Neue Studie: Natürlicher COVID-19-Ursprung „extrem unwahrscheinlich“

Drei Forscher, darunter ein deutscher Immunologe, sorgen mit einer neuen Studie für Aufsehen: Sie wollen im Erbgut des Coronavirus „Fingerabdrücke“ einer genetischen Manipulation entdeckt haben. Ein natürlicher Ursprung sei demnach ungefähr so wahrscheinlich wie zwei Lotto-Sechser – mit demselben Tippschein.
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Die Vorab-Publikation der Studie ist am 20. Oktober online gegangen.Foto: istock
Von 1. November 2022

Eine neue Studie über den Pandemie-Ursprung mit dem Titel „Endonuklease-Fingerabdruck deutet auf künstlichen Ursprung von SARS-CoV-2 hin“ kommt zu dem Schluss, dass das SARS-CoV-2-Virus höchstwahrscheinlich in einem Labor entstanden ist.

Die Vorab-Publikation der Studie ist am 20. Oktober auf „bioRxiv“ veröffentlicht worden. [1] Einer der drei Autoren ist der deutsche Immunologe Dr. Valentin Bruttel, der am Universitätsklinikum Würzburg arbeitet.

Ganz neue Hinweise: winzige „Fingerabdrücke“

Die neue Studie stützt sich auf keinen der bisher bekannten Hinweise, die auf einen Laborursprung des Virus hindeuten. So hatten Forscher angenommen, dass die Furin-Spaltstelle, die das Virus hochansteckend macht, im Wuhan-Labor in das Virus eingefügt worden war. Wie Dr. Bruttel gegenüber „ntv“ erklärte, gebe es „Hunderte andere Möglichkeiten, zu einer funktionellen Furin-Schnittstelle zu kommen.“ Unnatürlich sei zudem, dass diese Schnittstelle „genauso im Menschen vorkommt, im Protein ENaC-alpha“, aber nicht in den natürlichen Verwandten von SARS-CoV-2.

Damit beschäftigten sich die Autoren in ihrer Publikation jedoch nicht. Auch der „große Zufall“, dass die Pandemie direkt vor den Toren des Coronavirus-Labors begann, wird nicht berücksichtigt.

Stattdessen verfolgten sie einen Ansatz, der die Entstehung des SARS-CoV-2-Virus aus einem völlig neuen Blickwinkel betrachtet. Sie untersuchten winzige Spuren, die bei der Viren-Herstellung in Laboren hinterlassen werden. Normalerweise ist es jedoch sehr schwierig, die Manipulation von Viren in Laboren zu erkennen.

Damit wird – im Gegensatz zu früheren Studien, die qualitative Aspekte wie die Eigenschaften des Virus analysierten – zum ersten Mal die Wahrscheinlichkeit eines künstlichen Ursprungs auf quantitativer Basis bewertet. Dazu haben die drei Forscher ein statistisches Verfahren entwickelt, um die Häufigkeit bestimmter DNA-Stränge in Wildviren mit denen von im Labor hergestellten Viren zu vergleichen.

Frankensteins Corona-Monster

Wenn Viren im Labor geschaffen werden, werden sie in der Regel aus verschiedenen Virusbestandteilen zusammengesetzt. Der Mitautor der Studie, Alex Washburne veranschaulicht diese Tatsache in einem Blogbeitrag. Dabei greift der Biologe den Disneyfilm „Toy Story“ als Beispiel auf.

Es sei so, als würde man die Arme der Figur „Mr. Potato Head“ (Herr Kartoffelkopf) durch die Arme eines anderen Charakters ersetzen. Dadurch wolle man untersuchen, ob dessen Arme für eine wichtige Aufgabe im Lebenszyklus der Kartoffel vorteilhaft wären, zum Beispiel für das Heben von Gewichten.

Ein kürzlich an der Universität Boston durchgeführtes Experiment ist ein Beispiel dafür, wie verschiedene Virusteile zusammengesetzt wurden: Dafür verwendeten die Forscher das Grundgerüst des ursprünglichen SARS-CoV-2-Virus aus Wuhan und ersetzten dessen Spike-Gen durch das der Omikron-Variante. Das Labor in Boston bastelte also einen „Corona-Kartoffelkopf“, indem es Teile aus verschiedenen Varianten des SARS-CoV-2-Virus zusammensetzte. Dadurch erschufen die Forscher eine COVID-19-Variante, die 80 Prozent der infizierten Mäuse tötete.

Mit anderen Worten: Einer der Hauptzwecke der Manipulation von Viren besteht darin, zu verstehen, welche Teile sie besonders infektiös, tödlich oder übertragbar machen. Ein damit verbundener Zweck ist die Entwicklung von Biowaffen.

Die Autoren um Dr. Bruttel gehen jedoch nicht davon aus, dass dies der Grund für die Herstellung von SARS-CoV-2 war. Sie glauben, dass das Virus „in einem Labor mit den üblichen Methoden hergestellt wurde, die vor COVID verwendet wurden, um infektiöse Klone zusammenzubauen“.

Zusammensetzen von Viren in Laboren hinterlässt (keine) Spuren

Die genetische Information von SARS-CoV-2 ist in 30.000 Basenpaaren von RNA-Nukleotiden enthalten. Das Zusammensetzen von Viren in Laboren unterliegt bestimmten Beschränkungen, denn diese 30.000 Basenpaare können im Labor nicht alle gleichzeitig zusammengesetzt werden. In Laboren wird zudem DNA anstelle von RNA verwendet, da diese stabiler ist. Der zusammengesetzten DNA werden dann Bakterien zugefügt, die wiederum RNA-Viren erzeugen.

Im Regelfall werden dazu Teile natürlicher Viren oder einfach herzustellender künstlicher Viren verwendet, die später wieder „zusammengeklebt“ werden. Um die gewünschten Bausteine zu erhalten, werden die Viren zunächst mithilfe von Enzymen zerschnitten. Diese können jedoch nur an Schnittstellen schneiden, die durch besondere Gen-Sequenzen vorbestimmt sind.

Da die Schnittstellen wie normale Nukleotidsequenzen aussehen, sind natürliche und bearbeitete Schnittstellen biologisch nicht voneinander zu unterscheiden, sodass diese Form der Gentechnik – oberflächlich betrachtet – keine Nähte beziehungsweise offensichtlichen Fingerabdrücke hinterlässt.

Es gibt jedoch einen wichtigen Unterschied zwischen Schnittstellen auf Wildtyp-Viren und im Labor hergestellten Viren: Natürlich vorkommende Schnittstellen befinden sich nicht unbedingt dort, wo Wissenschaftler sie haben wollen. In den Labors werden daher routinemäßig Schnittstellen an günstigen Stellen eingefügt und an ungünstigen Stellen entfernt.

Darauf aufbauend stellten Dr. Bruttel, Dr. Washburne und Prof. VanDongen die Hypothese auf, dass sie einen „sehr subtilen, aber identifizierbaren Fingerabdruck“ erkennen könnten, indem sie die Verteilung der Schnittstellen auf dem SARS-CoV-2-Virus aufzeichneten. Dies sei vergleichbar mit dem Fingerabdruck auf einer Tatwaffe.

Unnatürlich regelmäßige Virenstruktur

Um dies zu bestätigen, verglichen sie die Verteilung solcher Stellen von SARS-CoV-2 mit verschiedenen natürlichen SARS-Wildtypen sowie mit anderen, vor der Pandemie im Labor hergestellten SARS-Viren. Sie führten ihre Analysen für die am häufigsten verwendeten Enzyme (biologische „Scheren“) durch, die laut einer Reihe von Veröffentlichungen des Wuhan Institute of Virology aus der Zeit vor der Pandemie auch für Experimente im Labor in Wuhan verwendet wurden. Die Ergebnisse sind eindeutig:

Während die Schnittstellen bei Wildtyp-SARS-Viren zufällig verteilt sind, liegen sie bei den vor der Pandemie im Labor hergestellten Viren sowie bei SARS-CoV-2 in regelmäßigen Abständen. Letzteres deutet darauf hin, dass SARS-CoV-2 in einem Labor in irgendeiner Form manipuliert wurde.

Einen weiteren Hinweis auf einen Laboursprung liefert die Untersuchung der Länge der Segmente zwischen zwei Schnittstellen. Natürliche Viren werden nicht zusammengesetzt, sodass die Länge der Segmente zufällig bestimmt wird und sehr kurze und sehr lange Segmente umfasst. Die längsten Segmente der Wildtyp-Viren sind dadurch weitaus länger als die der im Labor hergestellten Viren, auch bei SARS-CoV-2. Wie Dr. Bruttel und seine Co-Autoren schrieben, sind die längsten Segmente der im Labor hergestellten Viren hingegen „ungewöhnlich kurz“.

SARS-CoV-2 stammt aus „irgendeinem“ Labor

„SARS-CoV-2 unterscheidet sich von allen Wildtyp-Coronaviren, und es ist unwahrscheinlich, dass es sich aus seinen nächsten Verwandten entwickelt hat. Zusammen betrachtet, deutet dies darauf hin, dass SARS-CoV-2 wahrscheinlich aus einem System der reversen Genetik hervorgegangen ist“, fassen die Autoren ihre Ergebnisse zusammen.

Insgesamt schätzen sie die Wahrscheinlichkeit, dass SARS-CoV-2 auf natürliche Weise entstanden ist, zwischen 1 zu 100 und 1 zu 1.400. Dies berücksichtige jedoch nur die Verteilung der Schnittstellen. Die Autoren beobachteten auch eine Konzentration von Mutationen innerhalb der Schnittstellen, die „bei wilden Coronaviren extrem unwahrscheinlich und bei synthetischen Viren nahezu universell ist“.

Berücksichtigt man zusätzliche Kriterien wie die Tatsache, dass die „klebrigen Enden“, an denen die Viren wieder zusammengeklebt werden, alle perfekt passen, schätzen die Autoren die Wahrscheinlichkeit eines natürlichen Ursprungs deutlich geringer ein.

Unter Beachtung aller Kriterien – unnatürlich kurze Segmentlänge, Anzahl der Fragmente, passgenaue Klebestellen, Mutationen innerhalb der Schnittstellen und die Verteilung der Mutationen – sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei SARS-CoV-2 um ein natürlich vorkommendes Virus handelt, auf eins zu 4,2 Millionen bis eins zu 2,6 Billionen. Letzteres ist ungefähr so wahrscheinlich wie zwei aufeinanderfolgende Lotto-Sechser – mit demselben Tippschein.

Die Autoren kommen damit zu dem Schluss, dass SARS-CoV-2 in einem Labor hergestellt wurde, wobei übliche Methoden für den Zusammenbau von Viren verwendet wurden. Sie stellen keine Spekulationen darüber an, aus welchem Labor das Virus entkommen ist.

Studie „würde nicht mal Kindergarten-Molekularbiologie bestehen“

Als Reaktion auf die Studie von Dr. Bruttel und Kollegen hat der dänische Immunologe Kristian Andersen sie auf Twitter als „Kindergarten-Molekularbiologie“ bezeichnet. Die fachliche Kritik besteht vor allem darin, dass Schnittstellen bei natürlich vorkommenden SARS-Viren üblich seien. Das bloße Vorhandensein erklärt jedoch nicht die „sehr ungewöhnliche“ Anordnung der Schnittstellen bei SARS-CoV-2.

Andersen ist seinerseits Hauptautor einer Studie mit dem Titel „Der unmittelbare Ursprung von SARS-CoV-2“, die von Dr. Anthony Fauci geleitet wurde. [2] Die Studie stellt den Versuch dar, die Theorie des Laborursprungs zu widerlegen und verkündet, dass „unsere Analysen eindeutig zeigen, dass SARS-CoV-2 kein Laborkonstrukt oder ein absichtlich manipuliertes Virus ist“. Anschließend stellte sich heraus, dass Andersen und seine Mitautoren sich bei ihren Ergebnissen auf eine veraltete Datenbank gestützt hatten.

Angesichts dessen erklärte ein Twitter-Nutzer, was „Kindergarten-Molekularbiologie“ sei: „Eine Studie aus dem Jahr 2014 zu zitieren, um zu beweisen, dass das Wuhan Institute of Virology das Coronavirus im Jahr 2019 nicht entwickelt hat.“

Auch an anderer Stelle wird Andersen selbst kritisiert. So hat er unter vier Augen zu Fauci gesagt, dass SARS-CoV-2 wie ein künstliches Virus aussehe, während er öffentlich die Behauptung eines natürlichen Ursprungs vertrat. Fauci war zu dieser Zeit Direktor des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten (NIAID). Er wird im Dezember von diesem Posten zurücktreten.

Und eine weitere Studie, an der Andersen und das NIAID mitwirkten, erklärte, dass „Analysen einen eindeutigen Beweis für die Entstehung von SARS-CoV-2 durch den Handel mit lebenden Wildtieren liefern“. [3] Die häufigsten Theorien gingen von Fledermäusen oder Schuppentieren als „sehr wahrscheinlichen“ tierischen (Zwischen-)Wirten aus. Allerdings wurden beide seit 2017 auf dem betreffenden Markt nachweislich nicht gehandelt. [4]

Neue Studie nicht von Daten der kommunistischen Partei Chinas abhängig

Auf beiden Seiten der Debatte um den Ursprung von SARS-CoV2 gibt es immer noch keine eindeutigen Beweise. Es ist aber auffällig, dass die Befürworter des natürlichen Ursprungs in ihren Papieren dazu neigen, Behauptungen über unanfechtbare Beweise aufzustellen.

Auf der anderen Seite schrieben die Autoren ausdrücklich, dass weitere Forschung nötig ist, um die Ergebnisse zu bestätigen – oder zu widerlegen. So haben auch Dr. Bruttel und Kollegen zur Kritik und Diskussion über ihre Ergebnisse eingeladen. Dazu sei die Vorabveröffentlichung erfolgt, um Verbesserungsvorschläge, konstruktive Rückmeldungen oder Kritiken und Korrekturen einzuarbeiten.

Dr. Bruttel sei zudem „für jede vernünftige Kritik offen“, ebenso für Hinweise, wenn er oder seine Koautoren technische oder Denkfehler gemacht haben. Beleidigungen findet er jedoch befremdlich. Gegenüber „ntv“ sagte er: „Andersen und andere Virologen haben mich auf Twitter sogar blockiert, so dass ich deren Kommentare erstmal gar nicht sehe und nicht darauf reagieren kann. Ich habe die Argumente inzwischen zum Teil gesehen, auf den ersten Blick ist da nichts Substanzielles dabei.“

Um ein endgültiges Urteil über die neue Studie zu fällen, ist es noch zu früh, da diese nach einer möglichen Aktualisierung noch von Fachkollegen im Peer-Review-Verfahren geprüft werden muss.

Die Forschungsmethode von Dr. Bruttel, Dr. Washburne und Prof. VanDongen bietet jedoch erstmals einen Weg zur Lösung des Rätsels um den Corona-Ursprung, ohne sich auf Daten stützen zu müssen, die von der Kommunistischen Partei Chinas zurückgehalten werden.

Quellen:

[1] Bruttel et al. (2022); doi.org/10.1101/2022.10.18.512756

[2] Andersen et al. (2020); doi.org/10.1038/s41591-020-0820-9

[3] Andersen et al. (2022); doi.org/10.1126/science.abp8715

[4] Macdonald et al. (2021); doi.org/10.1038/s41598-021-91470-2

(Mit Material von The Epoch Times USA)

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 69, vom 5. November 2022.



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