Kommt jetzt das Airline-Aus? Fluggesellschaften streichen Flüge an vielen deutschen Flughäfen

Ryanair, Eurowings, Wizz Air und jetzt auch noch Condor: Immer mehr Airlines reduzieren ihre Flüge aus Kostengründen an deutschen Flughäfen. Wie sieht der europäische Vergleich aus?
Teure Flüge in Hamburg
Ein Flugzeug auf dem Rollfeld des Hamburger Flughafens. Hier zahlen Fluggesellschaften besonders hohe Standortkosten.Foto: Michael Piepgras/iStock
Von 16. Oktober 2024

Eine Fluggesellschaft nach der anderen kürzt momentan ihr Angebot an deutschen Flughäfen. Nach Ryanair, Eurowings und Wizz Air verkündete zuletzt auch Condor, demnächst einige seiner Flüge in Deutschland komplett zu streichen.

Das Frankfurter Unternehmen will 13 Prozent seines Angebots am Hamburger Flughafen zurückziehen. Dabei soll es aber nicht bleiben: „Wir streichen nicht nur Kapazität in Hamburg, sondern auch unser geplantes Wachstum im Sommer 2025“, so die Botschaft von Condor-Chef Peter Gerber, laut „Hamburger Morgenpost“.

Teilweise Komplettrückzug

Erst am 10. Oktober hatte Ryanair angekündigt, sein Deutschlandangebot im Sommer 2025 um insgesamt 12 Prozent im Vergleich zum diesjährigen Sommer zurückzufahren. Die Städte Dortmund, Dresden und Leipzig streicht die irische Billigfluglinie komplett aus ihrem Flugprogramm. Beim Flughafen Hamburg werden 60 Prozent aller Ryanair-Flüge wegfallen.

Kurz danach kündigte die Lufthansa-Tochter Eurowings an, im kommenden Jahr mehr als 1.000 Flüge allein in Hamburg zu streichen. Es fallen Inlandsflüge weg, ebenso Flüge in Länder innerhalb und außerhalb Europas. Jens Bischof, Geschäftsführer von Eurowings, teilte hierzu mit:

Das reduzierte Angebot wird die direkte Anbindung Hamburgs deutlich schwächen und Fliegen aus der Hansestadt spürbar verteuern. Diese Entwicklung wäre vermeidbar gewesen. Aber die Pläne des Flughafens für eine völlig unverhältnismäßige Erhöhung der Entgelte lassen uns keine Wahl.“

Zudem sieht sich Eurowings gezwungen, für Fluggesellschaften in Deutschland weitere Streckeneinstellungen auch an anderen deutschen Flughäfen zu prüfen. Hiervon dürften andere EU-Länder profitieren, da entsprechend ihr Flugangebot wachsen kann. Denn durch die Summe aller Kostenbelastungen wird Fliegen in und ab Deutschland immer teurer und auf vielen Strecken unrentabel.

Die Chefetage des Mutterkonzerns Lufthansa zeigte sich derweil besorgt, dass die deutschen Flugpläne noch weiter schrumpfen könnten, was negative Auswirkungen auf den Standort Deutschland haben könnte.

Zu hohe Kosten

Als Begründung für ihren teilweisen Rückzug aus Deutschland nennen die Fluglinien alle gestiegene Standortkosten an den deutschen Flughäfen. So sagte Carsten Spohr, Vorstandsvorsitzender der Lufthansa:

Die extrem gestiegenen staatlichen Kosten im Luftverkehr führen zu einem weiter schrumpfenden Angebot. Immer mehr Airlines meiden deutsche Flughäfen oder streichen wichtige Verbindungen.“

Beim Vergleich mit anderen europäischen großen Flughäfen fällt auf, dass die staatlichen Standortkosten in Deutschland in diesem Jahr zu den höchsten gehören. Pro Flug zu einem europäischen Ziel verlangen beispielsweise die Flughäfen Frankfurt a.M., Stuttgart und Düsseldorf jeweils rund 4.400 Euro von den Fluglinien. In Düsseldorf ist das fast eine Verdoppelung seit 2019.

Die staatlichen Steuern und Gebühren, die für einen typischen Flug zu einem Ziel innerhalb Europas am jeweiligen Flughafen anfallen. Foto: BDL/DLR

Nach den genannten deutschen Flughäfen folgt Wien mit einem Preis von 3.715 Euro und Paris mit knapp 3.400 Euro. Nur etwa halb so teuer wie die deutschen Standorte kosten Europaflüge aus Rom. Europas zweitgrößter Flughafen nach Passagieranzahl, der Istanbul Airport in der Türkei, verlangt von den Fluggesellschaften nur 522 Euro.

Steuern, Abgaben, Gebühren

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) spricht von „rekordhohen Standortkosten“ an deutschen Flughäfen. Auf Anfrage der Epoch Times zeigte der Verband die Preisentwicklung am Beispiel Stuttgart auf. Innerhalb der letzten fünf Jahre haben sich hier die staatlichen Standortkosten des Flughafens von 2.389 Euro auf 4.404 Euro erhöht – ein Anstieg um 84 Prozent.

Aufsplittung der staatlichen Standortkosten am Flughafen Stuttgart. Foto: BDL/DLR

Laut dem Verband zahlt ein Fluggast für einen typischen Einwegflug von Deutschland zu einem europäischen Ziel allein schon 30 Euro, um die staatlichen Standortkosten zu decken.

Die Standortkosten bestehen aus der Luftverkehrssteuer, Luftsicherheitsabgaben und Flugsicherungsgebühren. Dabei macht die Luftverkehrssteuer mit 53 Prozent den größten Anteil aus. Die größte Steigerung seit 2019 ist bei den Flugsicherungsgebühren zu verzeichnen. Diese kletterten von 164 Euro um 118 Prozent auf nunmehr 358 Euro.

Der Flughafen Stuttgart von oben. Hier zahlen Fluggesellschaften besonders hohe Standortkosten. Foto: aldorado10/iStock

Weitere vom Bund geplante Regulierungen könnten einen zusätzlichen Angebotsrückgang bewirken. „Für die nächsten Jahre sind bereits weitere nationale Alleingänge beschlossen. Zum Beispiel eine Beimischungsquote für E-Fuels, die es jedoch in ausreichender Menge noch gar nicht gibt. In der Folge sinkt im internationalen Vergleich die Anbindungsqualität vieler wichtiger Wirtschaftsregionen“, kritisierte Spohr.

Lufthansa: Dresden fast achtmal so teuer wie Prag

In einem Politikbrief der Lufthansa vom September, der der Epoch Times vorliegt, nennt der Konzern die staatlichen Standortkosten von weiteren deutschen Flughäfen. In München beträgt der Preis pro EU-Flug 4.234 Euro, in Berlin sind es 4.168 Euro.

Um den Preisunterschied zu verdeutlichen, nannte die größte deutsche Fluggesellschaft das Beispiel der Flugroute nach Barcelona in Spanien. Startet das Flugzeug in Dresden, fallen laut der Airline 4.200 Euro Standortkosten an. Startet dasselbe Flugzeug hingegen im nahegelegenen Prag, sind nur rund 540 Euro fällig. Damit ist Dresden für die Fluggesellschaften rund 7,8-mal teurer als die tschechische Hauptstadt.

Lufthansa ist der Ansicht, dass gerade die deutsche Luftverkehrsteuer im europäischen Markt zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil führt. Der Konzern erinnert, dass nur wenige der 27 EU-Mitgliedstaaten momentan eine Luftverkehrsteuer haben. Und in den Ländern, wo sie noch existiert, ist sie laut Lufthansa „deutlich niedriger als in Deutschland“.

Lobend erwähnt Lufthansa Schweden. Das skandinavische Land schafft die Luftverkehrsteuer zum 1. Juli 2025 ab. Das Luftfahrtunternehmen fordert die Bundesregierung in Berlin auf, „ähnliche Wege“ zu gehen und diese Steuer ebenfalls abzuschaffen.

„In jedem Fall sollte die Bundesregierung ihr Versprechen einlösen, die Einnahmen aus der Luftverkehrsteuer zur Förderung nachhaltiger Flugkraftstoffe (SAF) zu verwenden. Derzeit fließen diese Gelder in den allgemeinen Haushalt – das hilft weder dem Klima noch dem Wirtschaftsstandort Deutschland“, bemängelt der Konzern.

Negativtrend in Deutschland

Einen globalen Dämpfer bei Flugreisen löste die Corona-Pandemie aus. Doch mit ihrem Ende kamen auch viele Fluggäste wieder zurück. „Trotz der Verlagerung vieler Besprechungen ins Digitale wird international und auch in Europa mehr geflogen als vor der Pandemie. Nur nicht in Deutschland“, erklärte Alexander Klay, Pressesprecher des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) der Epoch Times. Im Winterflugplan 2024/25 erreiche das Flugangebot im restlichen Europa voraussichtlich 110 Prozent des Vorkrisenniveaus. In Deutschland seien es dann wohl erst 83 Prozent.

Der Grund seien die erwähnten Kosten. „Daher entscheiden immer mehr Airlines im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Ergebnisrechnung: Flüge von und nach Deutschland lohnen sich nicht. Zum Vergleich: In Spanien betragen die staatlich bedingten Standortkosten rund 660 Euro pro Flug“, schilderte Klay.

Die Preisentwicklung an den deutschen Flughäfen hat Folgen: nach Aussage des Pressesprechers sinkt die Zahl der ohne Umstieg erreichbaren Ziele. „Dies hat insbesondere negative Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft, da die exportorientierten Unternehmen auf eine engmaschige Anbindung an ihre internationale Kundschaft angewiesen sind“, warnte Klay.

Auch privat reisende Fluggäste haben das Nachsehen. Für sie sinkt laut Klay die Zahl der von ihrem Heimatflughafen aus direkt erreichbaren Ziele. Ebenso nimmt die Frequenz mancher bestehender Flüge ab, was bedeutet, dass künftig weniger Flüge die verbleibenden Ziele ansteuern werden.

Die gute Nachricht: Aus Sicht des BDL ist nicht zu erwarten, dass durch die Flugstreichungen in Summe Arbeitsplätze verloren gehen, da bei der Luftfahrt weiterhin Personalbedarf besteht.

Bundesregierung sucht mit Branche Lösungen

Doch wieso hat gerade Deutschland solch nachteilhafte Bedingungen für die Fluggesellschaften? Und was macht die Regierung? Auf Anfrage der Epoch Times teilte das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit, dass es sich derzeit mit der Luftfahrtbranche in Gesprächen befinde. Ziel sei es, Wege zu finden, um „auf nationaler und europäischer Ebene die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Luftfahrtunternehmen verbessern [zu] können“.

Der Pressesprecher Florian Druckenthaner verwies darauf, dass die Standortkosten in nahezu allen europäischen Standorten gestiegen sind. Das zeigt auch die obige Grafik des BDL. Grund seien unter anderem „externe Faktoren wie Inflation, Personalmangel und damit auch steigende Löhne und Gehälter“. Allerdings erklärte er nicht, warum die deutschen Standortkosten im europäischen Vergleich so weit vorn liegen.

„Das BMDV verfolgt die Entwicklung der Gebührensätze bei der Flugsicherung sehr genau“, sagte Druckenthaner. „Im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit prüfen wir gerade, die turnusmäßige Erhöhung der Flugsicherungsgebühren für 2025 abzufedern.“

BDL-Präsident Jens Bischof appellierte bereits dringend, die staatlichen Belastungen zu reduzieren. Zuletzt wurde die Luftverkehrsteuer zum 1. Mai 2024 um rund 25 Prozent erhöht. Er teilte mit: „Wer die lahmende deutsche Wirtschaft beleben will, darf die Luftfahrt in Deutschland nicht länger über die Maßen belasten.“



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