Christopher Street Day in Bautzen: 1.000 Teilnehmer, über 600 Gegendemonstranten
Im ostsächsischen Bautzen fand am Samstag, 10. August, der diesjährige Demonstrationszug zum Christopher Street Day (CSD) statt. Begleitet wurde dieser von Gegenprotesten. Es kam zu keinen gravierenden Zwischenfällen. „Es kam zu keinen größeren Ausschreitungen oder körperlichen Auseinandersetzungen“, teilte die Polizei mit.
Die Strategie der Sicherheitskräfte, die beiden Gruppen konsequent zu trennen, sei aufgegangen. Festnahmen habe es nach ersten Erkenntnissen nicht gegeben. Die CSD-Teilnehmer „konnten ihren Aufzug und die Kundgebung friedlich und störungsfrei absolvieren“, hieß es in einer Abschlussmeldung.
1.000 Menschen bei CSD-Demo
An der CSD-Demo hatten mehr als 1.000 Menschen teilgenommen. Das waren rund dreimal mehr als bei der ersten Veranstaltung in Bautzen im vergangenen Jahr, wo sich rund 350 Menschen zusammenfanden.
Unterstützung hat die Community in der Region von außerhalb bekommen. Mehrere hundert sogenannte queere Menschen reisten dieses Jahr nach Bautzen.
Bei der Gegendemonstration unter dem Motto „Gegen Gender-Propaganda und Identitätsverwirrung“ sollen es etwa 680 Menschen gewesen sein. Auf einem Video ist zu erkennen, dass dort vorwiegend junge Menschen protestiert haben. Sie wiesen unter anderem darauf hin, dass es nur zwei biologische Geschlechter gibt.
Auch die rechtsextreme Partei Freie Sachsen hatte zu einem Protest aufgerufen, dem sich laut Abschlussmeldung rund 40 Menschen angeschlossen haben. Nach Abschluss der Demonstration wurden die CSD-Teilnehmer von Polizeibeamten zum Bahnhof begleitet.
Abschlussparty abgesagt
Ursprünglich hatten die CSD-Veranstalter in Bautzen noch eine Abschlussparty geplant. Tags zuvor sagten sie diese jedoch ab – nach eigenen Angaben aus Sicherheitsgründen. „In der Kürze der Zeit hatten wir nicht die nötigen Ressourcen, um die Party abzusichern und die Menschen zu schützen“, sagte CSD-Mitorganisator Jonas Löschau.
Nach der Absage habe er ein unterschiedliches Feedback bekommen. „Es gab einige Menschen, die uns ihre Sorge mitgeteilt haben, gleichzeitig haben sich aber auch viele mit uns solidarisiert. Das war schön zu sehen.“
Aus Sicht der Polizei von Sachsen, die den Christopher Street Day absicherte, hätte die Abschlussparty jedoch stattfinden können. Auf 𝕏 teilte sie mit:
Zur Diskussion um die Aftershow-Party: Die Polizei hatte auch zur Absicherung dieser Veranstaltung hinreichend Kräfte parat und das auch im Beratungsgespräch verdeutlicht. Der Veranstalter hat die Absage initiiert.“
Sachsens Justizministerin erschüttert
Die sächsische Justizministerin Katja Meier sagte, es mache sie fassungslos, dass eine Veranstaltung aufgrund der angespannten Sicherheitslage und der rechtsextremen Mobilisierung abgesagt werden müsse. „Hass und Hetze gegen queere Personen sind Ausdruck menschenfeindlicher Ideologien, die keinen Platz in unserer Gesellschaft haben“, betonte die Grünen-Politikerin.
Der Christopher Street Day findet jedes Jahr in vielen Städten in aller Welt statt und erinnert an Ereignisse am 28. Juni 1969: Polizisten stürmten damals die New Yorker Schwulen- und Lesbenbar „Stonewall Inn“ in der Christopher Street und lösten dadurch mehrtägige Proteste von Schwulen, Lesben und Transsexuellen aus. Der CSD soll an die Rechte queerer Menschen erinnern.
21 Verfahren durch die Polizei
Nach einer Lagebewertung an den Vortagen war die Polizei mit zahlreichen Einsatzkräften in Bautzen. Neben den Kollegen aus Görlitz und Bautzen waren früheren Angaben zufolge Beamte der Bundes- und Bereitschaftspolizei im Einsatz, auch mit Hunden.
Bereits am Mittag hatte die Bundespolizei ein Aufeinandertreffen beider Gruppen am Dresdner Hauptbahnhof mit einem massiven Einsatz verhindert. Auch am Bautzener Bahnhof wurden die Gegendemonstranten kontrolliert.
Die Polizei leitete bei den Demonstrationen 14 Strafverfahren und sieben Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, wie aus der Mitteilung hervorgeht. Dabei gehe es etwa in einem Fall um Körperverletzung, in zweien um Volksverhetzung und in einem um das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen.
Zudem seien 16 Platzverweise erteilt worden. Beamte stellten bei den rechten Demonstranten Sturmhauben sicher. Auch seien Bengalos abgebrannt und offenbar „ausländerfeindliche Parolen“ gesungen worden.
CSD-Mitorganisator Löschau zog dennoch am Abend ein positives Fazit: „Das war ein unglaublich tolles und wichtiges Zeichen, das wir da gesetzt haben.“ Er freue sich über den großen Zulauf. Dass die Demo trotz der Gegenproteste ohne größere Zwischenfälle verlaufen sei, sei der guten Vorbereitung und der Polizei zu verdanken.
Unterschiedliche Bedrohungen
Sönke Siegmann, Bundesvorsitzender der LSU Deutschland (Lesben und Schwule in der Union), eines Vereins, der den Status einer Sonderorganisation innerhalb der CDU hat, zeigte sich entsetzt über die Gegenproteste. Auf dem Kurzbotschaftendienst 𝕏 schrieb er: „Es ist unerträglich, dass der CSD in Bautzen aufgrund von Bedrohungen durch Rechtsextreme und Neonazis überhaupt nur unter einem massiven Polizeiaufgebot stattfinden kann und die Abschlussparty aus Sicherheitsgründen abgesagt werden muss.“
Unter Siegmanns Beitrag fanden sich Befürworter, aber auch Kritiker, die beispielsweise an den Schutz der Kinder erinnerten, da einige Männer beim CSD-Aufmarsch offenbar auch nackt durch die Straßen liefen.
Hasskommentare unter Facebook-Beitrag
Auch der CSD im niedersächsischen Gifhorn beschäftigt nach wie vor die Polizei. Nach mehreren offenbaren Hasskommentaren zu einem Onlineartikel über den Christopher Street Day wurden Ermittlungen eingeleitet. Es seien rund 2.500 Kommentare unter einem Facebook-Beitrag der „Gifhorner Rundschau“ gesichert worden, teilte die Polizei mit.
Die Zeitung hat diesen Beitrag Mitte Juli gelöscht. In einem neueren Beitrag erklärte die „Gifhorner Rundschau“, dass sie Verletzungen der Menschenwürde in den Kommentaren nicht mehr vermeiden konnte. „Die Flut an Hasskommentaren machte es uns leider unmöglich, die Diskussion aufrechtzuerhalten“, hieß es darin.
Unter den Kommentaren soll es viele Beleidigungen und Bedrohungen gegen die Befürworter des CSD gegeben haben.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
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