Thinktank RUSI: Nordkoreanische Raketen töten auf europäischem Boden

Der Westen stattet die Ukraine im Kampf gegen Russland regelmäßig mit Waffen aus. Doch auch Putin bekommt militärisches Material – von seinem Verbündeten Nordkorea.
Titelbild
Ukrainische Beamte untersuchen Überreste einer Rakete am Ort eines Angriffs in Kiew am 25. März 2024.Foto: Sergei Supinsky/AFP via Getty Images
Von 13. Mai 2024

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Zu Jahresbeginn fand die ukrainische Waffeninspektorin Khrystyna Kimachuk heraus, dass Russland im Krieg gegen die Ukraine wohl Unterstützung von Nordkorea erhalten hat. Das belegen Überreste einer Rakete, die in der Stadt Charkiw eingeschlagen ist.

Wir hatten gehört, dass sie [die Nordkoreaner] einige Waffen nach Russland geliefert hatten. Aber ich konnte sie sehen, anfassen und untersuchen, wie es zuvor noch niemand getan hatte. Das war sehr aufregend.“

Das sagte Kimachuk in einem Bericht der BBC. Seit dieser Entdeckung identifizierte das ukrainische Militär bereits Dutzende Raketen von Russland mit nordkoreanischem Ursprung, die im Ukraine-Krieg zum Einsatz kamen. Diese hätten mindestens 24 Menschen getötet und mehr als 70 verletzt.

Illegale Beschaffung von Komponenten

Bei der Untersuchung der nordkoreanischen Rakete erlebten Kimachuk und ihr Team eine Überraschung: Die Rakete war vollgestopft mit der neuesten ausländischen Technologie. Die meisten elektronischen Teile wurden in jüngerer Zeit in den USA und Europa hergestellt.

Das bedeutet, dass Nordkorea wichtige Waffenkomponenten illegal aus anderen Ländern ins Land geschmuggelt hat. Im Inland wurde die Rakete offenbar zusammengebaut, anschließend heimlich nach Russland verschifft und im Krieg abgefeuert. Das geschah alles innerhalb weniger Monate.

Gleichzeitig gelten für Nordkorea mit der Verabschiedung der Resolution 1718 seit 2006 starke Sanktionen. Der UN-Sicherheitsrat hat den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen verboten, Materialien und Technologien zu exportieren, die Nordkorea für die Herstellung ballistischer Raketen verwenden könnte.

Dennoch gelingt es Nordkorea offenbar immer wieder, sich in relativ kurzer Zeit alles zu beschaffen, was es für den Bau seiner Waffen brenötigt.

Wie kam Nordkorea an die Bauteile?

Aaron Arnold ist ein ehemaliges Mitglied des UN-Expertengremiums für die Sanktionen gegen Nordkorea. Er kommentierte, dass die Entdeckungen zeigen, „wie durchlässig die westlichen Exportkontrollsysteme sein können“.

Zudem teilte Arnold mit, dass einige der Gegenstände, die in der nordkoreanischen Rakete gelandet sind, sowohl zur Herstellung von Waffen als auch von Handelswaren verwendet werden können. „Einige der westlichen Mikroelektronik, die in russischen Drohnen gefunden wurde, wird zum Beispiel auch in Kühlschränken verwendet“, erklärt Arnold.

Arnold und andere Fachleute berichteten von einer typischen nordkoreanischen Methode, um verbotene Güter über Drittländer zu schmuggeln. Die Zulieferer wissen dabei nicht, wer der Endnutzer ist. Das mache es schwierig, Komponenten aufzuspüren, die Nordkorea erreichen.

Dennoch könne man etablierte Beschaffungsnetzwerke nutzen, um Komponenten von Raketen zurückzuverfolgen und Zwischenhändler zu identifizieren.

Mindestens 7.000 Container für Russland

Ebenfalls fassungslos über die umstrittenen möglichen Materialbeschaffungen Nordkoreas zeigte sich Joseph Byrne. Der Nordkorea-Spezialist arbeitet beim renommierten Thinktank Royal United Services Institute (RUSI) in London.

Der RUSI ist ein unabhängiger Thinktank, der sich mit Verteidigungs- und Sicherheitsforschung befasst, und der älteste Thinktank dieser Art weltweit. Er unterhält ein globales Netzwerk mit Büros in London, Nairobi und Brüssel.

Byrne und sein Team verfolgten am RUSI die Lieferungen nordkoreanischer Waffen nach Russland, seit sich der nordkoreanische Staatschef Kim Jong-un im September letzten Jahres mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin in Russland getroffen hatte. Mutmaßlich wurde dort ein Waffengeschäft abgeschlossen. Byrne sagt:

Ich hätte nie gedacht, dass nordkoreanische ballistische Raketen dazu benutzt werden, Menschen auf europäischem Boden zu töten.“

Der Handel zwischen Russland und Nordkorea findet offenbar über den Seeweg statt. Auf Satellitenbildern konnte das Team vier russische Frachtschiffe erkennen. Jedes davon hatte Hunderte Container an Bord. Diese pendelten zwischen Nordkorea und einem russischen Militärhafen hin und her.

Nordkorea

Containerschiffe bringen möglicherweise Waffen von Nordkorea nach Russland. Foto: Yasin Agkul/AFP via Getty Images

Nach Schätzungen von RUSI hat Nordkorea bisher 7.000 Container nach Russland geliefert, die mit mehr als einer Million Munitionshülsen und Grad-Raketen gefüllt sind.

Informationen aus den USA, dem Vereinigten Königreich und Südkorea stützen diese Einschätzungen. Sie vermuten einen teilweise noch größeren Handelsumfang. Die USA gehen von mehr als 10.000 Containern mit Munition oder munitionsbezogenem Material aus, die Nordkorea seit September 2023 nach Russland geliefert hat. Russland und Nordkorea bestritten diesen Handel bisher.

„Diese Granaten und Raketen gehören heute zu den begehrtesten Gütern der Welt. Russland kann dadurch ukrainische Städte bombardieren, während die USA und Europa zur selben Zeit nicht wissen, welche Waffen sie beisteuern sollen“, so Byrne.

Zusammenarbeit einer Allianz

Roderich Kiesewetter (CDU), ehemaliger Oberst der Bundeswehr und seit 2009 direkt gewähltes Mitglied des Deutschen Bundestages, sieht seit Längerem eine enge Kooperation der mächtigen Oststaaten Russland, Nordkorea, China und Iran, wie er der „Welt“ mitteilte. Alle vier Staaten fördern die Staatenvereinigung BRICS. Diese Länder sind zudem diktatorisch und sozialistisch ausgerichtet.

Erst im März war beispielsweise der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR, Sergej Naryschkin, zu Gesprächen in Pjöngjang. Eines der Themen war die Vertiefung der bilateralen Zusammenarbeit mit Nordkorea. Wie Nordkoreas staatliche Nachrichtenagentur KCNA verkündete, wollten die beiden Staaten damit die „ständig zunehmenden Spionage- und Verschwörungsversuche der feindlichen Kräfte“ abwehren.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion