Im Jahr 2023: Immer mehr Erneuerbare aber Stromerzeugung gesunken

Die Stromerzeugung aus Erneuerbaren ist im dritten Quartal 2023 deutlich gestiegen, teilt das Statistische Bundesamt mit. Was die vermeintliche Erfolgsmeldung verschweigt: Weniger Industrie verbraucht weniger Strom und abgeschaltete Kraftwerke werden durch teure Importe kompensiert, die nicht in die deutsche Statistik fallen.
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Deutsche Kraftwerke erzeugten im 3. Quartal 2023 etwa 20 Prozent weniger Strom als im Vorjahr, dafür stieg der Import um knapp 80 Prozent.Foto: iStock
Von 18. Dezember 2023

Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist im dritten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch mitteilte, erreichten diese einen Anteil von 60,2 Prozent am insgesamt erzeugten Strom. Im dritten Quartal des vergangenen Jahres waren es erst 44,4 Prozent.

Im gleichen Atemzug teilten die Statistiker auch mit, dass von Juli bis September 94,2 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt und ins Netz eingespeist wurden. Das entspricht einem Rückgang um 20,3 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum.

Oberflächlich sind beide Aussagen eine Erfolgsmeldung: sinkende Strommenge und die auch noch stärker aus „Erneuerbaren“ gedeckt. Hinter dem steigenden Anteil von Wind und Sonne steckt jedoch vor allem die Stilllegung konventioneller Kraftwerke – und damit ein Rückgang der Bezugsgröße.

Mit anderen Worten, solange die Erzeugung der Erneuerbaren weniger stark sinkt als die der konventionellen Quellen, steigt der Anteil der Erneuerbaren auch dann, wenn Wind, Sonne & Co weniger Strom liefern.

Andererseits ist zwar die inländische Stromerzeugung gesunken, nicht aber der Verbrauch. In diesem Zusammenhang ist es wenig verwunderlich, dass sich der Stromimport beinahe verdoppelt hat. Da dieser Strom von ausländischen Kraftwerken stammt, trübt er auch nicht die deutsche Erzeugungsstatistik.

Kraftwerksabschaltung schönt Statistik

Wie die Wiesbadener Statistiker im Einzelnen mitteilten, stieg die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien „im 3. Quartal 2023 um 8,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. […] Dagegen sank die Erzeugung aus konventionellen Energieträgern um 42,9 Prozent.“

Konkret lieferten Wind, Sonne, Wasser und Biomasse zusammen 56,7 Terawattstunden (TWh) Strom. Im Vorjahr waren es im selben Zeitraum 52,6 TWh. Für die Konventionellen beschreibt die Statistik einen Rückgang von 65,7 auf 37,5 TWh. Letzteres dürfte vor allem auf die Abschaltung der letzten deutschen Kernkraftwerke zurückzuführen sein. Im Jahr 2022 lieferten diese laut 8,7 TWh sauberen Strom. Allein dies führt zu 13,2 Prozent weniger Stromerzeugung.

Nachdem Kohlekraftwerke in den Jahren 2021 und 2022 die wichtigsten Stromquellen Deutschlands waren, hat sich deren Stromerzeugung im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal fast halbiert. Lieferten sie 2022 42,7 TWh Strom, waren es im selben Zeitraum 2023 nur 22,5 TWh. Das ist ein Rückgang um 47,3 Prozent.

Da Kohlekraftwerke als Grundlastkraftwerke gelten und der Strombedarf im Sommer generell geringer ist, bleibt abzuwarten, wie groß der Rückgang im gesamten Jahr ausfällt.

Steigerung der Stromerzeugung: Gas übertrifft Erneuerbare

Um die Mindererzeugung bei Kohle auszugleichen, leisteten vor allem die gasbetriebenen Kraftwerke mehr. Diese teuerste Form der konventionellen Kraftwerke lieferte 2023 zwischen Juli und September zwölf Terawattstunden Strom. Damit stieg ihr Anteil an der inländischen Stromerzeugung auf 12,7 Prozent. Im Vorjahreszeitraum waren es 11 TWh beziehungsweise 9,3 Prozent.

Damit ist die Stromerzeugung aus Gaskraftwerken sogar stärker gestiegen als jene der Erneuerbaren, zumindest prozentual. Während letztere die besagten 8,1 Prozent zulegten, lieferten Gaskraftwerke 9,2 Prozent mehr Strom. In absoluten Zahlen legten die Erneuerbaren um 4,2 TWh zu, Gaskraftwerke um eine Terawattstunde. Die Brückentechnologie gilt zwar in Regierungskreisen als relativ sauber, Studien lassen jedoch auch an diesem Narrativ Zweifel aufkommen.

Den stärksten Zuwachs der Erneuerbaren verzeichnete Wasserkraft mit + 18,8 Prozent von 3,5 auf 4,1 TWh. Die Stromerzeugung aus Biomasse ging indes von 7,2 auf 6,5 TWh um neun Prozent zurück.

Anteil der erneuerbaren Energie

Weiter heißt es vom Statistischen Bundesamt: „Die Stromerzeugung aus Windkraft stieg im 3. Quartal 2023 gegenüber dem 3. Quartal 2022 um 16,2 Prozent.“ Mit einem Anteil von 24,4 Prozent des insgesamt erzeugten Stroms (2022: 16,8 Prozent) sei die Windkraft „wie bereits im 1. Halbjahr 2023 der wichtigste Energieträger in der inländischen Stromerzeugung.“

„Die Einspeisung von Strom aus Photovoltaik erhöhte sich um 6,6 Prozent“, so die Statistiker weiter, „und machte damit einen Anteil von 21,5 Prozent der inländischen Stromeinspeisung aus (3. Quartal 2022: 16,1 Prozent).“

Dem muss hinzugefügt werden: Strom ist nur eine der drei wichtigen Energieformen. Kraftstoffe und Wärme, sowohl für die Industrie als auch die privaten Haushalte, sind darin nicht enthalten. Ebenfalls unberücksichtigt bleiben Kraftwerke, die ausschließlich für die Industrie produzieren und nicht ins deutsche Stromnetz einspeisen. Dazu zählen unter anderem die Kraftwerke der Deutschen Bahn.

Betrachtet man den Anteil der Erneuerbaren am Gesamtenergieverbrauch, liegt dieser nicht bei knapp über 60 Prozent, sondern eher bei unter 20 Prozent. Bezogen auf das Jahr 2022 waren es 17,6 Prozent.

Auf dem Weg zum Stromimport-Europameister

Wortwörtlich am Rand – im letzten Absatz – verweist das Statistische Bundesamt darauf, wo der Strom stattdessen herkommt: aus dem Ausland. Mit der Abschaltung der drei letzten deutschen Kernkraftwerke im April 2023 wurde Deutschland zum Stromimporteur. Das spiegelt sich auch in der Statistik wider.

Demnach waren die Stromimporte im dritten Quartal „um 13,2 Milliarden Kilowattstunden höher als Stromexporte“. Da Wind und Sonne einen Einspeisevorrang genießen, liefern sie auch dann Strom, wenn er nicht benötigt wird. Diesen musste Deutschland exportieren und dafür teilweise selbst noch bezahlen. Nach Sonnenuntergang oder bei Windstille kauft Deutschland dann mitunter für denselben Preis Strom ein.

Insgesamt ging der Stromexport von 16,0 TWh im 3. Quartal 2022 auf 9,9 TWh im 3. Quartal 2023 zurück (- 38,2 Prozent). Im selben Zeitraum stiegen die Importe von 13,0 auf 23,1 TWh oder um 78,6 Prozent.

„Französischer Atomstrom“ und „100 Prozent Ökostrom“

Wichtige Importstaaten waren dabei Dänemark, Frankreich, die Niederlande, Norwegen, Österreich und die Schweiz. Aus welchen Quellen der importierte Strom stammt, wurde weder statistisch erfasst, noch ist dies physikalisch möglich. Sowohl genutzter als auch gehandelter Strom ist immer der zum jeweiligen Zeitpunkt vorhandene Strommix. Das gilt für alle Länder und alle Stromnetze.

Aussagen wie „Deutschland importiert keinen französischen Atomstrom“ sind daher falsch. Speisen französische Kernkraftwerke zum Zeitpunkt des Imports Strom ein, wird dieser – anteilig – ebenfalls importiert.

Analog wird der Wind nicht stärker wehen oder die Sonne heller strahlen, weil jemand sein E-Auto in die Ladestation steckt – auch dann nicht, wenn er laut Vertrag „100 Prozent Ökostrom“ bezieht. 100 Prozent Ökostrom bezieht nur, wer ausschließlich seinen eigenen Strom und sein eigenes Stromnetz nutzt.

Stromerzeugung, Deindustrialisierung und Klimawandel

Berücksichtigt man die im- und exportierten Strommengen, zeigt sich, dass der deutsche Stromverbrauch im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken ist: von 115,2 auf 107,4 TWh.

Dies dürfte einerseits auf den vom Statistischen Bundesamt aufgeführten „geringeren Strombedarf infolge der konjunkturellen Abschwächung in den energieintensiven Industriezweigen“ zurückzuführen sein. Andererseits waren im „wahrscheinlich heißesten Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen“ die Temperaturen im Sommer vielerorts kälter als im Vorjahr, sodass weniger gekühlt werden musste.



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