Gouverneur: Russland hat Donezk in gefährlichen Hotspot verwandelt

Die Appelle klingen dramatisch. In der Region Donezk rufen die Behörden Zivilisten zur Flucht auf. Die Ukraine befürchtet, dass Russland seine Offensive ausweitet.
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Zerstörte Gebäude im Zentrum der ukrainischen Stadt Kramatorsk, am 7. Juli 2022.Foto: MIGUEL MEDINA/AFP via Getty Images
Epoch Times7. Juli 2022

Die Ukraine bereitet sich nach der weitgehenden russischen Eroberung von Luhansk auf eine massive Ausweitung der Angriffe auf die ostukrainische Nachbarregion Donezk vor. Die dortigen Behörden forderten die Zivilbevölkerung zur Flucht auf.

„Russland hat das gesamte Gebiet von Donezk zu einem gefährlichen Hotspot auch für Zivilisten gemacht“, warnte Gouverneur Pawlo Kyrylenko. Der Bürgermeister von Slowjansk, Wadym Ljach, kündigte Busse und Züge zum Transport von Zivilisten in den Westen des Landes an: „Kein Risiko eingehen! Packt zusammen!“

Angriff auf Kramatorsk: Todesopfer und Verletzte

Bei einem Angriff auf die Stadt Kramatorsk im Osten der Ukraine ist am Donnerstag mindestens ein Mensch getötet worden. Mehrere weitere Menschen wurden verletzt, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Eine Explosion riss einen großen Krater zwischen ein Hotel und Wohngebäude. Die Journalisten sahen einen Toten, mehrere Verletzte sowie zwei brennende Autos.

Der Bürgermeister der Stadt schrieb auf Facebook: „Luftangriff auf das Zentrum von Kramatorsk. Es gibt Opfer.“ Er rief die Einwohner auf, in Schutzräumen zu bleiben. „Die Gefahr ist noch nicht vorüber“, fügte er hinzu. Zuvor hatte der Gouverneur der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, von mindestens sieben zivilen Todesopfern in der Region am Mittwoch berichtet, als mehrere Ortschaften unter Artillerie- und Raketenbeschuss geraten waren. Kramatorsk ist die Hauptstadt des ukrainisch kontrollierten Teils der Region Donezk.

Russland hat nach eigenen Angaben die gesamte benachbarte Region Luhansk unter seine Kontrolle gebracht und versucht nun, die Region Donezk zu erobern. Ziel ist es, die gesamte Donbass-Region zu besetzen, die seit 2014 bereits in Teilen durch von Moskau unterstützte Separatisten kontrolliert wird.

In Donezk gilt die Stadt Slowjansk das nächste strategische Ziel der russischen Streitkräfte. Die Stadt geriet diese Woche massiv unter Beschuss. Am Dienstag schlugen Raketen auf einem Marktplatz und in umliegende Straßen im Zentrum ein, mindestens drei Menschen wurden getötet. Slowjansk und Kramatorsk sind die beiden größten Städte in der Region, die noch unter ukrainischer Kontrolle stehen.

Ukrainisches Militär: Russland kämpft weiter um Kontrolle von Luhansk

Seitdem Russland die weitgehende Kontrolle über die ostukrainische Region Luhansk übernommen hat, hat sich der Schwerpunkt der Kämpfe ins benachbarte Donezk verlagert. Im Visier der russischen Armee sind besonders die Städte Kramatorsk und Slowjansk. Der ukrainische Generalstab berichtete, rund um die Städte Kramatorsk und Bachmut seien mehrere Siedlungen mit Artillerie beschossen worden. Aus der südukrainischen Region Odessa wurden darüber hinaus in der Nacht zwei Raketenangriffe gemeldet.

Trotz ihrer militärischen Erfolge kämpfen russische Truppen nach Angaben aus Kiew aber immer noch um die vollständige Kontrolle über Luhansk. Dazu hätten die Russen einige ihrer Einheiten verlegt, teilte der ukrainische Generalstab mit. Aus Moskau heißt es hingegen seit Tagen, man habe Luhansk komplett unter Kontrolle gebracht.

Soldaten hissen ukrainische Flagge auf der Schlangeninsel

Ukrainische Soldaten hissten auf der symbolträchtigen Schlangeninsel im Schwarzen Meer inzwischen wieder die ukrainische Flagge. Der Sprecher der Militärverwaltung des Gebiets Odessa, Serhij Brattschuk, veröffentlichte im Nachrichtendienst Telegram mehrere Fotos. Die Insel war nach Kriegsbeginn von Russen besetzt worden, die Truppen zogen vor einer Woche nach ukrainischen Angriffen wieder ab.

Am Donnerstagmorgen wurde der Anlegesteg der Insel ukrainischen Angaben zufolge durch zwei russische Raketen „erheblich beschädigt“. Von russischer Seite hieß es, bei dem Angriff seien mehrere ukrainische Soldaten getötet worden. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Selenskyj: Westliche Waffen helfen Ukraine

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht in westlichen Waffensystemen eine kraftvolle Verstärkung der ukrainischen Armee im Krieg gegen Russland. Mit treffgenauer Artillerie zerstöre die Ukraine Depots und andere Ziele, die für die Logistik der Russen wichtig seien, sagte Selenskyj am Mittwoch in einer Videobotschaft. „Und das reduziert das Offensivpotenzial der russischen Armee erheblich. Die Verluste der Besatzer werden mit jeder Woche zunehmen“, meinte er.

Lambrecht erteilt Lieferung von Transportpanzer Fuchs klare Absage

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Mittwoch weitere Waffenlieferungen in die Ukraine im Zuge eines sogenannten Ringtauschs angekündigt. Einer Lieferung von Transportpanzern des Typs Fuchs an die Ukraine erteilte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am Donnerstag eine Absage.

„Wir unterstützen die Ukraine mit allem, was möglich und verantwortbar ist. Aber wir müssen die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands gewährleisten“, teilte die SPD-Ministerin der Deutschen Presse-Agentur mit. Sie reagierte damit auf Forderungen der Union.

Selenskyj spricht von Raketenangriff auf Universität

Beide Kriegsparteien machten sich gegenseitig für Tote und Verletzte bei neuen Angriffen verantwortlich. Die prorussischen Separatisten in der Region Donezk warfen der ukrainischen Armee vor, durch Beschuss sechs Menschen getötet zu haben, darunter drei Kinder. 19 Menschen seien verletzt worden.

Die Ukraine warf der russischen Armee ihrerseits den Beschuss mehrerer Orte vor. In der Region Donezk seien drei Menschen getötet worden. Selenskyj machte Russland für einen Raketenangriff auf die pädagogische Universität der zweitgrößten Stadt Charkiw verantwortlich. Die Angaben beider Seiten waren von unabhängiger Seite zunächst nicht überprüfbar.

Russland hat ein Fünftel der landwirtschaftlichen Flächen der Ukraine besetzt

Seit Beginn des Ukrainekriegs hat Russland rund 22 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen der Ukraine besetzt. „Der Brotkorb der Welt befindet sich im Krieg“, sagte Inbal Becker-Reshef von der US-Raumfahrtbehörde NASA am Donnerstag. Sie leitet die Abteilung zur Beobachtung der weltweiten Nahrungsmittelproduktion per Satellit.

Die Ukraine lieferte vor dem Krieg fast die Hälfte (46 Prozent) des weltweit gehandelten Sonnenblumenöls, neun Prozent des Weizens, 17 Prozent der Gerste und zwölf Prozent des Mais. Russland besetzt laut den von der NASA ausgewerteten Satellitendaten in der Ukraine aktuell 28 Prozent der Wintergetreidefelder des Landes und 18 Prozent der Sommergetreide- oder Ölsaatenflächen.

Russland blockiert zudem den Export von Getreide und Ölsaaten wie Sonnenblumen und Raps aus dem Hafen von Odessa. Die Armee hat Lagerhäuser und Verkehrsinfrastruktur für den Transport der Güter zerstört. „Wir stehen am Anfang einer Nahrungsmittelkrise, die wahrscheinlich jedes Land und jeden Menschen auf dieser Erde in der einen oder anderen Weise betreffen wird“, sagte Becker-Reshef. (dpa/afp/mf)



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