
US-Nahostbeauftragter McGurk: „Zeit der Regime-Change-Politik ist vorbei“
Die USA hat aus der Nah-Ost-Politik der letzten drei Präsidenten ihre Lehren gezogen. „Regionale Transformation“ werden nicht mehr angestrebt.

Brett McGurk.
Foto: Win McNamee/Getty Images
Knapp ein Vierteljahr nach dem Abzug der US-Truppen aus Afghanistan und der Machtergreifung der Taliban hat der Nahostkoordinator der Regierung Biden, Brett McGurk, zumindest in weiten Teilen ein Scheitern der westlichen Außenpolitik nach dem Ende des Kalten Krieges eingeräumt.
In einem Exklusiv-Interview mit der in Abu Dhabi erscheinenden Zeitung „The National“ erklärte McGurk, die USA hätten „aus der Politik der letzten drei Präsidenten Lehren gezogen“. Washington würde eine Strategie der „Rückkehr zu den Grundlagen“ in der Außenpolitik suchen, einschließlich der Aufgabe der „Regimewechselpolitik“.
„Maximalismus hat Interessen der USA geschadet“
McGurk, der in allen Administrationen seit George W. Bush im Weißen Haus in unterschiedlichen Funktionen an der Nahostpolitik des Weißen Hauses beteiligt war, hat sich im Anschluss an die Konferenz „Manama Dialog“ gegenüber der emiratischen Zeitung geäußert.
Dabei räumte er ein, dass die vorangegangenen Administrationen jeweils „maximalistische“ Ziele im Nahen Osten und in Nordafrika verfolgt hätten, die den Interessen der USA zuwiderliefen. Daraus habe man „harte Lektionen“ lernen müssen.
Die Regierung Bush 43 habe eine Agenda der „regionalen Transformation“ verfolgt. Die Invasion des Irak sei ein Teil davon gewesen – „Demokratisierung und Nationenbildung, massive Investitionen, und ich habe viel davon aus der Nähe gesehen, und die Kosten sind extrem hoch“.
Verteidigungsfähigkeit der Partner stärken
Nachfolger Obama habe sich davon absetzen wollen, sei jedoch selbst in eine maximalistische Linie verfallen, als die Aufstände in der arabischen Welt ausgebrochen waren. Donald Trump wiederum habe deutlich gemacht, nicht mehr für diesen Ansatz zur Verfügung zu stehen, aber auch dessen Politik war nach Einschätzung von McGurk „im Iran und anderswo extrem maximalistisch, was zwangsläufig zu unbeabsichtigten Folgen führt“.
Die derzeitige US-Regierung konzentriere sich auf die „Grundlagen des Aufbaus, der Aufrechterhaltung und der Stärkung unserer Partnerschaften und Allianzen“ in der Region und begreife diese als „einzigartigen komparativen Vorteil“.
Ob es aufseiten der Regierung Biden „rote Linien“ gäbe, die diese nicht überschreiten wolle, ließ McGurk offen. Er betonte jedoch, die USA seien „fest entschlossen, die Verteidigungsfähigkeiten unserer Partner hier im Nahen Osten zu stärken“.
In der Türkei hat McGurk mit Misstrauen zu kämpfen
Die USA wollten ihre Politik durch „die Untersuchung der Fakten vor Ort und die ruhige Konsultation mit unseren Verbündeten“ bestimmen lassen und gleichzeitig „sehr deutlich machen, dass wir unsere Interessen und unsere Freunde schützen werden“.
Während der vergangenen zwei Wochen waren mehrere hochrangige Vertreter der US-Regierung durch die Nahostregion gereist, um die Beziehungen zu Verbündeten in der Region zu stärken und etwaige Bedenken auszuräumen.
Zu den Besuchern in der Region gehörten Verteidigungsminister Lloyd Austin, der US-Sondergesandte für den Iran, Rob Malley, und der US-Sondergesandte für den Jemen, Tim Lenderking.
Vor allem in Staaten wie Saudi-Arabien oder Israel blickt man mit Argwohn auf die Bemühungen der Regierung Biden, das Regime in Teheran zurück an den Verhandlungstisch bezüglich des iranischen Atomprogramms zu bewegen.
Was speziell McGurk anbelangt, steht dieser vor allem in der Türkei in der Kritik, die nicht vergessen hat, welche Rolle er bezüglich der Unterstützung der USA für die „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF) im Norden Syriens gespielt hatte.
Diese werden von den kurdischen „Volksverteidigungseinheiten“ (YPG) dominiert, die wiederum als syrischer Ableger der terroristischen „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) gelten.
Dialog mit Russland – Koordination mit Saudis
Was die Frage nach den derzeitigen Endzielen der USA in Syrien anbelangt, sagte McGurk, er wolle sich „nicht in eine Diskussion über Endzustände verwickeln lassen, denn dies sei der Nahe Osten und wenn man über Endzustände spricht, kann man sich in Schwierigkeiten bringen“.
Er hob jedoch hervor, dass die Gewalt im Bürgerkrieg auf dem niedrigsten Stand seit Jahren sei und man sicherstellen wolle, dass das so bleibe. „Und wir haben das mit den Russen besprochen […] und die Russen haben uns gesagt, dass sie sich zu den Waffenstillständen bekennen und wir uns zu ihnen bekennen.“
Je stabiler die Lage sei, umso eher sei man in der Lage, humanitäre Not zu lindern, die infolge von Kampfhandlungen und Sanktionen entstanden sei. Ähnliches strebe man im Jemen an, wo die vom Iran gesteuerten Huthis „eindeutig die Aggressoren“ seien, aber man durch effiziente Abstimmung mit den saudischen Verbündeten ebenfalls ein Abflauen der Kampfhandlungen erreichen habe können.
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