Medikamente im Wasser verändern Verhalten und Fortpflanzung von Fischen

Medikamente sollen eigentlich heilen oder behandeln, was nicht richtig ist. Gelangen sie jedoch durch Kläranlagen in die Gewässer, wirken sie auch dort und können gemäß dem Sprichwort „Die Dosis macht das Gift“ das Gegenteil für andere Lebewesen bewirken.
Medikamente verändern Verhalten und Fortpflanzung von Fischen
Medikamente gelangen über Abwässer und Kläranlagen in die Natur und beeinflussen damit die Ökosysteme.Foto: Przemysław Iciak/iStock
Von 8. September 2024

Medikamente sind dafür gemacht, eine positive Wirkung auf die Gesundheit zu erzielen. Doch was den (menschlichen) Körper direkt beeinflusst, kann indirekt auch eine ungewollte Veränderung bei anderen Lebewesen hervorrufen, wie australische und italienische Biologen nun zeigen.

Jene Veränderung gehe so weit, dass das Medikament zum pharmazeutischen Schadstoff wird und sich negativ auf das Verhalten und die Fortpflanzungsmerkmale von Fischen auswirkt. Die Erkenntnis geht aus einer fünfjährigen Untersuchung an wild gefangenen Guppys hervor, die dem weitverbreiteten Antidepressivum Fluoxetin ausgesetzt waren.

Belastete Gewässer

In Deutschland konnten bislang über 150 verschiedene Arzneimittel in Gewässern nachgewiesen werden. Zum einen gelangen Medikamente für Menschen über Abwässer in Kläranlagen, wo aus technischen Gründen derzeit nur wenige schädliche Substanzen herausgefiltert werden können. Zum anderen finden Schadstoffe aus Tiermedikamenten über Gülle und Mist den Weg in die Böden und somit ins Trinkwasser.

Medikamente, insbesondere Antidepressiva wie Fluoxetin, sind auch weltweit zu einem allgegenwärtigen Problem in Gewässern geworden. Diese Schadstoffe finden dann ihren Weg in Flüsse, Seen und Ozeane.

Trotz ihrer weitverbreiteten und häufigen Nutzung sind die Auswirkungen dieser Chemikalien auf Leben im Wasser nach wie vor unklar. Einen ersten Schritt in Richtung Aufklärung wagten die Biologen der Universität Monash in Australien und der Universität Tuscia in Italien – mit erschreckendem Ergebnis.

„Selbst bei niedrigen Konzentrationen veränderte Fluoxetin die Kondition der Guppys. Gleichzeitig vergrößerte es ihr Gonopodium [Anm. d. Red.: auch Begattungsflosse genannt] und verringerte die Spermiengeschwindigkeit. Letzteres ist ein wesentlicher Faktor für den Fortpflanzungserfolg“, erklärt Dr. Upama Aich von der Universität Monash.

„Außerdem führte Fluoxetin dazu, dass die Guppys wesentlich schlechter ihre eigene Aktivität und ihr Risikoverhalten abschätzen und anpassen konnten“, fügt Assistenzprofessor Giovanni Polverino von der Universität Tuscia hinzu.

Medikamente verwirren Fische

Um die Auswirkungen der Verschmutzung zu untersuchen, setzten Biologen die Guppys über mehrere Generationen hinweg dem Wirkstoff Fluoxetin aus. Anschließend untersuchte das Team das Verhalten, die körperliche Verfassung und die Fortpflanzungsgesundheit der Fische nach insgesamt fünf Jahren der Schadstoffbelastung unterschiedlicher Intensität.

Männliche Guppys standen dabei im Mittelpunkt, da sie besonders empfindlich auf Umweltveränderungen reagieren. Die Forscher maßen wichtige Merkmale wie Körperzustand, Färbung und Gonopodiumsgröße sowie wichtige Spermienmerkmale wie Vitalität, Anzahl und Geschwindigkeit.

Das Antidepressivum veränderte dabei das Zusammenspiel zwischen Aktivität und Körperzustand sowie Gonopodiumsgröße und Spermavitalität. Für die Forscher bedeutet dies, dass die Fische bei der natürlichen Abwägung zwischen eigenem Überleben und Fortpflanzung erheblich beeinträchtigt sind.

„Die Störung des Verhaltens könnte die Anpassungsfähigkeit an Umweltherausforderungen untergraben und ihr langfristiges Überleben bedrohen“, sagte Professor Bob Wong von der Universität Monash und Hauptautor der Studie.

Jeder kann helfen

Die Forscher sehen darin dringenden Handlungsbedarf: Die Schädlichkeit von pharmazeutischen Stoffen für die Umwelt müsse ins Bewusstsein der Menschen gerückt werden. Nur wenn künftig aktiv dagegen vorgegangen wird, könnten die biologische Vielfalt und die Gesundheit der Ökosysteme gewahrt werden.

Doch neben möglichen Erfindungen vonseiten der Wissenschaft können auch Einzelpersonen zum Schutz beitragen. So sollten Medikamente und chemische Salben im Hausgebrauch niemals über Toiletten und Waschbecken entsorgt werden. Außerdem wird empfohlen, den Verbrauch von Medikamenten auf das Mindestmaß einzuschränken und – wo möglich – auf naturbasierte Heilmittel zurückzugreifen.

Die Studie erschien am 26. August 2024 im Fachmagazin „Journal of Animal Ecology“.



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