Globale Studie zeigt: Pestizide gefährden biologische Vielfalt

Viele Pestizide wurden vor Jahren bedenkenlos für die Lebensmittelproduktion zugelassen. Heute mehren sich Studien, die die fatalen Auswirkungen vom Einsatz der Chemikalien aufzeigen. Dabei sind nicht nur bestimmte Tierarten wie Bienen oder Lebensräume wie Wiesen betroffen.
Globale Studie zeigt: Pestizide gefährden biologische Vielfalt.
Pestizide können den Körper und das Verhalten von Lebewesen negativ beeinflussen.Foto: fotokostic/iStock
Von 23. Februar 2025

Jeder Hobbygärtner kennt es von zu Hause: Die Zierpflanzen sind von Schädlingen befallen und in den Fugen von Pflastersteinen wächst unliebsames Kraut. Eine der am schnellsten, einfachsten und häufigsten angewendeten Methoden zur Entfernung des Lästigen sind Pestizide und andere chemische Mittel. Doch neben den unerwünschten Organismen werden dabei auch nützliche und wichtige Lebewesen geschädigt.

Die negativen Auswirkungen sind nachweislich weit- und tiefgreifend. So schadet der Einsatz von Pestiziden Hunderte Mikroben-, Pilz-, Pflanzen-, Insekten-, Fisch-, Vogel- und Säugetierarten, die eigentlich nicht auf der Liste der Schädlinge stehen.

Auch sind die Auswirkungen von Pestiziden nicht begrenzt auf bestimmte Regionen, Länder oder einzelne Arten. Ihr Einsatz trägt vielmehr zum Niedergang der biologischen Vielfalt bei. Zu diesem Ergebnis kommen erneut chinesische und britische Forscher, die erstmals die Auswirkungen von Pestiziden auf alle Arten – zu Land und Wasser – untersuchten.

Forscher entwickelten eine Pflanze, die sich bei Kontakt mit giftiger Chemikalie rot färbt

Pestizide sind dafür geschaffen worden, unliebsame Organismen zu beseitigen – doch Gift bleibt Gift. Foto: narongcp/iStock

Pestizide: Chemie, die den Organismus angreift

Die Wissenschaftler um Dr. Ben Woodcock vom britischen „Centre for Ecology & Hydrology“ analysierten über 1.700 bestehende Labor- und Feldstudien zu den Auswirkungen von 471 verschiedenen Pestiziden. Darunter zählten Bekämpfungsmittel gegen Insekten, Pilze und Pflanzen, die häufig in der Landwirtschaft, im Handel oder im Haushalt zum Einsatz kommen.

Bei über 800 Tierarten, die an Land und im Wasser leben, entdeckten die Forscher weitreichende negative Auswirkungen. Neben der Beeinträchtigung des Wachstums und dem Fortpflanzungserfolg vermerkten Woodcock und seine Kollegen auch Verhaltensänderungen der Tiere in Bezug auf Nahrungssuche, Fortbewegung und Partnerwahl.

Des Weiteren scheinen Pestizide auch den Stoffwechsel von Organismen beeinträchtigen und Zellen schädigen zu können. Alles zusammen führt oft zum vorzeitigen Tod der Wildtiere und damit zur Verringerung der Populationen.

„Ein notwendiges Übel“

Im Gegensatz zu früheren Studien, die sich mit bestimmten Artengruppen wie Bienen und Fischen oder mit bestimmten Lebensräumen befassten, haben die Forscher Vertreter des gesamten Spektrums der in der Natur vorkommenden Arten betrachtet.

Unsere Studie bietet einen beispiellosen Einblick in die Folgen des Pestizideinsatzes für die weltweite Natur“, sagte Ökologe Dr. Ben Woodcock.

Laut den Forschern sei der Einsatz von Pestiziden „ein notwendiges Übel“, ohne dass die weltweite Nahrungsmittelproduktion und die Lebensgrundlage der Landwirte wahrscheinlich zusammenbrechen würde. Gleichzeitig plädieren die Ökologen jedoch dafür, weitere Maßnahmen und Praktiken zur Verringerung ihres Einsatzes voranzutreiben.

Wenige Bestäuber führen zu Ernteeinbußen bei Blaubeeren, Kaffee und Äpfeln

Frühere Studien zeigte bereits, dass eine geringe Zahl an Bestäubern besonders bei Blaubeeren, Kaffee und Äpfeln zu höheren Ernteverlusten führt. Foto: Eike Leppert, oleksajewicz, MarianVejcik/iStock

„Dazu könnten Initiativen der Landwirte wie die regenerative Landwirtschaft gehören. Aber auch staatliche Maßnahmen zur nachhaltigen Landwirtschaft wie die Belohnung von Landwirten, wenn sie weniger Insektizide bei ihren Kulturen einsetzen, könnten helfen“, sagt Woodcock.

Nach Ansicht von Professor Dave Goulson von der Universität Sussex müsse primär Aufklärung betrieben werden. Er erklärte:

Es wird oft angenommen, dass Pestizide in erster Linie für den Zielschädling und eng verwandte Organismen giftig sind, aber das ist eindeutig nicht der Fall.“

Alternativen für Pestizide

Doch ein übermäßiger Einsatz der Pestizide kann nicht nur nützlichen Arten zum Verhängnis werden, sondern schädliche Arten mitunter noch stärken. So können Schädlinge bei dauerhafter Behandlung eine Resistenz gegen die Chemikalien entwickeln, wodurch diese unwirksam werden – ähnlich wie Antibiotikaresistenz beim Menschen.

Langfristig müssen demnach andere wirkungsvolle und zugleich naturschonende Mittel zum Einsatz kommen. Derzeit werden in der EU bereits über 10 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen ökologisch bewirtschaftet, ohne dass Bauern zu synthetischen Pestiziden greifen.

Zu den alternativen Möglichkeiten gehört das Anpflanzen von Wildblumen und sogenannten Insektenwällen, um Arten zu fördern, die sich von Schädlingen ernähren. Auf diese Weise setzen Landwirte auf natürliche Dezimierung von Schädlingen durch eine große Anzahl natürlicher Räuber.

Marienkäfer statt Pestizide

Statt Blattläuse mit Chemie zu bekämpfen, können auch natürliche Fressfeinde wie Marienkäfer zum Einsatz kommen. Foto: Tunatura/iStock

Weitere Maßnahmen sind die Anpassung des Pflanzzeitpunkts, um Schädlinge zu vermeiden, und der Fruchtwechsel, um den Lebenszyklus der Arten zu unterbrechen und ihre Zahl zu verringern.

Tipps für den heimischen Garten

Aber auch Hobbygärtner können ihren Teil dazu beitragen. Für vieles hält die Natur selbst ein geeignetes Mittel bereit. Statt Pestizide kann zur Schädlingsbekämpfung zu Nematoden, Marienkäfern oder Milben gegriffen werden, die online erhältlich sind.

Zum Schutz von Pflanzen können Gärtner zudem auf die passenden Pflanzennachbarn achten, die sich in Wechselwirkung gegenseitig vor Schädlingen schützen. So empfiehlt es sich beispielsweise, Möhren neben Lauch zu pflanzen oder stark duftende Kräuter als Abwehr von Schädlingen zwischen den Gemüsepflanzen zu setzen.

Physische Barrieren wie Netze oder Zäune können zudem Schäden durch Schnecken, Raupen und Vögel verhindern. Ebenfalls als förderlich erwiesen hat sich eine wildtierfreundliche Gartengestaltung, womit natürliche Fressfeinde wie Frösche, Vögel und Igel angelockt werden.

Die Studie erschien am 13. Februar 2025 in der Zeitschrift „Nature Communications“.



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