Künftig 100 längere Stromabschaltungen pro Jahr: Westenergie-Chefin kritisiert Energiewende
In Deutschland werden immer mehr gewichtige Stimmen laut, die Kritik an der Energiewende üben. Erst kürzlich war es der baden-württembergische Netzbetreiber TransnetBW, der vor mangelnder Netzstabilität warnte. Kurz darauf zog der Bundesrechnungshof ein vernichtendes Zwischenfazit zur Energiepolitik der Ampelregierung.
Jetzt hat auch die Chefin des Netzbetreibers Westenergie, Katherina Reiche, in Düsseldorf mahnend den Finger Richtung Regierung in Berlin erhoben, wie die „Welt“ berichtete. Westenergie – mit Sitz in Essen – ist der größte Verteilnetzbetreiber in Deutschland. Reiche ist eine ehemalige Politikerin und war in der Vergangenheit für die CDU im Bundestag tätig. Später wurde sie zur Chefin des Stadtwerke-Verbandes VKU.
Ist das Kohle-Aus in sechs Jahren technisch möglich?
Vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung äußerte sie starke Zweifel an der von der Bundesregierung angepeilten frühzeitigen Abschaltung der deutschen Kohlekraftwerke. Die Ampelkoalition hatte sich darauf verständigt, den Kohleausstieg „idealerweise“ auf das Jahr 2030 vorzuziehen. Reiche warnte, dass dieses Vorhaben technisch gar nicht möglich sei, ohne die Sicherheit der inländischen Stromversorgung zu gefährden.
Westenergie prognostiziert auf Basis einer Simulation für Januar 2030 massive Versorgungslücken in Deutschland. Reiche machte auf mögliche Stromabschaltungen aufmerksam, die jeweils zwischen einer und zehn Stunden dauern könnten. Im Laufe eines Jahres könne es aufgrund fehlender Sonneneinstrahlung und fehlendem Wind bis zu hundertmal Phasen der Unterversorgung im Stromnetz geben. Dabei sei nicht auszuschließen, dass Abschaltungen bis zu 21 Stunden dauern könnte.
Laut Reiche sei solch ein Zustand für ein Industrieland wie Deutschland nicht hinnehmbar. Daher schlussfolgerte sie:
Es kann sein, dass wir den Kohleausstieg etwas verschieben müssen.“
Die Bundesnetzagentur hat im Dezember letzten Jahres mehreren Kraftwerksbetreibern untersagt, ihre Kohleblöcke vor dem 31. März 2031 stillzulegen. Somit scheint der Wunsch der Bundesregierung nach einem vorgezogenen Kohleausstieg im Jahr 2030 immer unwahrscheinlicher zu werden. Der Bundestag und der Bundesrat hatten im Juli 2022 den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis spätestens 2038 beschlossen.
Mehrere Billionen Euro für die Energiewende?
Zudem ermahnte Reiche die Politiker, keine übertriebene Klima-Angst in der Bevölkerung zu verbreiten. „Die Politik darf nicht den Eindruck erwecken, dass nach einem bestimmten Datum die Welt untergeht.“ Stattdessen forderte sie die Bundesregierung dazu auf, ihre „Panik-Rhetorik“ zu beenden.
Für eine erfolgreiche Energiewende benötigt es eine ausreichende Anzahl von Reservekraftwerken, die bei einer sogenannten Dunkelflaute einspringen, um den Strombedarf zu decken. Hier plant die Bundesregierung, Gaskraftwerke einzusetzen, die zukünftig mit Wasserstoff betrieben werden sollen. Die Ampel geht hier von einer notwendigen „Backup-Kapazität“ von zehn Gigawatt aus. Nach Ansicht des Bundesrechnungshofes wird diese Zielmarke jedoch nicht genügen.
Laut „Handelsblatt“ wären bei einem kompletten Kohleausstieg bis 2030 Gaskraftwerke mit bis zu 25 Gigawatt notwendig – zusätzlich zu den derzeit bestehenden. Das wären rund 50 große Kraftwerksblöcke. Aus Sicht des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft sind 25 Gigawatt allerdings zu wenig. Er empfiehlt hier eine installierte Leistung von „bis zu 40 Gigawatt“. Das wären dann schon rund 80 Kraftwerksblöcke.
Gleichzeitig müssen die Stromnetze ausgebaut werden. Der Bundesrechnungshof hat für den Netzausbau in den Jahren bis 2045 Kosten in Höhe von über 460 Milliarden Euro kalkuliert. Die Infrastruktur für die deutsche Energiewende hat also noch einen gewaltigen Finanzierungsbedarf.
Eine Analyse im Auftrag des britischen Beratungsunternehmens Cornwall Insights ermittelte, dass bis 2050 Investitionen von rund fünf Billionen Euro notwendig seien. Erst dann kann Deutschland seine angestrebte Klimaneutralität erreichen, so Westenergie-Chefin Reiche. Sie verwies dabei auf die Zahlen des Prognoseinstituts und der bundeseigenen KfW-Bank. Der Großteil der Ausgaben entfalle dabei auf die Sektoren Mobilität, Industrie und Energie. Mit dieser Investitionssumme ist der zukünftig höhere Strombedarf durch eine mögliche Zunahme von Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen berücksichtigt.
Verarmt Deutschland durch die Energiewende?
Der Kernenergietechniker Manfred Haferburg war entsetzt über die von Cornwall Insights ermittelte erforderliche Summe. „Dann arbeitet das ganze Land in den nächsten 25 Jahren für nichts anderes mehr als die Umsetzung der Dekarbonisierungsfantasien der Grünen“, schrieb er in einem Beitrag für die „Achse des Guten“.
Damit der teils überschüssige Strom aus Sonne und Wind auch bei Dunkelflaute zur Verfügung steht, müsse das Land eine ganze Speicherindustrie aufbauen. Haferburg erklärte:
Derzeit besitzt Deutschland Speicher mit der Kapazität von ein paar Gigawattstunden. Dies muss innerhalb weniger Jahre auf 91 Gigawattstunden erweitert werden. Das bedeutet eine Verdreizehnfachung der Speicherkapazität bis 2050.“
Technologisch und geologisch würden sich nach Ansicht des Kerntechnikers für Deutschland nach heutigem Stand jedoch nur Batteriespeicher eignen. „Das Material dafür muss aber wohl von einem anderen Stern geholt werden“, meinte Haferburg. Damit spielte er auf die riesigen Mengen an Rohstoffen für den Bau der benötigten Batteriespeicher an.
Zudem erwähnte er, dass die notwendigen Gaskraftwerke rund 60 Milliarden Euro kosten werden. Zunächst sollen diese mit „Fracking-LNG aus den USA“ betrieben werden, bis genügend Wasserstoff zur Verfügung steht. „Die Unmöglichkeit der Umsetzung aller hochfliegenden Beglückungsideen der Grünen zur Weltrettung ergibt nur einen Sinn: Es ist ein Verarmungsprogramm für Deutschland“, resümierte Haferburg.
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