Geldregen für Parteien – staatliche Finanzierung soll aufgestockt werden
Die Finanzierung politischer Parteien in Deutschland soll reformiert werden. Darauf haben sich die Parteien im Bundestag grundsätzlich geeinigt. Wie das „Handelsblatt“ aus Parteikreisen erfahren hat, sollen die Parteien ab 2024 mehr Geld vom Staat erhalten. Allerdings soll der Geldsegen nicht ganz so üppig ausfallen, wie ihn Union und SPD ursprünglich im Juli 2018 im Bundestag beschlossen hatten. Damals wurde in einer Hauruckaktion die Obergrenze für die staatliche Parteienfinanzierung von 165 Millionen auf 190 Millionen Euro pro Jahr angehoben – mal eben 25 Millionen Euro mehr Steuergelder. Im Januar dieses Jahres kassierte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das Vorhaben dann allerdings ein.
Bundesverfassungsgericht erklärt Erhöhung für verfassungswidrig
216 Bundestagsabgeordnete aus den Fraktionen von FDP, Grüne und Linke hatten mit einem sogenannten Normenkontrollantrag die Verfassungsmäßigkeit der Änderung prüfen lassen. Das waren im letzten Bundestag die Oppositionsparteien. Diese verneinte das höchste deutsche Gericht. Die Opposition hätte damals zwar auch von der Erhöhung profitiert, hielt aber ein Plus von 25 Millionen Euro im Jahr für unverhältnismäßig und befürchtete, dass der Eindruck einer Selbstbedienung aufkommen könnte.
Wie hoch die Obergrenze der staatlichen Parteienfinanzierung nun ab dem kommenden Jahr genau sein soll, wurde nicht mitgeteilt. Über die genauen Details würde im Moment noch abschließende Verhandlungen geführt. Daher sei bis zur endgültigen Einigung Stillschweigen vereinbart worden. Vermutlich soll die Erhöhung aber rückwirkend ab 2018 gelten.
Rückzahlungen von 100 Millionen Euro
Würde dies nicht durchgehen, hätten alle Parteien ein großes finanzielles Problem. Das „Handelsblatt“ schreibt bezüglich des Urteils vom Januar:
„Die Richter befanden, dass das Parlament mit Stimmen von Union und SPD 2018 die Finanzierung aus der Staatskasse unrechtmäßig erhöht hatte. Das Gericht hatte sich zwar nicht grundsätzlich dagegen ausgesprochen, den staatlichen Zuschuss zur Parteienfinanzierung zu erhöhen. Der Gesetzgeber habe aber in der Gesetzesbegründung unzureichend erklärt, warum die Summe um 25 auf 190 Millionen Euro pro Jahr steigen solle.“
Aufgrund des Urteils müssen insgesamt 100 Millionen Euro an zu viel gezahltem Steuergeld der Jahre zwischen 2018 und 2021 zurückgezahlt werden.
Nach Berechnungen auf Basis der Zuwendungsbescheide durch das „Handelsblatt“ sind die Rückforderungen beträchtlich. Demnach muss die SPD 28,5 Millionen Euro zurückzahlen, bei der CDU sind es 27,5 Millionen Euro. Die Grünen müssen 13,9 Millionen Euro aufbringen, die FDP acht, die CSU 7,6, Die Linke sieben sowie die AfD 5,5 Millionen Euro. Diese Gelder müssen aber voraussichtlich in diesem Jahr nicht mehr zurückgezahlt werden. Es gebe „Grund zur Hoffnung, dass die Mittel nicht in diesem Jahr und nicht auf einen Schlag zurückgezahlt werden müssen.“
Im Moment würden mehrere Rückzahlungsoptionen mit der Bundestagsverwaltung diskutiert. Eine dieser Varianten ist, das Geld über mehrere Jahre zurückzuzahlen. Am Ende, so ist man sich wohl einig, soll eine Lösung gefunden werden, die die Funktionsfähigkeit der Parteien sicherstellt.
Einmalige Rückzahlung bringt Parteien in Probleme
Eine Rückzahlung auf einen Schlag könnte die Parteien tatsächlich in eine Schieflage bringen. So stehen im kommenden Jahr die Europawahl, drei Landtags- und Kommunalwahlen in neun Bundesländern an. Die Parteien müssen dafür Geld für die Wahlkämpfe bereitstellen. Im Jahr 2025 kommt dann die Bundestagswahl – auch für diesen Wahlkampf wird Geld gebraucht.
Für die Parteien würden die Rückzahlungen schon ohne die bevorstehenden Wahlkämpfe enorme Summen bedeuten, wenn sie nicht schon Rückstellungen gebildet haben. Die CDU hat beispielsweise einen Jahresetat von rund 50 Millionen Euro. Müsste sie nun 27,5 Millionen Euro auf einen Schlag zurückzahlen, würde das die Partei vor große Schwierigkeiten stellen. Den anderen betroffenen Parteien würde es nicht sehr viel anders gehen. Die Aufregung bei allen Parteien war dementsprechend groß.
Über den Sommer gab es daher mehrere Verhandlungsrunden mit der Bundestagsverwaltung. Zuvor hatten die Bundesschatzmeister von CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne und Linke in einem Brief an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) erklärt, dass sie in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts „einen klaren Auftrag an den Gesetzgeber“ sehen, „das Parteiengesetz nachzubessern“. Auch warnten sie Bas vor den Folgen, wenn sie die volle Summe von 100 Millionen Euro noch 2023 vollständig zurückfordere.
Im September schrieben dann die Ampelfraktionen der SPD, Grüne und FDP die Parteien an und baten darum, diesen Finanzbedarf detailliert zu berechnen und an die Ampel zu senden. „Wir wollen uns auch ein Bild darüber machen, ob und inwieweit zusätzliche Kosten etwa der Digitalisierung oder vermehrter innerparteilicher Mitwirkungsmöglichkeiten einen Mehrbedarf der Parteien insgesamt verursachen“, hieß es damals in dem Brief.
Digitalisierung ist Hauptkostentreiber
Die Parteien haben daraufhin alle Daten zusammengetragen. Überall das gleiche Bild: Hauptkostentreiber der Parteien sei die Digitalisierung. Damit wurde schon 2018 die Erhöhung der Obergrenze begründet. Auch dieses Mal werden die Mehrkosten durch die Digitalisierung in der Begründung daher die Hauptrolle spielen. Dieses Mal möchte man allerdings eine gerichtsfeste Erhöhung der Zuschüsse in Angriff nehmen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Januar eine Erhöhung nicht unbedingt für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht monierte aber, dass in der Gesetzesbegründung nicht ausreichend erklärt wurde, warum der Zuschuss um jährlich 25 Millionen Euro steigen soll.
Die Obergrenze der staatlichen Parteienfinanzierung beschreibt den Betrag, die Parteien maximal vom Staat als Zuschuss erhalten können. Die Bundestagsverwaltung zahlt das Geld an die Parteien aus, die bei der letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten haben oder bei einer Landtagswahl ein Prozent erreicht haben.
Bei bis zu vier Millionen Stimmen erhält die Partei so einen Euro pro Stimme. Für Stimmen darüber hinaus erhalten die Parteien 83 Cent.
Überdies erwirtschaften die Parteien noch eigene Einnahmen, so zum Beispiel durch Spenden, Mitgliedsbeiträge oder Abgaben ihrer eigenen Mandatsträger. Auch dafür gibt der Steuerzahler für jeden eingenommenen Euro noch einmal 45 Cent obendrauf. Insgesamt dürfen die staatlichen Mittel nicht höher sein als die von der Partei selbst erwirtschafteten Einnahmen des Vorjahrs.
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