöpfen

Die „Netto-Null-Nuklear-Initiative“ möchte sicherstellen, dass die beteiligten Staaten das Potenzial der Kernenergie „bei der Erleichterung der Dekarbonisierung der globalen Energiesysteme voll ausschöpfen. Dies soll durch die Förderung der Kernenergie und die Beseitigung von Hindernissen für ihr Wachstum erzielt werden.“

Laut ihren jüngsten Datenmodellierungen müsse sich die Kernenergiekapazität bis 2050 mindestens verdreifachen. Erst so könnte der Verbund die angestrebten Klimaziele erreichen. Dies würde etwa 40 Gigawatt neuer Kernenergie pro Jahr erfordern, was etwa dem Sechsfachen der Aufbaurate des letzten Jahrzehnts entspreche. Im Jahr 2022 betrug die elektrische Nennleistung aller Atomkraftwerke weltweit laut „Statista“ rund 371 Gigawatt. Nach dem angestrebten Ziel der Initiative soll dieser Wert in den nächsten 27 Jahren auf über 1.100 Gigawatt ansteigen.

Al Hammadi betonte bei dem Treffen die Vorteile der Kernenergie. Sie bringe nicht nur Tag und Nacht saubere Energie, sondern könne auch die Schwerindustrie und den Verkehr dekarbonisieren. Sie erfordere eine noch engere Zusammenarbeit, um ihr Wachstum sicherzustellen. „Reden ist gut, aber liefern ist noch besser“, fügte er hinzu.

Der Generaldirektor des Weltnuklearverbands, Sama Bilbao y León, wandte sich an die Staaten:

Der Ausbau der Kernenergiekapazitäten auf mindestens das Dreifache ihres derzeitigen Umfangs erfordert den Willen der politischen Entscheidungsträger im Energiesektor.“

Dies beinhalte auch, dass diese die erforderlichen Finanzmittel schnell und effizient bereitstellen. „Wir haben keine Zeit zu verlieren. […] Durch Netto-Null-Nuklear hoffen wir, die Maßnahmen zu erleichtern, die unsere Branche braucht, um zu wachsen“, ergänzte er.

Viele Jüngere auch pro Kernenergie

An der Veranstaltung nahm auch die Miss Amerika 2023 Grace Stanke teil. Sie studiert derzeit Nukleartechnik und will das Bewusstsein für Kernenergie und kohlenstoffarme Energiequellen schärfen. Sie sagte, dass sich inzwischen viele jüngere Menschen wegen des Klimawandels für Kernenergie engagieren.

Stanke ist zudem der Ansicht, dass extreme Wetterereignisse bedeuten, dass der Klimawandel ein „dringendes Thema ist, mit dem wir aufgewachsen sind. Wir haben keine Angst, zu handeln.“ Weiter sagte sie, dass es „wichtig ist, dieses Gespräch auf internationaler Ebene zu führen. […] Lassen Sie uns an der Spitze beginnen, denn wenn es nicht überall auf diesem Planeten geschieht, was hat es dann für einen Sinn?“

Das britische Ministerium für Energiesicherheit und Netto-Null kündigte bei der Eröffnung an, dass es der „Netto-Null-Nuklear“ als erster Regierungspartner beitreten werde.

Ihr Minister für Kernenergie und Netze, Andrew Bowie, erklärte, dass es „kein Netto-Null ohne Atomkraft“ geben könne. Er wies auf die Pläne des Vereinigten Königreichs für neue Kernkraftkapazitäten – große Anlagen und kleine modulare Reaktoren – hin. Bowie bestätigte die Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit.

Deutschland bildet einsame Ausnahme

So betont auch der Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), Rafael Mariano Grossi, wie wichtig es sei, die Kernenergiekapazitäten auszuweiten. Ansonsten sei eine Erreichung der Dekarbonisierungsziele nicht möglich, zitierte ihn das Presseportal „Fair News“. Die Welt befinde sich mitten in einer Energiekrise. Die Versammlung in der Hauptstadt Großbritanniens bezeichnete Grossi als „Schlüsselmoment für die Kernenergie“.

Die „Netto-Null-Nuklear-Initiative“ will den Ausbau der Kernenergie fördern sowie die Forschung und Entwicklung neuer Nukleartechnologien beschleunigen. In den vergangenen Monaten zeichnete sich weltweit bereits eine wachsende Unterstützung für die Kernenergie ab. Etliche Länder haben die Laufzeiten bestehender Kernkraftwerke verlängert oder errichten neue Reaktoren. Das spiegelt sich auch im deutlich gestiegenen Uranpreis wider. Der für diese Technologie wichtigste Rohstoff erlebt derzeit eine starke Nachfrage.

Einzig die deutsche Bundesregierung stellt mit ihrem im April durchgeführten Atom-Aus eine einsame Ausnahme dar. Mit dem Abschalten seiner letzten drei Kernkraftwerke ist Deutschland zum Stromimportland geworden.



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