Rätsel um baldiges Gas-Aus in Augsburg: Stadtwerke korrigieren Medienberichte
Bereits im vergangenen Jahr sorgte die Bundesregierung bei der Bevölkerung mit der Debatte um das Heizungsgesetz für Verunsicherung. Nun scheint sich Ähnliches mit einem Ideenpapier von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu wiederholen. Das sogenannte Green Paper aus dem Wirtschaftsministerium behandelt den Rückbau des deutschen Gasnetzes.
In den vergangenen Tagen berichteten mehrere Medien darüber, dass Augsburg sein Gasnetz bis zum Jahr 2035 stilllegen wolle. Davon wären rund 57 Prozent der Haushalte in der bayerischen Großstadt betroffen. So viele heizten laut der „Augsburger Allgemeinen“ vor rund einem Jahr mit Erdgas. Manche davon haben sich erst kürzlich eine neue Gasheizung zugelegt.
Gasnetz wird nicht zurückgebaut – vorerst
Als Reaktion auf die Berichterstattung haben die Stadtwerke Augsburg (swa Netze GmbH) in einer Pressemitteilung am 9. April dazu Stellung genommen:
Die Gasversorgung in Augsburg bleibt im Rahmen der gesetzlichen Regelungen auch weiterhin gesichert. Es ist derzeit auch kein Rückbau des Gasnetzes geplant.“
Die Medienartikel, die eine großflächige Stilllegung des Gasnetzes in Augsburg in rund zehn Jahren beschrieben, bezeichneten die swa als „teilweise irreführend“. Auch Pressesprecher Jürgen Fergg bestätigte auf Nachfrage von „BR24“: „Wir legen das Gasnetz in Augsburg nicht still, schon gar nicht bis in zehn Jahren und wir bauen es natürlich auch nicht zurück.“
Die drittgrößte Stadt Bayerns habe eine differenzierte Wärmestrategie, die sich an der sogenannten Klimaneutralität orientiere. Das Ziel, dies zu erreichen, sei bereits gesetzt. Der CSU-regierte Freistaat hat sich gesetzlich verpflichtet, dies ab 2040 zu erreichen, der Bund ab 2045 und die EU ab 2050.
Im Klartext bedeutet dies aber doch ein Gas-Aus. Denn „nach geltendem Recht“ darf ab 2040 in Bayern „keine Heizung mehr mit Erdgas betrieben werden“. Somit kommt das Gas-Aus in Augsburg nicht in zehn, sondern in rund 15 Jahren.
Swa-Vertriebsleiter Ulrich Längle erklärte hierzu: „Wir wünschen uns von der Politik für die Verbraucher klare und ehrliche Aussagen, wie diese selbst gesteckten Klimaziele erreicht werden sollen.“ Das Ziel sei es, den Kunden in Augsburg eine Wärmeversorgung ohne fossile Energieträger bereitzustellen.
Augsburg favorisiert Fernwärme
Die swa verkündeten gleichzeitig, dass sie „die Fernwärme als alternative Wärmeversorgung massiv ausbaut“. Daher ist sie motiviert, ihre Versorgungsinfrastruktur zu modernisieren. Bis wann oder in welchen Mengen alternative Gase wie Wasserstoff oder Biogas für die breite Wärmeversorgung bereitstehen, sei derzeit jedoch nicht absehbar.
Trotz dieser Ungewissheit bereiten die swa ihr Gasnetz in Teilen auf mögliche alternative und flüchtigere Gase vor. Allerdings gebe es Unsicherheiten. In der Pressemitteilung heißt es:
Es wird jedoch bezweifelt, dass sich damit in absehbarer Zeit der allgemeine Wärmebedarf decken lässt.“
Deshalb setze die Fuggerstadt, welche von einer Koalition aus CSU und Grünen regiert wird, vorwiegend auf Fern- und Nahwärme bei der künftigen Wärmeversorgung. Rund eine Milliarde Euro würden die swa bis 2040 in den Ausbau der Technologie in Augsburg investieren, in die Erweiterung des Netzes, aber auch in neue regenerative Erzeugungsanlagen oder die Nutzung von Abwärme.
Im Januar planten die Stadtwerke, in diesem Jahr ihr bestehendes 195 Kilometer langes Fernwärmenetz um weitere 15 Leitungskilometer zu erweitern. Bisher haben die swa bis zu 680 Millionen Kilowattstunden (kWh) an ihre Kunden geliefert. Das entspreche einer Versorgung von rund 35.000 Haushalten und decke rund 20 Prozent des Wärmebedarfs der Stadt ab.
Die Fernwärme in Augsburg kommt primär von einem Heizkraftwerk, einem Biomasse-Heizkraftwerk und einer Gasturbine. Ergänzend unterstützen zwei Heizwerke und eine Müllverbrennungsanlage das Wärmenetz.
Heimlicher Umstieg per Gesetz?
Das Fernwärmenetz soll künftig auf viele weitere Stadtgebiete ausgeweitet werden. Dort informieren die swa bereits seit vier Jahren große Wärmeverbraucher wie Industrie, Gewerbe oder große Wohnanlagen. Die Stadtwerke teilten inzwischen schon 200 potenziellen Neukunden mit, dass dort in einem Zeitraum von etwa zehn Jahren Fernwärme verfügbar sein werde.
Falls dort die Erneuerung einer bestehenden Heizungsanlage anstehe, sollte der Anlagenbesitzer – nach Empfehlung der swa – einen Anschluss an das Fernwärmenetz erwägen. Als Argument erwähnen die Stadtwerke das genannte Erdgasverbot ab 2040 im Freistaat.
Falls sich die Verbraucher für einen Fernwärmeanschluss entscheiden, planen die swa, in diesem Bereich in das Erdgasnetz nicht weiter zu investieren. Inwieweit in Zukunft Wasserstoff – beispielsweise für die Industrie – über das Erdgasnetz transportiert werden wird, stehe derzeit noch nicht fest.
„Wir bieten mit der Fernwärme eine Alternative zu Erdgas“, so Vertriebsleiter Längle. „Und dort, wo wir das Angebot machen, wird es fast ausschließlich dankend angenommen.“ Schließlich sei mit der Energiekrise die Nachfrage nach Fernwärme bei der swa um 2.000 Prozent gestiegen.
Ausbau auch in anderen Städten
In anderen bayerischen Städten ist der Ausbau der Fernwärme stärker vorangeschritten. Beispielsweise sind in Kempten im Allgäu bereits über 17.000 Haushalte am lokalen Fernwärmenetz. Die an die Verbraucher transportierte Wärme ist hier die Abwärme aus einem Müll- und einem Holzheizkraftwerk. Diese ersetzen laut Angaben des Betreibers Erdgas im Volumen von 31 Millionen Kubikmeter.
Auch in Dillingen, rund 40 Kilometer nordwestlich von Augsburg, wird das Fernwärmenetz ausgebaut. In manchen Stadtteilen heizen die Verbraucher bereits seit 2008 mit Fernwärme. Die derzeit neu verlegten Leitungen sollen umgerechnet weitere 250 Einfamilienhäuser mit Wärme versorgen können.
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