Widerstand gegen invasive Klimapolitik: Warum die gesellschaftliche Stimmung kippt

Das „Zentrum Liberale Moderne“ suchte nach Erklärungen dafür, dass invasiver Klimaschutz immer mehr auf Widerstand stößt. Minister Habeck sieht die spätmoderne Ego- und Leistungsgesellschaft als einen Faktor dafür.
Mit dem Klimaschutzprogramm 2023 sollen die Treibhausgasemissionen stark zurückgehen.
Wirtschaftsminister Robert Habeck. (Archivbild).Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Von 4. Dezember 2023

Ein Heimspiel hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Mittwoch, 29. November, in Berlin. Das „Zentrum Liberale Moderne“ hatte ihn neben Klimaaktivisten und Verbandsfunktionären zu einer „Internationalen Konferenz“ eingeladen. Der Anlass war indessen für die Veranstalter kein erfreulicher. So ging es, wie der Chef des Thinktanks, Ralf Fücks, beklagte, um Fragen wie:

„Warum ist die Stimmung in weiten Teilen der Gesellschaft gekippt? Warum weht uns jetzt der Wind ins Gesicht, wenn wir für ambitionierte Klimapolitik eintreten?“

Spannungsverhältnis zwischen Klima- und Haushaltsurteil

In seiner Rede erklärte Habeck, der Zweck von Klimaschutz sei Freiheit. Die „große Transformation“, die mit Klimaschutz verbunden sei, sei Ausdruck des „Vermögens der Vernunft, sich selbst Gesetze zu geben“.

Habeck stellte zwei auf den ersten Blick widersprüchliche Urteile des Bundesverfassungsgerichts in ein Spannungsverhältnis zwischen positiver und negativer Freiheit. Das jüngste Urteil zur Schuldenbremse sichere künftigen Generationen eine – negative – Freiheit von Schulden.

Demgegenüber ermögliche das Klima-Urteil von 2021 ihnen die positive Freiheit, „in der Zukunft lebenswerte Ökosphären-Verhältnisse vorzufinden“. Der Freiheitsgewinn bedeute Fortschritt, dieser Fortschritt realisiere Freiheit.

Habeck lobt Gewerkschaften für ihre „konstruktiven“ Proteste

Allerdings, so Habeck, gebe es in Deutschland einen immer größeren Unwillen zur Transformation. Die Krise sei nicht das Resultat eines Mangels an Dynamik oder Fortschritt, sondern eines Mangels an Vertrauen. Dieser hemme auch die Bereitschaft, Risiken einzugehen.

Die Individualisierung der vergangenen 30 Jahre zeige jetzt in schwierigen Zeiten ihre Kehrseite. In Zeiten einer Ego- und Leistungsgesellschaft werde Wohlstandsverlierern suggeriert, sie seien selbst schuld an ihrer Situation. Der darin zum Ausdruck kommende Mangel an Anerkennung bewirke Abstiegsängste, Wut und Verweigerung.

Deshalb sei die Wiederherstellung von Zukunftshoffnung etwas, das von „heilen Institutionen“ ausgehen müsse. Dort könnten Menschen ihre Ängste in einem geschützten Rahmen zum Ausdruck bringen – und am Ende könne eine gemeinsame Aktion für den Fortschritt stehen. Als Beispiel dafür nannte Habeck die Gewerkschaften. Diese hätten seine Rede vor Thyssen-Krupp-Beschäftigten zum „Grünen Stahl“ zwar mit Protest, aber auch konstruktiv begleitet.

Verbote als weiterer Weg zum „Fortschritt“

Es gehe aber auch nicht ohne das „ganz selbstverständliche“ Integrieren von Verboten. Habeck nannte als Beispiele die Glühlampe, das Rauchen in geschlossenen Räumen und die Züchtigung von Kindern. Mit dem Verweis auf die „schwäbische Hausfrau“ warb er zudem um eine Reform der Schuldenbremse:

„Selbst die schwäbische Hausfrau musste ihr Haus erst bauen, um Hausfrau zu werden. Das hat sie wahrscheinlich nicht mit Barmitteln gemacht, sondern mit Krediten.“

Von den übrigen Debattenteilnehmern kamen vorwiegend Selbstheroisierungen oder Durchhalteparolen. So erklärte Mirjam Herrmann von der „Letzten Generation“, ihre Aktionen seien vor dem Hintergrund der „Klimakatastrophe“ sogar „maßvoll“ – es werde ja „nichts in die Luft gejagt oder jemand entführt“.

Die „Aktivistin“ Maja Göpel erklärte bezüglich der Deindustrialisierung, es werde „schlechter, bevor es besser wird“. BDI-Vize Holger Lösch mahnte hingegen vor einem „nicht ausgeglichenen Ambitionsniveau“ im globalen Maßstab. Sei dieses in Europa zu hoch, wanderte die Industrie ab.

Klimaschutz am Ende doch nur säkularer Religionsersatz?

Weder bei Habeck noch während des Rests der Debatte ist hingegen eine Frage zur Sprache gekommen, die Kritiker grüner Politik gerne stellen. Diese wäre darauf gerichtet, ob die abnehmende Akzeptanz für den Klimaschutz nicht etwas mit dessen Funktion als Religionsersatz in einer areligiösen Gesellschaft zu tun haben könnte.

Auch in den Weltreligionen ist Freiheit nicht als schrankenlos gedacht, sondern in ein Gesamtkonzept eingebettet, das sie in ein Verhältnis zu Wahrheit und Gerechtigkeit setzt. Deren Quelle ist in Judentum, Christentum und Islam Gott – und die von diesem geschaffene Ordnung. Innerhalb dieser findet individuelle Freiheit ihre Schranken. Die Ordnung selbst ist als solche jedoch menschlicher Willkür entzogen.

In weltlichen Ideologien – wie auch der Ökologismus eine darstellt – erfolgt die Definition von Gerechtigkeit hingegen durch Konsens. Dieser wird entweder durch freie Vereinbarung innerhalb der Bevölkerung oder durch Zwang hergestellt. Die Autorität, auf deren Einschätzung von Wahrheit dieser sich stützt, ist im Regelfall eine Form von Wissenschaft.

Vor allem als ideologisiert wahrgenommene Wissenschaft stößt auf Skepsis

In der sogenannten Moderne hat diese sich jedoch nicht nur von überlieferten religiösen Grundlagen, sondern vielfach auch vom Willen zur Objektivität verabschiedet. Alle totalitären Regime konnten sich auf „wissenschaftliche“ Erkenntnisse stützen, die nicht zuletzt dadurch an Gewicht gewannen, dass entgegenlautende Stimmen zum Schweigen gebracht wurden.

Diese Erfahrung hat auch gegenüber der Wissenschaft Skepsis geweckt. Je mehr deren Forschungsergebnisse auch den Wahrnehmungen der alltäglichen Lebensrealität zuwiderlaufen, umso größer wird diese. Dies gilt vorrangig dort, wo bereits die Disziplinen selbst nicht als objektiv, sondern als ideologisch wahrgenommen werden – etwa im Bereich von „Gender“, „Feminism“ oder „Oppression Studies“.

Auch die Klimawissenschaft steht bei immer mehr Menschen im Verdacht, Gefälligkeitsergebnisse zu produzieren – sei es aus Überzeugung, sei es aus Konformismus oder Angst um Fördermittel. Wenn als zweifelhaft wahrgenommene Erkenntnisse wiederum zur Grundlage für Einschränkungen und Belastungen durch politische Maßnahmen werden, erreicht die Akzeptanz ihre Grenzen.

Habeck bei Anne Will: „Wirklichkeit ist eine andere geworden“

In der Sendung „Anne Will“ bekundete Robert Habeck, dass allein in den vergangenen Jahren „die Wirklichkeit eine andere geworden“ sei. Er sei bezüglich der Haushaltspolitik optimistisch, dass die Ampelparteien „auf einem guten Weg“ seien, sich zu einigen.

Immerhin sei es gelungen, die Haushaltssperre zum Teil zu überwinden. Dies zeige, dass das Bundesfinanzministerium das Vertrauen habe, dass die Bundesregierung in der Lage sei, dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts nachzukommen. Eine Sicherheit bezüglich einer Einigung konnte Habeck jedoch nicht geben.



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