Russland gibt Gas: Exporte in die EU steigen wieder

Die EU kommt nicht von russischem Erdgas weg. Im Gegenteil: Seit September 2022 ist die Importmenge des fossilen Energieträgers deutlich angestiegen. Wo liegen die Schlupflöcher?
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Die EU bezieht wieder größere Mengen Erdgas aus Russland.Foto: NiseriN/iStock
Von 16. Juli 2024

Nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine im Februar 2022 hat die Europäischen Union beschlossen, Erdgaslieferungen aus Russland so weit wie möglich zu boykottieren. Die Gaslieferungen ganz auf null zu fahren und damit unabhängig von russischem Gas zu werden, gelang der EU allerdings bisher nicht.

Vielmehr scheinen die Importe aus Russland derzeit wieder anzusteigen. So importierte die EU im Mai 2024 rund 30 Prozent mehr Erdgas aus Russland als im September 2022, wie das „Handelsblatt“  in seiner Dienstagsausgabe berichtete.

Tiefpunkt der Importe verlassen?

Im Mai 2021 lagen die Importe noch bei rund 15 Milliarden Kubikmetern. Nach Beginn des russischen Einmarschs in das Nachbarland sank die monatliche Importmenge bis September 2022 auf 3,7 Milliarden Kubikmeter. Das entspricht einem Rückgang von mehr als 75 Prozent.

Gegenüber diesem Wert ist bis Mai 2024 ein signifikanter Anstieg der monatlichen Importe auf 4,8 Milliarden Kubikmeter zu verzeichnen – ein Plus von knapp 30 Prozent.

Monatliche Gasliefermenge von Russland an die EU.
Foto: mf/Epoch Times; Daten: Handelsblatt, ICIS

Schlupfloch LNG …

Gas aus Russland gelangt entweder als Flüssigerdgas (LNG) per Schiff oder über die Pipeline TurkStream oder über die Ukraine in die EU.

Die LNG-Importe stiegen im Frühjahr 2024 um fast 40 Prozent an im Vergleich zum September 2022. Die EU erweiterte ihre LNG-Importkapazitäten im Jahr 2023 um 17 Prozent.

Es gibt keine EU-Sanktionen gegen den Import von russischem Flüssigerdgas. Ende Juni 2024 verbot die EU lediglich die Nutzung von EU-Häfen für die Umladung von russischem LNG. Russland arbeitet nun an einem eigenen Umladeterminal in Murmansk.

… will die EU schließen

Erst am 20. Juni haben sich die EU-Staaten auf ein neues Sanktionspaket gegen Russland geeinigt. Die EU-Kommission will mit dem Paket „die Wirkung bestehender Sanktionen durch die Schließung von Schlupflöchern“ maximieren, hieß es aus Brüssel. Ziel sei auch die russische Flüssiggasindustrie.

Hintergrund dieses Beschlusses sind die Hinweise, dass Russland weiterhin große Mengen an Rohöl und Erdgas über eine Schattenflotte auf dem Weltmarkt absetzte. So prüft Dänemark, die Durchfahrt maroder Tanker mit russischem Öl durch die Ostsee einzudämmen.

Felix Banaszak, Bundestagsabgeordneter der Grünen, äußerte jedoch Zweifel, ob die Vorhaben der EU realisierbar sind. „Wir geben viele Milliarden Euro an öffentlichen Geldern für eine üppige LNG-Importinfrastruktur aus, um uns von russischem Gas unabhängig zu machen“, sagte er gegenüber dem „Handelsblatt“. „Trotzdem steigen die Importe aus Russland. Und Europa bringt damit Geld in Putins Kriegskasse. Das passt nicht zusammen.“ Die Bundesregierung sollte sich für strikte Sanktionen gegen russisches Gas einsetzen.

Auch der Energieexperte Andreas Schröder vom Analyseinstitut ICIS zeigte sich „skeptisch mit Blick auf die Wirksamkeit der EU-Sanktionen“. Wie Schröder dem „Handelsblatt“ mitteilte, würden lediglich 25 Prozent der LNG-Lieferungen aus Russland nach Europa dort umgeladen und außerhalb der EU weitertransportiert. Die restlichen 75 Prozent verbrauche die EU selbst. Dieser größere Teil sei nicht von Sanktionen betroffen.

Manche EU-Staaten wie Österreich haben längerfristige Importverträge mit Russland. Weitere direkte Abnehmer von russischem Gas sind die Slowakei, Tschechien und Ungarn.

40 Milliarden Euro für Russland

Der Anteil der aus Russland kommenden Gaslieferungen lag in der EU-Bilanz im ersten Quartal dieses Jahres bei 18 Prozent. Für Russland bedeutet das weiterhin konstante Einnahmen. Die Organisation Centre for Research on Energy and Clean Air (Zentrum für Energie- und Luftreinheitsforschung, CREA) überwacht, welche Geldbeträge bei diesem Handel von der EU an Russland fließen.

CREA stellte laut „Handelsblatt“ fest, dass diese Summe zwischen September 2022 und Mitte 2023 zunächst deutlich sank. Ein Grund dafür waren die gefallenen Gaspreise. Doch in den vergangenen Monaten haben die Ausgaben der EU-Länder hierfür wieder zugenommen: Allein im Mai 2024 waren es 1,5 Milliarden Euro.

Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 hat die EU insgesamt rund 40 Milliarden Euro für Gasexporte an Russland überwiesen.

Die EU-Kommission ist überzeugt, dass Russland mit diesem Geld die Militäraktionen in der Ukraine finanziert.

Allerdings ist zu bedenken, dass in den Jahren vor dem Angriff auf die Ukraine die EU-Überweisungen für Russland-Gas aufgrund der deutlich höheren Importmengen entsprechend umfangreicher waren. Gleichzeitig ist die EU derzeit nicht der einzige Großabnehmer von Erdgas aus russischer Sicht.

(Mit Material von dts)



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