„Erding hat mich drei Jahre meines Lebens gekostet“

Die bayerische Kabarettistin Monika Gruber würde den Ministerpräsidenten und seinen Stellvertreter heute nicht mehr zur Anti-Heizungsgesetz-Demo nach Erding einladen. Im März soll für die 52-Jährige nun endgültig Schluss auf der Bühne sein.
Titelbild
Die Kabarettistin Monika Gruber im Jahr 2022. Im März 2024 ist für sie Schluss mit Bühnenauftritten.Foto: Lennart Preiss/Getty Images
Von 14. November 2023

Genau fünf Monate nach der umstrittenen Großdemonstration von Erding gegen die grünen Heizungsgesetzpläne der Bundesregierung hat sich Monika Gruber, bayerischer Kabarettstar und streitbare Demo-Unterstützerin, noch einmal zu den Geschehnissen des Junitages geäußert.

Es sei eine „große Fehlentscheidung“ gewesen, den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) und seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler, FW) zur Demo einzuladen, räumte die 52-Jährige nach Informationen der Münchner „Abendzeitung“ (AZ) ein. Denn dadurch sei es in der Berichterstattung „größtenteils“ um die Auftritte der beiden Spitzenpolitiker gegangen und weniger um die Sache.

Viele Zurückweisungen erlebt – Aus auf der Bühne

Grubers Haltung zur Energiepolitik und auch zum Corona-Kurs der Ampelregierung wurde nicht von jedem Fan oder Feuilletonisten mit Applaus quittiert. Sie habe seit der Demo immer wieder Zurückweisungen erfahren, sogar „in der Branche“, so die AZ. Auch ihr ehemaliger Wegbegleiter Christian Springer habe sie kritisiert. Nach Angaben des „Exxpress“ sehen manche Leute „Hetze gegen die Grünen“ in Grubers Haltung:

In den sozialen Medien und auch in der eigenen Branche schlägt ihr eine teils massive Welle des Hasses entgegen, mit ein Grund, warum sie der Bühne nicht mehr lange erhalten bleibt.“

„Erding hat mich drei Jahre meines Lebens gekostet“, räumte Gruber im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ, Bezahlschranke) ein. „Aber die Jahre werden ja Gott sei Dank hinten abgezogen.“ Wenige Tage nach der Demo war zudem bekannt geworden, dass Gruber und ihr langjähriger Lebensgefährte, der Rennsport-Manager Thomas Überall, sich schon anderthalb Jahre zuvor getrennt hatten.

Das war alles vielleicht ein bisschen viel für die gelernte Fremdsprachensekretärin und Schauspielerin. Ort und Zeit des Endes ihrer Bühnenkarriere stehen jedenfalls schon seit Wochen fest: Zum 8. März des kommenden Jahres will „die Gruberin“ ihren letzten Solo-Auftritt als Kabarettistin in der Münchner Olympiahalle absolvieren – mit ihrem Programm „Ohne Worte“. Als offiziellen Grund für das Ende nannte Gruber, dass sie „nicht zu ihrer eigenen Karikatur werden“ wolle. „Was, wenn die Leute irgendwann sagen: Früher war sie lustiger, spritziger, die Gruberin?“

In Erding haben rund 13.000 Menschen gegen das geplante Heizungsgesetz demonstriert.

Am 10. Juni 2023 demonstrierten rund 13.000 Menschen in Erding gegen das geplante Heizungsgesetz. Foto: Matthias Balk/dpa

Demo: „Stoppt die Heizungsideologie“

Monika Gruber hatte es im Sommer bundesweit auf die politischen Seiten der Tageszeitungen geschafft, als sie am 10. Juni geholfen hatte, eine Großdemonstration gegen den Heizungsgesetzesentwurf (GEG) aus Robert Habecks Wirtschaftsministerium in ihrem Wohnort Erding auf die Beine zu stellen.

Die Inspiration dazu hatte ihr nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ der lokale Optikermeister Franz Widmann gegeben, der zuvor wochenlang ganz allein auf dem Erdinger Schrannenplatz gegen das GEG zu Felde gezogen war. Widmann habe letztlich auch die Demo angemeldet. Auch die sogenannte „Verkehrswende“, die Gendersprache oder Ernährungsempfehlungen aus der Welt der Grünen sollten kritisch zur Sprache kommen. Gruber rührte auf ihren Social-Media-Accounts die Werbetrommel.

Unter großem medialem Interesse kamen schließlich 13.000 Menschen zur Kundgebung. Es war wohl auch Grubers Bekanntheitsgrad zu verdanken, dass sogar der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Stellvertreter, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler, FW) bereit gewesen waren, aufzutreten. Vertreter der Alternative für Deutschland (AfD), die sich ebenfalls gegen das Heizungsgesetz und grüne Politik ausgesprochen hatten, hatte Gruber aber gar nicht erst eingeladen.

Söder legte sich mit Publikum an

Wie sich schnell herausstellte, jubelte das ausgelassene Erdinger Publikum seinem Wirtschaftsminister Aiwanger weit enthusiastischer zu als seinem Ministerpräsidenten Söder. Dessen Auftritt wurde sogar so sehr von Pfiffen, Zwischen- und Buhrufen überlagert, dass Söder gegen „Anhänger der AfD- und Querdenker-Szene“ in die Offensive ging, wie der „Münchner Merkur“ berichtete. Söder war „Hau ab!“-Rufen mit den Worten „Sie rufen ‚Hau ab‘. Ich kann Ihnen nur sagen: Haut selber ab! Wer so agiert, ist kein Demokrat für unser Land. Von solchen Leuten grenzen wir uns ab, und zwar grundlegend!“ begegnet. War es die Erinnerung an Söders harten Corona-Kurs, der viele Menschen so aufgebracht hatte?

Mitorganisatorin Gruber sah sich gezwungen, die Situation zu entschärfen und das Demopublikum per Mikrofon selbst zur Ordnung zu rufen. Sie bat um „mehr Respekt für den Ministerpräsidenten“.

Aiwanger hatte mit seinen markigen Worten jedenfalls für deutlich mehr positive Stimmung gesorgt – auch mit seinem mittlerweile berühmt gewordenen Spruch von dem Punkt, „wo endlich die schweigende große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss“. Aiwanger wurde sogar noch deutlicher: Er riet dazu, „denen in Berlin [zu] sagen: Ihr habt’s wohl den Arsch offen da oben“.

Speziell die Aiwanger-Rede sorgte für viel Kritik bei seinen Gegnern, und auch die Veranstalter mussten sich kritische Töne gefallen lassen. Trotz des Ärgers hatte Gruber direkt nach der Erdinger Veranstaltung angekündigt, eine weitere Großdemo auf der Münchner Theresienwiese organisieren zu wollen. Daraus wurde aber nichts mehr. Das umstrittene Heizungsgesetz wurde übrigens am 8. September im Bundestag mit deutlicher Mehrheit verabschiedet. Nach monatelangen Debatten war es auch vor der finalen Abstimmung im Parlament hoch hergegangen.

Dem Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger schien sein Erdinger Auftritt nicht nur nicht geschadet, sondern womöglich sogar genutzt zu haben. Bei der jüngsten Bayern-Wahl fuhren seine Freien Wähler mit insgesamt 15,8 Prozent 4,2 Prozentpunkte mehr ein als 2018. Aiwanger schaffte es in den anschließenden Koalitionsgesprächen sogar, noch einen Ministerposten mehr für seine Partei rauszuverhandeln. Die bayerische AfD konnte um 4,4 Prozentpunkte zulegen und landete mit 14,6 Prozent knapp vor den Grünen. Diese kamen nur noch auf 14,4 Prozent, was einem Minus von über drei Prozentpunkten entspricht.



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