Streit um Zurückweisungen – Söder: „Wir müssen auch an die Einheimischen denken und nicht nur immer an ganz Europa“
Im Unionsstreit um die Flüchtlingspolitik ist auch nach dem Krisentreffen im Kanzleramt kein Kompromiss absehbar.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) pochte am Donnerstag darauf, bestimmte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Er lehnte es ab, zuerst über europäische Lösungen zu verhandeln, wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) befürwortet.
„Wir sollten jetzt rasch umsetzen die Regelung der Zurückweisung an der Grenze“, sagte Söder in Berlin. „Wir müssen auch an die einheimische Bevölkerung denken und nicht nur immer an ganz Europa.“ Deutschland müsse jetzt vorangehen und nicht auf mögliche europäische Lösungen warten.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will bereits in anderen EU-Staaten registrierte Asylbewerber an der deutschen Grenze zurückweisen können. Merkel pocht auf europäische Lösungen und lehnt nationale Alleingänge ab.
Die beiden kamen am Mittwochabend zu einem Krisengespräch im Kanzleramt zusammen. Bei dem Treffen hatte Merkel nach Informationen der „Bild“-Zeitung angeboten, bis zum nächsten EU-Gipfel in zwei Wochen Abkommen mit allen Ländern, besonders im Mittelmeer-Raum, zu vereinbaren, in die Migranten zurückgeschickt werden könnten.
Die CSU habe „kein Vertrauen“ und auch „keine Überzeugung, dass es reichen wird, jetzt in zwei Wochen etwas zu erreichen, was drei Jahre nicht möglich war“, sagte Söder. „Wenn es mal eine europäische Regelung gäbe, dann kann man ja wieder überlegen, ob man die deutsche Regelung aussetzt, aber jetzt muss erstmal Deutschland vorangehen.“
Laschet stellt sich im Asylstreit hinter Kanzlerin Merkel
Unterdessen hat sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) eine europäische Lösung angemahnt und sich hinter Merkel gestellt.
Wenn bereits in anderen EU-Staaten registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze abgewiesen werden, könne das dazu führen, „dass am Ende das ganze System unkontrollierbar wird“, sagte Laschet am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“. Er forderte im Streit zwischen Merkel und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eine „maximale Sachlösung“.
„Dieses Personalisierungen und diese Dramatik, die da hineingelegt wird, ist unangemessen“, warnte Laschet. Das eigentliche Ziel sei doch, wie verhindert werde, dass jemand, der nicht schutzbedürftig sei, nach Deutschland komme. „Wenn Merkel für eine europäische Lösung eintritt, dann hat sie meine Unterstützung“, sagte Laschet.
Laschet warnte vor einem „Schnellschuss“. Wenn jeder, der in einem anderen Land wie Griechenland registriert werde, an der deutschen Grenze zurückgewiesen werde, dann sei zu befürchten, dass diese Länder dann gar nicht mehr registrieren. Das müsse vielmehr auf europäischer Ebene abgestimmt werden.
CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer pochte am Mittwochabend im ZDF-„heute journal“ auf eine europäische Lösung. Es gebe die Chance, bilaterale Abkommen mit EU-Ländern wie Griechenland oder Italien zu schließen, die „das gleiche Ziel erreichen, das die CSU auch hat“, sagte Kramp-Karrenbauer in Bezug auf Rückweisungen an der Grenze.
„Es gibt solche Vereinbarungen etwa zwischen Frankreich und Italien“, fügte die Merkel-Vertraute hinzu. Auf dieser Grundlage weise Frankreich Flüchtlinge an der Grenze zurück. Sie sehe „durchaus die Chance, zumindest alle Notwendigkeit, dass man versuchen soll, diese Möglichkeit auszuloten, bevor man auf nationale Alleingänge setzt“, mahnte Kramp-Karrenbauer.
Dies könnte eine europäische Lösung sein, „mit den relevanten Ländern, in einer Achse, wie immer man die nennt, über solche Vereinbarungen zu arbeiten“, fügte die CDU-Generalsekretärin hinzu.
Seehofer erhielt für seine Position unterdessen weitere Rückendeckung aus der CDU. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte der „Bild“-Zeitung vom Donnerstag: „Wir müssen wieder dazu kommen, dass das eigentliche Verfahren gilt: Wer aus einem sicheren Drittstaat einreist, der muss dahin zurückgehen.“ Er halte es „für eine Selbstverständlichkeit, dass an den Grenzen zurückgewiesen wird“, sagte Kretschmer.
Thüringens CDU-Chef Mike Mohring sagte der Zeitung, jeder solle dort sein Asylverfahren bekommen, wo er in der Europäischen Union ankomme. Deshalb sei Seehofers Vorschlag „richtig“. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) betonte, in der EU registrierte Flüchtlinge sollten prinzipiell nicht mehr auf die Bundesländer verteilt werden. „Dazu bedarf es grenznaher Bearbeitungszentren, in denen geprüft, entschieden und auch zurückgewiesen wird.“
Bremens CDU-Chef Jörg Kastendiek sagte der „Bild“-Zeitung, man warte seit zwei Jahren vergeblich auf eine europäische Lösung. „Wenn es so weiter geht, verlieren wir die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung zu diesem Thema.“ (afp/dpa)
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