Zellen in Topform: Krafttraining aktiviert die körpereigene Müllabfuhr
Krafttraining baut nicht nur Muskeln auf, sondern sorgt auch für eine gründliche Reinigung der Zellen. Das ist das Ergebnis einer Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift „Current Biology“ erschien.
Nach Ansicht der Studienautoren aktiviert Widerstandstraining einen wichtigen zellulären Reinigungsprozess. Dies könnte helfen, neue Behandlungsmethoden für Herzkrankheiten und Krebs zu finden und sogar Astronauten im Weltraum fit zu halten.
Widerstandstraining aktiviert Abfallbeseitigung im Muskel
In diesem Zusammenhang spielt das Protein namens BAG3 eine entscheidende Rolle bei der Entsorgung beschädigter Zellbestandteile.
Es sei ein „sehr allgemeines“ zelluläres Protein, das in Immunzellen und möglicherweise in der Niere an der Blut-Harn-Schranke wirke, erklärte Jörg Höhfeld gegenüber der Epoch Times. Er ist Professor für Molekulare Zellbiologie am Institut für Zellbiologie der Universität Bonn und Erstautor der Studie.
Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass eine Fehlfunktion von BAG3 zu einer sich schnell fortschreitenden Muskelschwäche führen kann. Diese steht im Zusammenhang mit Herzversagen, einer der häufigsten Todesursachen in vielen Industrieländern. Eine Störung des BAG3-Systems hat nicht nur Auswirkungen auf die Muskelgesundheit. Sie kann auch zu Mutationen führen, die die Charcot-Marie-Tooth-Krankheit auslösen können. Dabei handelt es sich um eine erbliche neurodegenerative Erkrankung, die zu Bewegungsstörungen führt.
Laut Professor Höhfeld unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung von Krafttraining für ein gesundes Altern. Sie stünden auch im Einklang mit den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation, die für Menschen ab 65 Jahren zwei Ganzkörper-Krafttrainingseinheiten pro Woche auf anspruchsvollem Niveau empfiehlt.
Der Zellbiologe erwähnte auch eine frühere Studie, an der er beteiligt war. Sie erschien im Jahr 2015 in der Zeitschrift „Autophagy“. Demnach reicht Ausdauertraining nicht aus, um das BAG3-Erhaltungssystem in den Muskeln zu aktivieren. Erst Widerstandstraining aktiviere BAG3 und ermögliche es dem Protein, zelluläre Abfälle effizient zu erkennen und zu entsorgen, so Professor Höhfeld.
BAG3 und sein Einfluss auf die Herzgesundheit
Krankhafte BAG3-Varianten sind auch eine seltene Ursache der erblichen dilatativen Kardiomyopathie (DCM), sagte Dr. Bani Azari gegenüber Epoch Times. Sie ist medizinische Leiterin des Programms für Herzgenetik, Genomik und Präzisionsmedizin beim Gesundheitsnetzwerk Northwell Health im US-Bundesstaat New York. Die Erkrankung tritt bei etwa 2 bis 5 Prozent der Patienten mit genetischen Risikofaktoren für DCM auf. Sie führt dazu, dass die Hauptpumpkammer des Herzens immer größer und schwächer wird. Dadurch ist das Herz immer weniger in der Lage, das Blut effektiv zu pumpen, was schließlich zu einer Herzinsuffizienz führt.
Doch wann die BAG3-bezogene DCM einsetzt, sei jedoch von Familienmitglied zu Familienmitglied unterschiedlich – selbst bei gleichem genetischen Befund, so Dr. Azari. So hätten einige Familienmitglieder eine früh einsetzende DCM, während andere eine später einsetzende, milde Form der Erkrankung hätten.
„Das deutet darauf hin, dass es Umweltfaktoren gibt, die zur phänotypischen [Anm. d. Red: Gesamtheit aller Merkmale] Entwicklung von BAG3-DCM beitragen“, sagt sie. Es handele sich um eine fortschreitende Erkrankung, die durch externe Lebensstilfaktoren beeinflusst werde.
Wie aus einer Übersichtsstudie aus dem Jahr 2022 hervorgeht, können Lebensstilfaktoren dazu führen, dass Krankheiten früher auftreten, obwohl sie zumindest bis ins mittlere oder hohe Alter keine Auffälligkeiten zeigen. Zu den Lebensstilfaktoren gehören unter anderem ungesunde Ernährung, Alkoholkonsum, Rauchen, Drogenmissbrauch und Bewegungsmangel.
Dr. Azari ist überzeugt, dass diese Ergebnisse in Zukunft dazu beitragen können, Therapien und Studien zu entwickeln. „Es ist sehr spannend, über die Möglichkeiten einer molekularen Modulation der BAG3-Phosphoschalter nachzudenken, um BAG3-DCM gezielt zu verhindern oder zu behandeln“, sagt sie.
Konsequenzen für die Zukunft und weitere Forschung
Das Forschungsteam arbeitet mit Professorin Dr. Maja Köhn, Chemikerin und Zellbiologin an der Universität Freiburg, zusammen, um spezifische Phosphatasen zu identifizieren. Dabei handelt es sich um Enzyme, die für das reibungslose Funktionieren von Zellen unerlässlich sind. Außerdem können sie die Aktivierung von BAG3 verstärken, was möglicherweise zur Entwicklung von Medikamenten gegen Muskel- und Nervenerkrankungen beitragen könnte.
Diese Erkenntnisse könnten auch für die Raumfahrt von Bedeutung sein. So hat die Deutsche Raumfahrtagentur Studien zur mechanischen Aktivierung von BAG3 finanziert. Damit soll Astronauten geholfen werden, die in der Schwerelosigkeit an Muskelschwund leiden.
Ferner sind die Wissenschaftler zuversichtlich, dass ihre Erkenntnisse zu neuen Therapien beitragen, die nicht nur bei Herzschwäche und Nervenerkrankungen, sondern auch bei Krebs helfen könnten. „Auch über die Rolle von BAG3 bei Krebs gibt es eine umfangreiche Literatur“, sagt Professor Höhfeld. „Mechanische Kräfte sind wichtig für die Entwicklung von Tumorzellen. Es ist daher zu vermuten, dass die Fähigkeit von BAG3, auf mechanische Kräfte zu reagieren und den Proteinabbau zu stimulieren, auch in Krebszellen von Bedeutung ist.“
Obwohl sich die Forschung noch in einem frühen Stadium befindet, ist Dr. Azari optimistisch, was die zukünftigen Entwicklungen angeht. „Ich bin gespannt, was wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren entwickeln können“, sagte sie.
Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel „Strength Training Stimulates Removal of Harmful Waste to Boost Health: Study“. (redaktionelle Bearbeitung as)
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