Prognose zur EU-Wahl: SPD stürzt auf zehn Prozent ab – und verliert Mehrheiten selbst in Hochburgen
Am 9. Juni stehen die nächsten EU-Wahlen auf dem Programm. Das Institut „Wahlkreisprognose“ hat am Donnerstag, 7. Dezember, seine aktuelle Analyse vorgestellt – und diese muss vor allem bei der SPD die Alarmglocken schrillen lassen. Auch wenn der Trend zur EU-Wahl nicht 1:1 mit jenem zur Bundestagswahl gleichzusetzen ist, sind die Sozialdemokraten die großen Verlierer.
EU-Wahl würde Absturz für die SPD bringen
Nach derzeitigem Stand kann die Kanzlerpartei bei der EU-Wahl nur noch mit zehn Prozent der deutschlandweiten Stimmen rechnen. Bei der Bundestagswahl war die SPD – wenn auch mit lediglich 25,7 Prozent – noch stimmenstärkste Kraft gewesen.
Was der Partei noch größeres Kopfzerbrechen bereiten muss: Nach den Berechnungen des Instituts wären die Sozialdemokraten nicht einmal in ihren einstmals unangefochtenen Hochburgen mehrheitsfähig. Selbst in früheren 60-Prozent-Regionen wie Aurich oder Duisburg liegen sie Kopf an Kopf mit der AfD – mit leichten Vorteilen für die Rechten. In Städten wie Dortmund oder München lägen sie nach derzeitigem Stand hinter der Union.
Ob auch bei der Bundestagswahl die Direktmandate in Gefahr wären, ist ungewiss. „Wahlkreisprognose“ bricht bundesweite Trends nach einem auf Erfahrungen aufgebauten Schlüssel auf Gebietsebene herunter. Die Gebiete sind nicht deckungsgleich mit den 299 Erststimmenkreisen zur Bundestagswahl. Aspekte wie der Persönlichkeitsfaktor von Kandidaten vor Ort kommen bei der Analyse nicht zum Tragen. Bei der EU-Wahl spielen diese jedoch auch kaum eine Rolle.
SPD in keinem Stimmkreis mehr in der Mehrheit
Bereits im Juli hatte INSA angedeutet, dass die AfD in einigen der bislang unangefochtenen SPD-Hochburgen des Ruhrgebiets Direktmandate zur Bundestagswahl holen könnte. Die Rede war dabei von Duisburg und Gelsenkirchen.
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Mittlerweile würde die SPD bei der EU-Wahl laut „Wahlkreisprognose“ in keinem einzigen der 449 ausgewerteten Gebiete mehr eine Mehrheit erzielen. Zur vorangegangenen Erhebung im Sommer hatten die Sozialdemokraten immerhin noch in 37 Gebieten die relative Mehrheit verteidigt. Bei der Bundestagswahl waren es noch 210. In 131 davon liegt jetzt die Union voran, in 77 die AfD und zwei gingen an die Grünen.
Die großen Gewinner der vergangenen Monate wären CDU und CSU. Sie liegen derzeit in 321 Gebieten an der Spitze – ein Plus von 112. Die AfD läge in 109 Gebieten voran gegenüber 140 im Juli. Die Grünen verlieren zahlreiche Mehrheiten an die Union, darunter in Gebieten wie München-Schwabing, Lüchow-Dannenberg oder Göttingen.
Union käme bei der EU-Wahl insgesamt auf 31 Prozent
Im Juli hatte „Wahlkreisprognose“ auch nach einer möglichen Sahra-Wagenknecht-Partei gefragt. Diese hätte in zehn Gebieten eine Mehrheit erreichen können – mittlerweile sieht das Institut das angekündigte BSW in keinem mehr auf Platz 1. Auch bundesweit könnte die neue Partei nur noch mit sieben statt 8,5 Prozent rechnen.
Insgesamt käme die AfD der Erhebung zufolge bei der EU-Wahl auf 25 Prozent, was einem Plus von drei Prozentpunkten gegenüber Juli entspricht. Knapp dahinter liegt die CDU mit 24,5 (plus 6,5). Die CSU käme auf 6,5 Prozent und wäre mit einem Plus von 1,5 wieder deutlich über der Fünf-Prozent-Hürde.
Die Grünen würden von mehr als 20 Prozent im „Fridays for Future“-Jahr 2019 auf 12 Prozent abstürzen. Die damalige „Zerstörung der CDU“ durch Social-Media-Influencer scheint nicht von Dauer gewesen zu sein. Viele der damaligen Jungwähler könnte der Realitätsschock einer invasiven Klimapolitik eingeholt haben.
Strack-Zimmermann zieht ähnlich viele Stimmen an wie Carola Rackete
Hinter SPD, BSW und CSU würden „Wahlkreisprognose“ zufolge Linkspartei und FDP mit jeweils drei Prozent landen. Da bei der EU-Wahl keine Sperrklausel gilt, würden sich beide drei bis vier Mandate erhoffen können. Allerdings würden die Zahlen auch bedeuten, dass FDP-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nicht mehr an Stimmen mobilisieren könnte als Kapitänin Carola Rackete.
Der Durchbruch der Freien Wähler auf Bundesebene würde jedoch auch bis auf Weiteres ausbleiben. Sie kämen nur auf 2,5 Prozent – einen halben Prozentpunkt mehr als die Tierschutzpartei. Als am stärksten hervorstechenden Trend betrachtet „Wahlkreisprognose“ dennoch den massiven Absturz der Sozialdemokratie:
„Bei keiner anderen Partei sind die Einbrüche so ausgeprägt wie bei ihr: Fast 80 Prozent der bisherigen Wähler haben sich von der SPD abgewandt. Die SPD kann nur noch 22 Prozent ihrer bisherigen Wähler von der Bundestagswahl 2021 mobilisieren.“
Weitere 22 Prozent der ehemaligen SPD-Wähler wanderten ins Lager der Nichtwähler ab – eine ähnliche Größenordnung wie bei Union, Grünen und Linken.
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