Konten gesperrt: Myanmar geht gegen Soros und Open Society Foundation vor
Knapp zwei Monate nach dem Militärputsch in Myanmar sind der bekannte US-Milliardär George Soros und die von ihm gegründete Nichtregierungsorganisation „Open Society Foundation“ (OSF) in dem südostasiatischen Land ins Visier der neuen Machthaber geraten.
Wie mehrere indische Zeitungen berichten, hat die Junta Bankkonten der OSF beschlagnahmt, auf denen sich noch ein Guthaben von insgesamt umgerechnet 3,81 Millionen US-Dollar befunden habe. Auch Haftbefehle sind gegen Mitarbeiter der NGO ausgestellt und zum Teil bereits vollstreckt worden.
Elf Haftbefehle gegen OSF-Mitarbeiter
Wie „Opindia“ mitteilt, ermitteln die Strafverfolgungsbehörden in Myanmar gegen die OSF wegen des Verdachts, in der Woche nach dem Staatsstreich am 1. Februar insgesamt 1,4 Millionen US-Dollar von eigenen Konten abgehoben und außer Landes gebracht zu haben. Für den Transfer von Beträgen in dieser Höhe gelten in Myanmar Devisenbeschränkungen.
Weil die Soros-NGO zudem eine Vielzahl an finanziellen Restriktionen verletzt haben soll, die für Nichtregierungsorganisationen im Land gelten, wurden Konten gesperrt, die mit der Vereinigung in Verbindung gebracht werden könnten.
Das Regime hat zusätzlich am Montag der Vorwoche, 15. März, über sein Sprachrohr „Myanmar Radio and Television“ („MRTV“) mitgeteilt, dass gegen elf Mitarbeiter der Stiftung Haftbefehle ausgestellt worden seien. Seit dem 12. März soll sich Berichten zufolge der Finanzchef der OSF Myanmar in Untersuchungshaft befinden.
Stiftung soll unerlaubt Geld außer Landes transferiert haben
Neben dem Transfer von Guthaben-Beständen in der Woche nach dem Putsch wirft das Regime der Soros-Stiftung auch vor, ohne zuvor die erforderliche Genehmigung durch die Zentralbank eingeholt zu haben, im Jahr 2018 eine Kaution gemeinsam mit der Entwicklungsbank für kleine und mittlere Unternehmen in Myanmar (SMED) in Höhe von fünf Millionen US-Dollar aufgebracht zu haben.
Von dort geführten Konten soll man nun auch die 1,4 Millionen in der Woche nach dem Putsch transferiert haben. Außerdem beschuldigt die Führung in Naypyidaw die Stiftung, Gruppen im Land finanzielle Unterstützung zu leisten, die zu zivilem Ungehorsam im Land aufrufen.
Suu Kyi soll zehn Mal Soros oder dessen Sohn persönlich getroffen haben
Einer der Hauptgründe für das nunmehrige harte Vorgehen der Junta gegen die Soros-Organisationen dürfte deren behauptete Nähe zur abgesetzten Premierministerin Aung San Suu Kyi sein.
Der Militärjunta nahestehende Medien sprechen davon, dass die Friedensnobelpreisträgerin und Vorsitzende der regierenden Nationalen Liga für Demokratie (NLD) sich zwischen 2014 und 2017 vier Mal mit George Soros persönlich und zwischen 2017 und 2020 sechs Mal mit dessen Sohn und stellvertretenden OSF-Chef Alexander Soros getroffen habe.
Die dem Militär nahestehende „Partei der Solidarität und Entwicklung der Union“ beschuldigt die Soros-Stiftungen, auf den politischen Willensbildungsprozess im Land Einfluss zu nehmen. Im Jahr 2017 beschuldigte man einen Minister der NLD, seine frühere bezahlte Tätigkeit für Soros nicht deklariert zu haben.
OSF weist Vorwürfe zurück
Die OSF forderte unterdessen in einer Erklärung die sofortige Freilassung von inhaftierten Mitarbeitern und äußerte sich „besorgt“ und „alarmiert“ über das Vorhaben der Regierenden, noch weitere Beschäftigte und Partner der Stiftung Verhören zu unterziehen.
Die Vorwürfe finanzieller Vergehen der Organisation in Myanmar wies die OSF gegenüber „Reuters“ zurück:
„Die Vorwürfe finanziellen Fehlverhaltens, inklusive der Darstellung, Open Society Myanmar (OSM) habe mit dem Abzug eigener Bestände in lokaler Währung von der SMED-Bank illegal gehandelt, sind falsch. Behauptungen, OSM verwende diese Bestände für illegale Aktivitäten, sind falsch. Die Bestände wurden ausschließlich für Aktivitäten verwendet, die im Einklang mit den Zielen der OSM stehen.“
Dem Portal „Irrawady“ zufolge fördere die OSF seit 1994 den demokratischen Übergang und die Wahrung der Menschenrechte in Myanmar, einschließlich der Rechte marginalisierter Gruppen. Jahr für Jahr gehe Geld aus der Stiftung an mehr als 100 Projekte, zumeist an zivilgesellschaftliche Graswurzelorganisationen, ethnische Medien und Bildungsorganisationen.
Militär putschte sich in Myanmar wiederholt an die Macht
Die Armee setzte Aung San Suu Kyi ab und übernahm die Macht im Land, nachdem die Opposition behauptet hatte, die NLD habe im November 2020 ihre absolute Mehrheit bei den Parlamentswahlen durch Manipulationen und Wahlbetrug sichergestellt. Westliche Beobachter bestreiten die Richtigkeit dieser Darstellung.
Die lange Jahre in internationalen Organisationen tätige Diplomatin Aung San Suu Kyi galt seit Ende der 1980er Jahre als Hoffnungsträgerin des Westens im früheren Burma, das bis in die 2010er Jahre regelmäßig nur kurze Phasen relativer politischer Freiheit erlebte, die immer wieder durch Staatsstreiche des Militärs unterbrochen wurden.
Seit 2015 De-facto-Oberhaupt des Landes
Aung San Suu Kyi wurde mehrfach inhaftiert und verbrachte Jahre im Hausarrest, gleichzeitig wurden ihr von westlichen Ländern, NGOs und internationalen Organisationen zahlreiche Preise und Auszeichnungen zugedacht.
Im Jahr 2015 gewann ihre Partei die Parlamentswahlen. Obwohl die Verfassung es ihr nicht ermöglichte, das Präsidentenamt zu bekleiden, fungierte die Politikerin als das De-facto-Regierungsoberhaupt des Landes.
Politisch veranlasste sie einige Wirtschaftsreformen, ließ einige politische Gefangene frei und band das Land stärker in internationale Institutionen ein.
Gleichzeitig weigerte sie sich jedoch, das Vorgehen von Sicherheitskräften gegen Angehörige der muslimischen Rohingya-Volksgruppe zu verurteilen, das nach Einschätzung westlicher Staaten und internationaler Organisationen als Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu qualifizieren sei.
Schweigen Suu Kyis zu Rohingya-Völkermord dämpft Solidarität nach Putsch
Suu Kyi rechtfertigte auch die Inhaftierung zweier ausländischer Journalisten, die kritisch über die Gräueltaten an Rohingya in der Provinz Rakhine berichtet hatten. Seit 2015 sind nach Einschätzungen von Beobachtern hunderte Dörfer der Volksgruppe zerstört worden, mehrere zehntausend Menschen fielen Massakern zum Opfer, 18.000 Frauen und Mädchen aus der Volksgruppe sollen sexueller Gewalt ausgesetzt worden sein.
Mehr als 700.000 Rohingya flohen innerhalb von nur wenigen Monaten ins benachbarte Bangladesch. Dass Aung San Suu Kyi zu keinem Zeitpunkt ein Wort der Verurteilung des Vorgehens gegen die Minderheit in Rakhine gefunden hatte, ist nach Einschätzung westlicher Experten einer der Gründe dafür, dass der Westen und internationale Organisationen bislang wenig Druck in Richtung der Militärjunta aufgebaut haben.
US-Präsident Joe Biden verhängte Sanktionen gegen einzelne Angehörige des Militärregimes und fror eine Milliarde US-Dollar an Vermögensbeständen ein, die regierungsnahe Personen und Institutionen Myanmars in den USA führten. Die UNO, die EU und die ASEAN-Staaten brachten in Resolutionen bislang jedoch nur ihre „Sorge“ über die Entwicklungen in Myanmar zum Ausdruck und appellierten an alle Konfliktparteien, zum Dialog zurückzukehren.
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