Scholz in Peking: Politiker fordert Schutz vor Firmenübernahmen

Aggressive Vorgehensweise, drohende Abhängigkeit und die Menschenrechtsfrage – immer mehr Politiker und Verbände verlangen aufgrund heikler Punkte eine neue China-Strategie.
China
Ein chinesisches Containerschiff (Symbolbild).Foto: CHINATOPIX/dpa
Von 3. November 2022

Die Bemühungen von Peking, seinen Einfluss in der Welt auszudehnen, werden nun immer deutlicher. So melden sich nun parteiübergreifend mehrere deutsche Politiker mit mahnenden Worten. Deutschland profitiert noch wirtschaftlich von der kommunistisch geführten Volksrepublik. Allerdings besteht die Gefahr, dass westliche Länder wegen der Vorgehensweise von China immer abhängiger vom Regime in Peking werden.

So hat etwa der Vizepräsident des SPD-Wirtschaftsforums, Matthias Machnig, mit Blick auf eine schärfere Kontrolle ausländischer Investitionen vor einer verengten Debatte auf China gewarnt. „Nicht jede Beteiligung ist sicherheitsrelevant. Wir sollten symbolische Debatten vermeiden“, sagte Machnig dem „Handelsblatt“ (Dienstagausgabe).

Insgesamt brauche Deutschland eine „umfassende Resilienz-Strategie“. China sei dabei nur ein Teil davon. Gleichwohl unterstützt Machnig das Bestreben der Ampelkoalition, die Regeln zur Kontrolle ausländischer Investitionen zu verschärfen, um sensible Wirtschaftsbereiche in Deutschland besser zu schützen.

Gesetzliche Regelungen seit 2016

Seit der Übernahme des Augsburger Roboterherstellers Kuka von einem chinesischen Konzern im Jahr 2016 seien zwar schon eine Reihe von gesetzlichen Regelungen auf den Weg gebracht worden. Im Juni 2020 beschloss der Bundestag dann ein Gesetz, mit dem Investitionen aus Nicht-EU-Staaten in strategisch wichtigen Bereichen umfassender und vorausschauender geprüft werden können.

Nun seien jedoch weitere Maßnahmen erforderlich. „Sie sollten sich auf kritische Infrastrukturen und strategische Technologiebereiche konzentrieren“, sagte der SPD-Politiker.

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erkennt zunehmend die Gefahr einer Abhängigkeit von China. In einem Positionspapier plädiert der Verband für eine Neudefinition der Zusammenarbeit mit der Volksrepublik.

„Risikovorsorge ist das Gebot der Stunde“, sagte der BDI-Präsident Siegfried Russwurm am Montag (31. Oktober). Einzelne Staaten wendeten sich immer mehr von den Regeln der internationalen Ordnung ab. „Die Zusammenarbeit insbesondere mit gewichtigen Volkswirtschaften wie China muss neu definiert werden.“ Demnach müsse Europa unabhängiger und widerstandsfähiger werden.

Union: China greift aggressiver an

Die Vorsitzenden der Arbeitsgruppe China der Unionsfraktion, Jens Spahn und Johann Wadephul, haben an Bundeskanzler Olaf Scholz appelliert, während seiner China-Reise am Freitag nicht die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Der Ukraine-Krieg habe gezeigt, welche negativen Folgen für Deutschland die Abhängigkeit von einzelnen Ländern habe. China greife die internationale Ordnung immer aggressiver an.

Deshalb müsse das Land heute als systemischer Rivale und weniger als Partner angesehen werden. Deutschland müsse in entscheidenden wirtschaftlichen Bereichen souveräner werden. Deshalb sei es so fatal, dass die Regierung Scholz einer chinesischen Reederei Zugang zum Hamburger Hafen gewähre. „Diese Entscheidung wird sich rückblickend als fataler Fehler darstellen.“ Eine vernünftige China-Strategie müsse für mehr Handel mit Drittstaaten sorgen – „oder kurz: Sicherheit durch Handel“, so Spahn und Wadephul.

Lauterbach: Bedeutung von China wird sinken

Eine ganz andere Ansicht vertritt laut einem Bericht des „Focus“ Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). In der Talkrunde von Markus Lanz im ZDF am Dienstag lobte er die Handelsbemühungen von Bundeskanzler Scholz in so schwierigen Zeiten. Das halte er „nicht für dumm. Und dafür muss man auch hier und da einen kleinen Preis [der Abhängigkeit] zahlen.“

Darüber hinaus verkündet Lauterbach eine kontroverse Prognose: „Die Bedeutung von China wird sinken.“ Nämlich aus dem Grund, dass die Innovationskraft und das Know-how immer noch im Westen beheimatet seien. „Wissenschaftlich sind wir nicht auf China angewiesen“, so der Minister. Die seltenen Erden, die heute noch zwingend nötig sind, etwa für den Batterie-Bau und von denen ein überwiegender Teil aus China stammt, würde man nach Lauterbach bald gar nicht mehr brauchen. Denn der technische Fortschritt habe sie bald ersetzt durch simple Erden, die hierzulande verfügbar sind. „Der Rohstoff Gehirn“, sagt Lauterbach optimistisch, „wird seinen Wert nicht einbüßen.“

50 UN-Staaten verurteilen Menschenrechtslage in Xinjiang

Im Allgemeinen wird das von der Kommunistischen Partei Chinas regierte Land aber weiterhin kritisch betrachtet – nicht zuletzt beim Thema Menschenrechte. So haben sich Deutschland und weitere 49 UN-Mitgliedsstaaten einer Erklärung angeschlossen, mit der sie „schwere und systematische“ Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Provinz Xinjiang anprangern.

Die Staaten seien „zutiefst besorgt“ über „anhaltende Menschenrechtsverletzungen an Uiguren und anderen Minderheiten in Xinjiang“, heißt es in der am Montag von Kanada vor dem für Menschenrechte zuständigen Ausschuss für soziale, humanitäre und kulturelle Fragen der UN-Generalversammlung verlesenen Erklärung.

Verfolgt werden auch Millionen weitere Menschen anderer Minderheiten wie Tibeter und Falun-Dafa-Praktizierende. Neben Inhaftierung, Folter, Zwangsarbeit und Gehirnwäsche werden sie vom Staatsapparat auch systematisch für ihre Organe getötet. Diese werden dann dem internationalen Transplantationsmarkt angeboten.

Zu den Unterzeichnerstaaten der Erklärung gehören neben Deutschland unter anderem Frankreich, Österreich, die Schweiz, die USA, Großbritannien, Israel, Japan, die Ukraine, die Türkei, Guatemala und Somalia. Die „schweren und systematischen Menschenrechtsverletzungen“ könnten „nicht mit Terrorismusbekämpfung rechtfertigt werden“. Unter Berufung auf einen im August veröffentlichten Bericht der damaligen UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet heißt es, die Staaten seien „besorgt“ darüber, dass China sich bisher geweigert habe, „über dessen Ergebnisse zu diskutieren“.

Bachelet-Bericht: „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“

Der von Bachelet Ende August kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit veröffentlichte Bericht prangert „schwere Menschenrechtsverletzungen“ in der Region Xinjiang an und sieht Hinweise auf „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Unter anderem ist von „glaubhaften“ Foltervorwürfen die Rede. China weist regelmäßig alle Vorwürfe zu Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang zurück – und beruft sich darauf, in der Provinz  „Terrorismus“ zu bekämpfen.

Die Unterzeichnerstaaten der nun verlesenen Erklärung forderten Peking auf, die Empfehlungen des UN-Berichts umzusetzen. Dazu gehörten „schnelle Schritte zur Freilassung aller willkürlich festgehaltenen Menschen“ in Xinjiang und die „Klärung der Schicksale und Aufenthaltsorte vermisster Familienangehöriger.“

Anfang Oktober hatte der UN-Menschenrechtsrat eine von westlichen Staaten beantragte Debatte über die Lage in der chinesischen Provinz Xinjiang abgelehnt. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) forderte das Gremium nun zu einem weiteren Anlauf auf. Der „diplomatische Druck“ auf Peking, sich für die „Menschenrechtsverletzungen“ in Xinjiang zu verantworten, wachse, erklärte der für die UN zuständige HRW-Direktor Louis Charbonneau am Montag.

(Mit Material von dts und AFP)



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