Penny-Aktion: „Wahre Kosten“ war eine wahre Enttäuschung

Der Discounter Penny erhöhte für eine Woche bei neun seiner Produkte seine Preise deutlich. Der Aufschlag repräsentierte die Kosten für Umweltauswirkungen. Nun hat Penny ein eher negatives Fazit zur Aktion gezogen.
Penny
Bei der „Wahre-Kosten-Aktion“ des Discounters Penny gab es interessante Ergebnisse.Foto: Ina Fassbender/AFP via Getty Images
Von 28. Januar 2024

94 Prozent mehr für Käse, 88 Prozent mehr für Würstchen und 45 Prozent mehr für Fruchtjoghurt. Im Sommer vergangenen Jahres hatte der Lebensmitteldiscounter Penny ein außergewöhnliches Experiment gewagt. Auf der Grünen Woche in Berlin, die bis zum 28. Januar 2024 stattfindet, stellte das Unternehmen die Auswertung seiner Kampagne der „wahren Kosten“ vor.

Die Aktion betraf neun der rund 3.000 Produkte. Ende Juli verteuerte der Discounter deren Preise für eine Woche erheblich. Mit dem Aufschlag wollte Penny die Kosten darstellen, die laut dem Unternehmen durch verursachte Umweltschäden bei deren Produktion eigentlich berechnet werden müssten. Im Rahmen der Aktion wurden 2.255 Personen vor und nach der Aktionswoche zu ihrem Kaufverhalten befragt.

Penny: „Durch Preisdruck sind wir Teil des Problems“

Das Resümee von Penny selbst fiel ernüchternd aus. Wie ein Sprecher mitteilte, will Penny eine solche Aktion in der Form nicht noch einmal durchführen. Es gebe dadurch keine neuen Erkenntnisse, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete. Der Sprecher schlussfolgerte zudem: „Mehr können wir unseren Kunden nicht zumuten.“

Penny müsse als größeres Handelsunternehmen die Lebensmittel für alle Menschen bezahlbar anbieten. Nach Angaben des Discounters solle die Debatte über angemessene Lebensmittelpreise besser die Politik führen. Diese könnte gleichfalls entsprechende Rahmenbedingungen anpassen und verbessern. Ein einzelner Supermarkt könne die Probleme in der Landwirtschaft nicht lösen.

Penny zeigte sich in diesem Punkt offen für verschiedene Lösungen. Mögliche Maßnahmen wären beispielsweise eine Tierwohlabgabe, niedrigere Mehrwertsteuersätze für vegane Lebensmittel oder zielgerichtetere Subventionen.

Trotz der massiven Preisaufschläge während der Aktionswoche war der Discounter „überrascht, dass trotzdem noch relativ viele Menschen zu den Produkten gegriffen haben“, so der Sprecher. Er teilte laut der FAZ mit, dass Penny die daraus entstandenen Mehreinnahmen in Projekte zum klimaneutralen Umbau der Landwirtschaft investiert habe. Laut Unternehmensangaben kam eine Spendensumme von mehr als 370.000 Euro zusammen. Darin enthalten war eine Unternehmensspende von 50.000 Euro.

Penny gestand ein: „Wir sind uns durchaus bewusst, dass wir Teil des Pro­blems sind.“ Grund dafür sei der harte Wettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel. Dieser erzeuge einen enormen Preisdruck. Der Sprecher betonte: „Der deutsche Kunde ist eben sehr preissensibel.“ So widersprach er auch dem Vorwurf, Penny würde eine Billigmentalität bekämpfen, die das Unternehmen selbst geschaffen habe.

Mozzarella 62 Cent teurer

Angesichts der aktuellen stark inflationären Situation könnten sich viele Kunden ohnehin keine dauerhaft verteuerten Lebensmittel mehr leisten. Penny wies auch darauf hin, dass höhere Preise die Probleme überhaupt nicht lösen würden. „Wenn wir den Landwirten mehr zahlen, verschwinden die Umweltschäden nicht einfach.“

Das bestätigte auch Tobias Gaugler. Der Professor an der TU Nürnberg leitete das Forschungsprojekt im Rahmen der Aktion bei Penny. Er berechnete vorab die „wahren Kosten“. So ergab sich beispielsweise für den Mozzarella einen Preisaufschlag von insgesamt 62 Cent. Diese ergaben sich wie folgt:

  • 20 Cent für klimaschädliche Emissionen der Landwirtschaft – so etwa Methan oder Kohlenstoffdioxid (CO₂).
  • 22 Cent für die Bodenbelastungen aufgrund intensiver Landwirtschaft zur Futterproduktion.
  • 18 Cent für die Auswirkungen des Pestizideinsatzes und anderer Faktoren, die sich auf die Gesundheit der Landwirte auswirken.
  • 2 Cent für die Grundwasserbelastung – etwa durch Düngemittel.

Gaugler ist dabei offen für Kritik an seiner Berechnung. Verschiedene Parameter hatte der Studienleiter außen vor gelassen. Dazu zählen etwa Daten zu Tierwohlinitiativen oder die Bezahlung von Landwirten. „Uns ging es vor allem um die Umweltfolgekosten“, erklärte er.

Was die Menschen sagten

Die zur Aktion befragten 2.255 Menschen waren laut „Spiegel“ teilweise eine repräsentative Stichprobe der deutschen Bevölkerung und teilweise Penny-Kunden, die dort mindestens einmal im Monat einkauften.

Dabei stellte sich heraus, dass viele Kunden, die die verteuerten Produkte ausgewählt hatten, diese aus Gewohnheit kauften. Diesen Grund gaben 93 Prozent der Käufer an. 90 Prozent wählten die Produkte, weil sie sich für Nachhaltigkeit interessierten. Für 83 Prozent war die Spende ein entscheidender Grund.

Viele Käufer der Produkte, die die Preiserhöhungen bemerkten, ließen diese eben deswegen bewusst im Regal liegen. Demnach sind die Verkäufe der Produkte in ganz Deutschland in Summe gesunken. 85 Prozent derer, die die Produkte nicht gekauft hatten, hielten sie für zu teuer.

In den neuen Bundesländern war der Rückgang der Verkaufszahlen mit bis zu 70 Prozent besonders stark. Im Westen und Süden Deutschlands sanken die Verkäufe der Aktionsprodukte verhältnismäßig am wenigsten, vielerorts waren es bis zu 50 Prozent. Diese regionalen Unterschiede könnten auf verschiedene Faktoren wie Einkommen oder Interesse an Nachhaltigkeit zurückgeführt werden, schreiben die Wissenschaftler.

Der Studie zufolge bemerkten 64 Prozent der Befragten die Penny-Aktion. Bei jedem Zweiten habe diese demnach zu mehr Bewusstsein für die wahren Kosten von Lebensmitteln geführt. 46 Prozent gaben an, die Kampagne sei lediglich Marketing und habe keine positiven Auswirkungen.



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