Wenn plötzlich ein Mega-Solarpark fehlt: Leistung von Solarmodulen oft zu hoch angegeben

Das Fraunhofer-Institut hat herausgefunden, dass die Hersteller von Solarmodulen in den letzten Jahren fast immer zu hohe Werte angegeben haben. Die Diskrepanz entsprach 2024 einem der größten Solarparks in Deutschland, hat aber auch Auswirkung auf Balkonkraftwerke. Was bedeutet das für die Anlagenbetreiber?
Die tatsächliche Leistung von Solarmodulen ist nicht immer zu 100 Prozent korrekt.
Die tatsächliche Leistung von Solarmodulen ist nicht immer zu 100 Prozent korrekt.Foto: sl-f/iStock
Von 23. März 2025

Die Leistungsangaben der Hersteller von Solarmodulen entsprechen nur selten dem tatsächlichen, messbaren Maximalwert. Diese Abweichung war im vergangenen Jahr größer als der zweitgrößte Mega-Solarpark des Landes – gemessen am Solar-Zubau.

Das fand das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE heraus. Seit 2012 werten die Forscher über 70.000 Leistungsmessungen an Photovoltaik(PV)-Modulen aus. Dabei stellten sie fest, dass die im Mittel gemessene Leistung der Module seit 2018 geringer ist als die Nennleistungsangabe der Modulhersteller. Es herrscht somit eine negative Diskrepanz dieser beiden Werte.

Die Wissenschaftler des CalLab PV Modules des Fraunhofer ISE analysierten 1.034 der gesammelten Leistungsmessungen, die von Solarmodulen auf Basis von monokristallinem Silizium unter standardisierten Bedingungen erstellt wurden.

Vom Positiven ins Negative

Von 2013 bis Mitte 2017 war es allerdings noch genau umgekehrt. In diesem Zeitraum lagen die im Labor gemessenen Leistungswerte im Mittel über dem, was die Hersteller versprochen haben. Der Median ist der Wert, der genau in der Mitte von einer Datenreihe liegt. Der Durchschnitt, also der rechnerische Mittelwert, befand sich von 2015 bis Mitte 2017 im positiven Bereich.

Im Jahr 2016 lag der Unterschied zwischen den Leistungsangaben des Herstellers und der gemessenen Leistung im Labor des Instituts laut diesem bei durchschnittlich 0,6 Prozent.

„Seitdem zeigen die Daten einen negativen Trend“, sagte Daniel Phillip, Leiter der Abteilung Modulcharakterisierung und Zuverlässigkeit am Fraunhofer ISE. Dieser Negativtrend zeichnete sich vor allem in den Jahren 2020 bis 2023 ab. „Für das Jahr 2023 gipfelte das in einer negativen Abweichung zwischen der Herstellerangabe und unserer Überprüfung von etwa 1,3 Prozent. Eine positive Abweichung wurde so gut wie nicht mehr beobachtet“, fuhr Phillip fort.

Bis zum Jahr 2016 wurde im Labor des Fraunhofer ISE im Durchschnitt mehr Leistung gemessen als vom Hersteller versprochen. Seither ist ein negativer Trend zu erkennen, der sich insbesondere in den Jahren 2020 bis 2023 abzeichnet. Foto: Fraunhofer ISE

Neueste Daten im Jahr 2024 zeigen einen minimalen Rückgang der Abweichung. „Im Jahr 2024 beobachten wir eine leichte Trendwende, aber immer noch im Mittel starke negative Abweichungen von 1,2 Prozent“, erklärte Phillip.

Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Herstellerfirmen die Tendenz zu „optimistischen“ Leistungsangaben als Problem erkannt haben, so das Institut.

Wie viel sind 1,2 Prozent?

Zwar klingt ein Unterschied von 1,2 Prozent zunächst nach sehr wenig. Phillip schilderte jedoch anhand des deutschen Photovoltaik-Zubaus vom vergangenen Jahr, was das bedeutet. Er sagte:

„Wenn wir davon ausgehen, dass unsere Daten repräsentativ für den deutschen Installationsmarkt sind, entspricht eine durchschnittliche Minderleistung von 1,2 Prozent bei einem Zubau von 16,2 Gigawatt im Jahr 2024 einer Gesamtleistung von etwa 195 Megawatt.“

Dies entspricht etwas mehr als der Nennleistung des aktuell zweitgrößten Solarparks in Deutschland, dem Solarpark Weesow-Willmersdorf in Brandenburg, mit 187 MW installierter Leistung.

Hierbei ist zu beachten, dass die 1,2 Prozent Abweichung den Mittelwert darstellte. 80 Prozent der gemessenen Module lagen dabei in einem Bereich zwischen null und minus 2,6 Prozent Abweichung. Eine Anfrage der Epoch Times bezüglich der maximalen Abweichungen blieb bis zur Veröffentlichung des Artikels unbeantwortet.

Bedeutend auch für kleine Anlagen

Allerdings kann diese Abweichung der Werte auch für kleinere Anlagen ausschlaggebend sein – insbesondere, wenn es um die Einhaltung von Leistungsgrenzwerten geht. Beliebt sind beispielsweise Balkonkraftwerke. Seit Mai 2024 darf ihre Nennleistung 800 Watt betragen.

Wer für seinen Balkon nun zwei handelsübliche Module mit je 405 Watt wählt, landet bei 810 Watt, was über dem Grenzwert liegt und meldepflichtig wäre. Wenn die tatsächliche Leistung der Module aber 1,3 Prozent niedriger ist als die Herstellerangabe, würde das Balkonkraftwerk plötzlich nur noch 799,47 Watt Nennleistung haben. Eine Anmeldung wäre somit hinfällig.

Größere Anlagen auf Dächern von Wohnhäusern haben meist eine Gesamtnennleistung von 10 Kilowatt (kW). Zieht man hiervon 1,2 Prozent ab, blieben noch 9,88 kW übrig. Liegt die Diskrepanz bei 2,6 Prozent, sinkt die Nennleistung auf 9,74 kW.

Interessant wird es auch bei einer Anlagengröße von 30 kW. Liegt die Nennleistung der Anlage darunter, ist sie von sämtlichen Steuern befreit. Wenn eine Anlage nach den Herstellerangaben 30,3 kW hätte und die tatsächlichen Maximalwerte der Module im Schnitt 1,2 Prozent niedriger liegen würden, hätte die Anlage nur noch 29,94 kW. Das könnte die finanzielle Bilanz maßgeblich verändern.

Entscheidend wären ebenfalls die kW-Grenzen, bei denen sich die Einspeisevergütungen für Solaranlagen ändern. Die Preisgrenzen liegen hierfür bei 10 kW, 40 kW und 100 kW.

Für Privatleute ist es allerdings äußerst schwierig, die tatsächliche Nennleistung von Solarmodulen zu ermitteln. Um diese zu erhalten, muss das Modul bestimmten Laborbedingungen ausgesetzt sein. Das Fraunhofer-Institut hat auf Anfrage der Epoch Times hin nicht mitgeteilt, welche Hersteller wie abgeschnitten haben.

Qualitätsprüfung von Solarmodulen wichtig

„Die Erkenntnisse machen auch deutlich, wie wichtig eine verlässliche, kontinuierliche und unabhängige Infrastruktur zur Qualitätsüberprüfung von PV-Modulen ist“, sagte Andreas Bett, Institutsleiter am Fraunhofer ISE. „Gerade auch dann, wenn für den deutschen und europäischen PV-Markt eine über 90-prozentige Importabhängigkeit bei den PV-Komponenten vorliegt.“

Die Daten wurden laut dem Institut für die Auswertung nach geeigneten Kriterien gefiltert. Zunächst entfernten die Wissenschaftler unbeständige Daten, beispielsweise Module ohne Seriennummer, Typenbezeichnung, defekte Module und Module ohne Nominalwert.

Danach seien weitere Filter angewendet worden, die statistische Verzerrungen zum Beispiel aufgrund der unterschiedlichen Prüfmusteranzahl je Messkampagne des gleichen Projekts und Typs ausschließen und sicherstellen, dass nur Messdaten von neuwertigen Modulen in die Auswertung flossen.



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