Keine validen Statistiken zur Messerkriminalität von Zuwanderern
Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft Halle nach einer Anzeige der linken Landtagsabgeordneten Quade gegen den 62-jährigen CDU-Politiker Gürth wegen Volksverhetzung.
Die Anzeige steht im Zusammenhang mit einem Messerattentat im sachsen-anhaltinischen Wolmirstedt. Ein 27-jähriger Afghane hatte Mitte Juni dieses Jahres zunächst einen Landsmann angegriffen und diesen tödlich verletzt. Anschließend attackierte er mehrere Menschen auf einer Fußball-EM-Gartenparty mit einem Messer. Der Angreifer wurde von der Polizei erschossen.
Der CDU-Politiker hatte dazu via X einen inzwischen gelöschten Tweet veröffentlicht, der zur besagten Anzeige führte. Gürth hatte den Polizeieinsatz mit Todesfolge gutgeheißen.
Die Innenminister der Länder hatten bereits 2018 beschlossen, Messerangriffe zukünftig in gesonderten Statistiken führen zu wollen.
Die „Tagesschau“ befand 2018 im „Faktenfinder“, die Faktenlage zu Messerangriffen sei „defizitär“ und begründete ihre fehlende Aussagekraft unter anderem damit, dass in den Statistiken auch Taten erfasst seien, „bei dem sich jemand mit einem Messer verteidigt habe“. Die Nachrichtensendung berichtete von der nordrhein-westfälischen SPD-Fraktion, die eigens einen Praktikanten beauftragt hatte, Pressemitteilungen auf dem Online-Portal „Blaulicht.de“ auszuwerten. Ein Fazit dieser SPD-Erhebungen lautete damals:
„Bei Massenschlägereien zwischen Gruppen unterschiedlicher Nationalitäten und ethnischer Zugehörigkeit als auch Raubüberfällen scheinen Messer die Waffe der Wahl zu sein.“
Meistens junge Männer – aber woher?
Der WDR schrieb Mitte 2022, meist seien die Täter junge Männer. Ein Experte sprach von „einem neuen Männlichkeitskult“ und „tief verunsicherten Jugendlichen“. Von Zuwanderung war hier nicht die Rede.
Das Bundeskriminalamt (BKA) führt seit 2015 eine Statistik „Kriminalität im Kontext von Zuwanderung“. Primäres Ziel ist es hier, die Auswirkungen der Zuwanderung auf die Kriminalitätsentwicklung für die Bereiche Allgemeinkriminalität, organisierte Kriminalität sowie politisch motivierte Kriminalität (PMK) zu erfassen. Statistiken zur Messerkriminalität: Fehlanzeige.
Die „Zeit“ befand noch vor wenigen Tagen auf die Frage, ob die Anzahl der Messerattacken zugenommen habe, dass sich darauf bislang keine seriöse Antwort geben lasse. Das läge unter anderem daran, dass der Blick auf die Statistiken ein Blick in die Vergangenheit sei und nichts über die aktuelle Situation aussagen könne.
Das allerdings gilt zunächst für nahezu jede Statistik. Auch für jene, die im „Bundeslagebild“ des BKA veröffentlicht werden.
Das Messerattentat von Mannheim von Ende Mai 2024 hatte die Diskussion um Messerangriffe und solche zum Hintergrund der Täter erneut auf die Tagesordnung gesetzt.
So schreibt das Portal „Nius“, die Anzahl der Messerangriffe sei doppelt so hoch, als in der Statistik von Nancy Faeser ausgewiesen. Und „Tichys Einblick“ macht es 2024 so, wie die SPD schon 2018, sie zählen einfach nach und kamen zu folgendem Ergebnis:
„Die Bundesregierung will nicht über das Gesamtausmaß der Messerangriffe in Deutschland informieren. Seit 2018 will man die ‚bundeseinheitlich‘ erfassen. TE erledigt den Job für Faeser: 22.000 Angriffe gibt es – 60 am Tag!“
Die Länderstatistiken werden zusammengefasst
Die Beschlüsse der Innenministerkonferenz, bundesweite Waffenverbotszonen einzuführen und die statistische Erfassung von Messerangriffen sind mittlerweile sechs Jahre alt. Seit 2020 werden Messerangriffe tatsächlich in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst. Diese wiederum werden aus den übermittelten Daten der Länderstatistiken gespeist.
Eine Statistik über Messerangriffe trifft allerdings noch keine Aussage über eine Beteiligung von Zuwanderern. Die PKS sammelt dazu Daten im Bundeslagebild „Kriminalität im Kontext von Zuwanderung“. Hier enthalten sind, wie es dort heißt „Informationen über die Auswirkungen des Zustroms von Flüchtlingen und Asylbegehrenden auf die Kriminalitätslage in Deutschland.“
In den publizierten „Kernaussagen“ zum spezifischen Lagebild wird darauf hingewiesen, dass „aufgrund von Systemumstellungen bei der Datenerhebung in einzelnen Ländern teilweise deutlich höhere Fallzahlen zugeliefert wurden als in den Vorjahren.“ Dadurch entstehe eine „Unschärfe“, so das Lagebild des BKA.
In den ersten drei Quartalen des Jahres 2023 seien insgesamt 254.923 Fälle im Zusammenhang mit versuchten und vollendeten Straftaten registriert, bei denen mindestens ein Zuwanderer als Täter erfasst wurde (1.-3. Quartal 2022: 198.187 Fälle).
In Erinnerung rufen muss man sich zudem: Hier werden lediglich die registrierten Taten wiedergegeben. Die Größe des Dunkelfelds ist weiterhin nicht bekannt.
Ministerin Faeser: „Besonders unter Migranten …“
Ein „Mediendienst Integration“ zitierte die Polizeiliche Kriminalstatistik von Nordrhein-Westfalen. Diese Länder-PKS verzeichnete 2021 bei Messerdelikten einen Anteil von ausländischen Tatverdächtigen von 42,6 Prozent. Die Berliner Polizei, so heißt es weiter, meldete für das gleiche Jahr einen Anteil von 51,7 Prozent.
Im April dieses Jahres erklärte wiederum Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die Zahl der Straftaten sei im vergangenen Jahr deutlich gestiegen – besonders unter Migranten. Als Gründe nannte Faeser hohe Zuwanderungsraten – und Probleme bei der Integration.
In Zahlen: Laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) gab es 5,5 Prozent mehr Straftaten als im Vorjahr. Ein Zuwachs um 17,8 Prozent wurde bei nicht deutschen Tatverdächtigen festgestellt.
Woran es nicht mangelt, sind Erklärungsangebote für eine überproportionale Gewaltbereitschaft von Zuwanderern. Immer wieder werden Psychologen von Politik und Medien als Experten herangezogen.
Unter der Schlagzeile „Wieso Messerattacken oft von Migranten begangen werden“ ist sich die forensische Psychiaterin Nahlah Saimeh gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sicher, dass, wären überwiegend Frauen oder Männer in der Lebensmitte als Migranten gekommen, die Statistik anders aussehe:
„Die jungen Männer sprechen die Sprache nicht, sie haben oft keine Ausbildung, stammen aus prekären Verhältnissen und kommen wieder in prekäre Verhältnisse, aber ohne soziale Kontrolle und ohne soziale Bindungen.“
Große Hoffnungen in die Statistik 2024
Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Problematik einer Zunahme von Messerangriffen durch Migranten seit Jahren bekannt ist. Die Innenminister beschlossen 2018, diese Messergewalt auch statistisch zu erfassen, was zuvor nicht geschehen war. Die Umsetzung funktioniert allerdings nur schleppend:
Auch 2024 werden solche Statistiken nicht aussagefähig genug geführt. Weiterhin kann keine zweifelsfreie Aussage getroffen werden. Weder im Vergleich zu den Vorjahren noch in Bezug auf die Schwere der beigebrachten Verletzungen, die bis heute – mit Ausnahme der Delikte mit Todesfolge – gar nicht oder nicht hinreichend erfasst werden.
Valide Daten für einen Gesamtüberblick soll es erst für die Statistik des Jahres 2024 geben. Die Erfassungspraxis für Messerangriffe muss noch bundesweit vereinheitlicht werden.
Der „Faktenfuchs“ des Bayerisch Rundfunks (BR) schrieb dazu:
„Die offiziellen Zahlen in den Statistiken des Bundeskriminalamts werden häufig als die Gesamtzahl aller Messerangriffe in Deutschland verstanden – doch das sind sie nicht. Denn tatsächlich werden in den veröffentlichten Statistiken nur Messerangriffe für einzelne Kategorien mitgeteilt.“
Das BKA teilte gegenüber dem BR mit, dass nach der Einführung der Zählung der Messerangriffe ab 2020 ein „weiterer Harmonisierungsbedarf hinsichtlich der Erfassungsmodalitäten“ festgestellt worden sei. Laut BKA handle es sich zudem noch um eine „Pilotphase“.
Eine vollumfängliche Veröffentlichung werde vor der Optimierung der Erfassungsmodalitäten als „nicht sinnvoll erachtet“, das bestätigt auch ein Sprecher des Bundesministeriums des Innern (BMI), der Aufsichtsbehörde des BKA.
Eine weitere Begründung der Behörde für die unterkomplexe Statistik der Messerangriffe: Den Beamten, die vor Ort die Delikte vermerken, hätten die Daten teilweise fehlerhaft erfasst. So haben sie beispielsweise nicht gewusst, wie sie eine Straftat, die von mehreren Tätern mit unterschiedlichen Waffen verübt wurde, richtig erfassen sollen.
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