Finanzminister: Ungarische Wirtschaft stärker als erwartet

Ungarn will eine Ausnahme von der Rezession sein. Handel und wirtschaftliche Investitionen des Landes mit den Balkanstaaten und anderen Ländern außerhalb der EU steigen. Jüngste statistische Daten stimmen positiv.
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Ungarische Banknoten und Münzen, der ungarische Forint.Foto: ATTILA KISBENEDEK/AFP via Getty Images
Von 21. November 2022

Die ungarische Wirtschaft ist im dritten Quartal um 4,1 Prozent und in den ersten neun Monaten des Jahres um 6,1 Prozent gewachsen. Das Ergebnis übertraf die Erwartungen der Fachleute, erklärt Finanzminister Mihály Varga in einer Videobotschaft. „Die ungarische Wirtschaft ist gegen die negativen Auswirkungen von Krieg und Sanktionen resistent“, sagte er.

Die jüngsten Daten des ungarischen Zentralamts für Statistik kommentierte Varga dahingehend, dass das ungarische Bruttoinlandsprodukt eines der besten in der EU sei. Industrie, Einzelhandel und Dienstleistungen hätten ebenfalls zugenommen.

Balkanregion im Fokus der Handelsbeziehungen

Wiederholt betonten sowohl Ministerpräsident Viktor Orbán als auch Außenminister Péter Szijjártó, dass sie in einem rezessiven Umfeld eine Ausnahme schaffen wollen. „Ungarn möchte eine lokale Ausnahme von der europäischen Rezession sein. Und um dies zu erreichen, müssen wir die Wirtschaft auf einem Wachstumspfad halten. Das kann nur geschehen, wenn mehr Unternehmen mehr Investitionen nach Ungarn bringen“, sagte Szijjártó kürzlich.

Zu diesem Zweck öffnet sich die ungarische Regierung gegenüber ihren Nachbarstaaten im Osten und Süden. Beim Ausbau von Handelsbeziehungen steht derzeit die Balkanregion im Fokus der ungarischen Regierung. Nach Regierungsangaben kommt in jeder Woche ein neuer Handelspartner aus dem Osten oder einem anderen Nicht-EU-Land nach Budapest.

Der Außenminister kündigte kürzlich neue Kooperationen mit den Malediven, Laos, Usbekistan, Kirgisistan, Japan, Georgien und anderen an. Auf dem Indo-Pazifik-Forum in Prag im April dieses Jahres sagte Szijjártó:

Die Hoffnung auf eine Ost-West-Zusammenarbeit ist in Europa zumindest für die nächste Zeit zunichtegemacht worden.“

Gleichzeitig wies Szijjártó darauf hin, dass US-Unternehmen aktuell die zweitgrößte Investorengemeinschaft in Ungarn sind und „105.000 Menschen Arbeit bieten“.

Ungarns Exporte stiegen um ein Viertel

Nach Angaben des Ministers sei Ungarn die zehntgrößte offene Volkswirtschaft der Welt, in der ausländisches Betriebskapital eine sehr wichtige Rolle spiele und die Exporte mehr als 85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen würden. Unter geschlossenen Volkswirtschaften werden nach einer ungarischen Analyse Länder wie Vietnam verstanden. Darüber hinaus auch der größte Teil der afrikanischen Staaten, Marokko und Algerien (ohne die Ölverkäufe), Tadschikistan und auch Brasilien (wenn die Importe vernachlässigt werden).

Bei dem Treffen wies Außenminister Péter Szijjártó darauf hin, dass die ungarischen Exporte allein im Jahr 2021 um ein Viertel gestiegen sind. Gleichzeitig erreichte das Handelsvolumen mit der südostasiatischen Region einen neuen Rekord in Höhe von mehr als 13,5 Milliarden US-Dollar.

Szijjártó betonte, dass Außenbeziehungen die Europäische Union stärken. Daher sollten die Verhandlungen über Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit den Ländern der Region beschleunigt werden. Der Abschluss von Freihandelsabkommen mit Indonesien, Neuseeland und Australien sei wichtig.

Hinter dem Wachstum entwickelte sich eine „technische Rezession“

Analysten und Fachportale sehen den Trend einer technischen Rezession. Als technische Rezession wird ein Rückgang der Wirtschaftsleistung in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen betrachtet.

Nach einer detaillierten Analyse der vom Statistikamt veröffentlichten Daten warnen ungarische Fachportale wie „Pénzcentrum“ oder „Világ Gazdaság“, dass die ungarische Wirtschaft in den kommenden Monaten wahrscheinlich in eine solche Rezessionsphase eintreten werde. Das sei eine Entwicklung, die bereits im vergangenen Quartal eingesetzt habe. In den letzten drei Monaten ist das BIP um 0,4 Prozent zurückgegangen.

In der Begründung heißt es, dass die Verlangsamung nicht überraschend komme. Der Anstieg der Energiekosten habe sowohl Unternehmen als auch Haushalte dazu veranlasst, ihre Investitionen und ihren Verbrauch zu drosseln. Darüber hinaus werde eine hohe Inflation die Reallöhne senken, was die Kaufkraft der Bevölkerung verringert.

János Nagy, makroökonomischer Analyst der „Erste Bank Hungary“ bestätigt: „Die Industrie war relativ widerstandsfähig und auch der Automobilsektor hat sich relativ gut entwickelt. Der Sektor leistete einen positiven Beitrag zum Wachstum. Darüber hinaus könnten die Dienstleistungen eine weitere treibende Kraft sein, insbesondere Verkehr, Tourismus und Freizeit.“

Analysten gehen davon aus, dass sich die ungarische Wirtschaft nach einem Nullwachstum im Jahr 2023 bis 2024 normalisieren wird, wobei die Inflation hoch sein dürfte, schreibt die linke Tageszeitung „Népszava“.

Eurostat-Daten, EU-Vergleiche

Das Wirtschaftsportal „Management Forum“ verglich die neu veröffentlichten ungarischen Daten mit den Statistiken von „Eurostat“ für Mitgliedstaaten der EU.

Mit einer jährlichen BIP-Wachstumsrate von 4,1 Prozent liegt Ungarn an fünfter Stelle der EU-Mitgliedstaaten, für die Daten vorliegen. Zypern liegt demnach auf dem ersten Platz, gefolgt von Portugal, Rumänien und Polen.

Betrachtet man die Daten nur für das letzte Quartal, so ergibt sich ein anderes Bild. Im Vergleich zum Vorquartal sank die Wirtschaftsleistung in Ungarn um 0,4 Prozent. Damit liegt das Land an drittschlechtester Stelle. Wie die ungarische Wirtschaft verzeichnete auch die tschechische Wirtschaft einen Rückgang des BIP von 0,4 Prozent. Es folgen die Slowenen mit einem Minus von 1,4 Prozent und schließlich die Letten mit einem Minus von 1,7 Prozent.



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