Wie das globale Klimanarrativ Afrikas Modernisierung ausbremst
Afrika gilt nach wie vor als rückständiger Kontinent. Etwa ein Drittel der rund 1,4 Milliarden Einwohner leben in extremer Armut – und kämpfen fast täglich ums Überleben.
Dabei könnten landwirtschaftliche Maschinen, die in entwickelten Ländern längst Standard sind, einen großen Unterschied ausmachen. Die Realität ist jedoch eine andere. Afrika ist heute dort, wo die Vereinigten Staaten und Europa um 1800 standen, schilderte Jusper Machogu, ein Agraringenieur und Landwirt in Kenia, gegenüber der Epoch Times.
Mit der industriellen Revolution in der Landwirtschaft explodierte in Nordamerika und Europa die Produktivität, was zu Wohlstand führte. Zwischen 1820 und 1920 benötigte ein amerikanischer Landwirt ohne Maschinen etwa 10 Minuten, um ein Kilo Weizen zu produzieren. Heute dauert dies nur noch zwei Sekunden.
Keine industrielle Revolution für Afrika
Afrika hingegen werde laut Machogu aber keine industrielle Revolution gewährt. Auch heute noch steckt hinter fast allem auf dem schwarzen Kontinent mühselige Handarbeit.
So schuften ältere Frauen unter der glühenden Sonne Kenias auf Händen und Knien im rötlich-braunen Lehm, um das Unkraut von den kleinen grünen Trieben der Fingerhirse zu trennen. Die Frauen sind barfuß und mit bloßen Händen unterwegs und arbeiten von 8 Uhr morgens bis 17 oder 18 Uhr abends. Machogu stellt fest:
Ein Mähdrescher könnte 1.000 Menschen ersetzen. Es macht mich traurig, wenn ich meine Mutter durch die Hirse waten sehe. […] Diese Maschinen würden unser Leben verändern.“
Aber Landwirte wie Machogu können sich keinen Mähdrescher leisten. Auch wenn sie sich einen von ihrem mageren Gehalt leisten könnten, wären die laufenden Kosten für sie nicht tragbar.
Denn im November 2023 strich der kenianische Präsident William Ruto die Subventionen für Treibstoff, Strom und Düngemittel für das Haushaltsjahr 2023/2024, um die Kohlenstoffdioxidemissionen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe zu reduzieren. Er tat dies auf Geheiß des Internationalen Währungsfonds (IWF), einer Finanzagentur der Vereinten Nationen (UNO).
Nach Auskunft von Machogu haben nur wenige kenianische Landwirte Zugang zu landwirtschaftlichen Maschinen. Dieser liege bei vier oder fünf Prozent. Zum Vergleich: In den USA liegt der Zugang bei 95 Prozent, in China bei 75 Prozent und in Indien bei 45 Prozent.
Kuhmist statt Harnstoff
Das Ende der Düngemittelsubventionen führte fast zu einer Verdoppelung der Düngemittelpreise. Laut Machogu kehrten viele Landwirte in Kenia dazu zurück, wie früher Kuhmist als Dünger zu verwenden. „Der ist aber kein guter Stickstoffdünger für ihre Pflanzen. Man kann Harnstoff, der 46 Prozent Stickstoff enthält, nicht mit Kuhmist vergleichen, der nur vier Prozent enthält.“
Nach Ansicht des Agraringenieurs würden internationale Organisationen wie der IWF und die UNO im Namen von Klimaschutzpolitik in Afrika Neokolonialismus betreiben. Der „Klimakolonialismus“ bedeute, dass Afrika zwar über Energie verfügen könne, sich aber aufgrund des Klimawandels auf Wind- und Solarenergie konzentrieren müsse.
Calvin Beisner, Gründer und Präsident der christlich geprägten Cornwall Alliance mit Sitz in Tennessee, beschrieb als „die schädlichste Politik“, dass IWF, die Weltbank und nationale Organisationen wie die US-Behörde für Internationale Entwicklung sich weigern, Kredite für kohle-, erdgas- oder ölbasierte Stromerzeugungsanlagen in Afrika südlich der Sahara zu vergeben.
Warum Erdgas wichtig ist
Machogu kritisierte insbesondere die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung für Afrika. UN-Mitarbeiter, die nach Afrika gereist sind, um die Probleme des Kontinents zu untersuchen, haben 17 „Lösungen“ erarbeitet. „Sie sagten, dass eines der Probleme der Klimawandel ist“, erläuterte der Kenianer.
Das ergibt für mich keinen Sinn, denn ich komme aus Afrika. Wir haben viel größere Probleme – Menschen, die hungrig schlafen gehen, sehr arme Menschen um mich herum. Darüber mache ich mir mehr Sorgen als über den Klimawandel.“
Weiter kritisierte Machogu: „Jede Lösung für [Afrikas] Probleme dreht sich um den Klimawandel. [Die UNO sagt zu Afrika:] ‚Wenn ihr die Armut beenden wollt, dann lasst sie uns so beenden, dass wir unser Klima nicht beeinträchtigen. Wenn ihr sauberes Wasser haben wollt, dann lasst uns das auf eine Weise tun, die nicht zu schlecht für das Klima ist.‘“
Beisner wies darauf hin, dass eine Abkehr von Erdgas auch Auswirkungen auf stickstoffhaltige Düngemittel habe. Denn für deren Herstellung werden „riesige Mengen“ Erdgas benötigt.
Ein Verbot würde einen Dominoeffekt auslösen: Die Preise für Dünger würden steigen, der Einsatz würde zurückgehen und die Nahrungsmittelproduktion würde sinken.
„In Kenia verdienen fast 80 Prozent unserer Bevölkerung ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft“, sagte Machogu. Die meisten Menschen würden schon jetzt weniger produzieren und hätten keinen Überschuss, den sie verkaufen könnten, um etwa Kleidung für ihre Kinder zu kaufen oder das Schulgeld für ihre Kinder zu bezahlen.
Machogu sagte, moderne Staaten wiesen „vier Säulen der Zivilisation“ auf: Stahl, Zement, Plastik und Düngemittel. Dabei seien konventionelle Energieträger entscheidend. Der Agraringenieur erklärte:
Ohne fossile Brennstoffe können wir diese vier Säulen der Zivilisation nicht hervorbringen. Ohne fossile Brennstoffe haben wir keine Energie. Wir müssen fossile Brennstoffe haben. Auf diese Weise hat der Westen die Armut besiegt.
Die Vereinten Nationen legen stattdessen den Fokus auf den Einsatz von Wind- und Solarenergie. Das Ziel für Afrika sei eine „emissionsarme Entwicklung“.
Bewässerung
Neben dem Bedarf an fossilen Brennstoffen für Maschinen und dem Zugang zu Krediten für den Kauf dieser Maschinen sagte Machogu, dass Afrika von einem durch fossile Brennstoffe gestützten Ausbau der Bewässerung profitieren würde.
„Afrika ist nicht nur grün“, sagte er. „Wir haben andere Orte, die sehr trocken sind. Eine der einfachsten Möglichkeiten, dem ein Ende zu setzen, ist die Bewässerung unseres Landes. Und wir werden unser Land mithilfe von […] fossilen Brennstoffen bewässern.“
Er sagte, dass die meisten Afrikaner das Wasser für ihre Felder aus Brunnen holen müssten. Je weiter die Felder vom Brunnen entfernt sind, desto mühsamer und zeitaufwendiger ist diese Arbeit.
Wie hat es Indien geschafft?
Vijay Jayaraj, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der CO₂-Koalition, sagte, er sei in Indien in einer Bauernfamilie aufgewachsen und habe das Wachstum der indischen Industrialisierung miterlebt. Er sagte:
Im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung ist Energie der Grundpfeiler“.
„Fast alle Landwirte in Indien, sofern es sich nicht um Großbauern oder reiche Landwirte handelt, verfügen über jede Menge kostenlosen Strom.“ Das habe sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer mehr durchgesetzt. „Nur durch Kohlestrom war das möglich, der in Indien in großen Mengen vorhanden ist“, erklärte Jayaraj.
Im Gegensatz zu Afrika konnte sich Indien dank des Zugangs zu fossilen Brennstoffen modernisieren – ein Prozess, der in den frühen 1950er-Jahren begann. In den 1960er-Jahren war Indien noch von Armut und Hungersnöten geplagt. Erst durch den großflächigen Einsatz von Düngemitteln und von fossilen Brennstoffen kam es zu einer landwirtschaftlichen Revolution.
Strom steht auch kleinen Haushalten im ländlichen Indien zur Verfügung. Damit können Landwirte etwa elektrische Motorpumpen benutzen, um Wasser auf die Felder zu bringen. „Das hat einen großen Unterschied gemacht“, schilderte Jayaraj. Fossile Brennstoffe spielten in allen Lebensbereichen eines Landwirts eine Rolle.
„Für die Landwirtschaft und den gesamten Sektor wäre es verheerend, wenn sie auf ökologischen Landbau umstellen oder den Import oder die Produktion von fossilen Brennstoffen reduzieren würden.“
Die Modernisierung der Landwirtschaft in Indien, die auch grüne Revolution genannt wird, führte zu erheblichen Ertragssteigerungen, brachte aber auch einige negativen Auswirkungen mit sich. Darunter zählt die Belastung der Umwelt und der Gesundheit durch den intensiven Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln und eine Absenkung des Grundwasserspiegels durch künstliche Bewässerung.
Indien setzt auf Kohle
Im Gegensatz zu Afrika sei Indien der westlichen Zivilisation nicht verpflichtet, so Jayaraj. Das Land mit 1,3 Milliarden Menschen habe nicht die Absicht, auf Wind- und Solarenergie oder auf Elektrofahrzeuge umzusteigen. Der Wissenschaftler fügte hinzu, dass der Versuch einer solchen Umstellung „unpraktisch“ und politischer Selbstmord für jeden wäre, der eine solche Politik anstrebt.
Auch für Beisner ist klar, dass Länder ohne ungehinderten Zugang zu fossilen Brennstoffen weiterhin in Armut leben werden.
Es ist sehr wichtig, dass sie in der Lage sind, Stromerzeugungsanlagen zu bauen und dass diese Anlagen in großem Umfang Strom liefern – riesige Mengen an Strom – und zwar zuverlässig und ohne Unterbrechung.“
Mit den sogenannten erneuerbaren Energiequellen sei das nach Ansicht von Beisner „einfach nicht bezahlbar“. Ebenso erhalte das Fehlen von Strom in industriellem Maßstab extreme Armut. „Und das ist eine viel größere Bedrohung für die menschliche Gesundheit und das menschliche Leben als alles, was mit der Umwelt, dem Klima oder dem Wetter zu tun hat“, schlussfolgerte Beisner.
Der fossile Bedarf der Welt
Machogu erklärte, dass die meisten Kenianer zwar inzwischen Zugang zu Elektrizität haben. Allerdings sei der Verbrauch erheblich geringer als in westlichen Ländern.
„Ich stamme aus einer sechsköpfigen Familie. Ich habe drei Geschwister, meine Mutter und meinen Vater, und zusammen verbrauchen wir rund 12 bis 16 Kilowattstunden Strom im Monat“, so Machogu. „Ein amerikanischer Kühlschrank verbraucht 45 Kilowattstunden pro Monat – nur der Kühlschrank.“
In Afrika südlich der Sahara stammten laut dem Agraringenieur fast 90 Prozent ihrer Energie aus der Verbrennung von Biomasse – im Wesentlichen Kuhmist. In den USA kämen über 80 Prozent der Energie aus fossilen Brennstoffen, in China seien es sogar fast 90 Prozent. Die ganze Welt zusammengenommen beziehe über 80 Prozent ihrer Energie aus den Fossilen.
Machogu sagte, dass 1,4 Milliarden Afrikaner etwa 3,9 Millionen Barrel Öl pro Tag verbrauchen. Das sei „lächerlich“ im Vergleich zu den USA, die mit 333 Millionen Menschen ganze 20 Millionen Barrel Öl pro Tag verbrauchen würden. Deswegen hält er „viele westliche Politiker für heuchlerisch“.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „How Climate Change Narrative Is Preventing Africa From Modernizing and Gaining Prosperity“. (deutsche Bearbeitung mf)
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