Deutschlands Weihnachtsmärkte ausgebaut zu Festungen der Freude

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat angesichts der Weihnachtsmarktsaison in Deutschland zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen. Wie ist die tatsächliche Situation auch im Vergleich mit den Vorjahren?
Weihnachtsmärkte als Anschlagsziel? Sicherheitsexperten sprechen von erhöhter Wachsamkeit.
Weihnachtsmärkte als Anschlagsziel? Sicherheitsexperten sprechen von erhöhter Wachsamkeit.Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Von 3. Dezember 2024

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Obwohl derzeit keine konkreten Hinweise auf Anschläge vorliegen, besteht laut Sicherheitsbehörden eine abstrakt hohe Gefährdungslage. Der Verfassungsschutz hält Weihnachtsmärkte für ein „ideologisch geeignetes Ziel für islamistisch motivierte Personen“.

Das allerdings sind Weihnachtsmärkte schon seit Jahren. Die Fotos der Sicherheitszonen zwischen Betonpollern und Schutzzäunen gehören längst zur bildhaften Weihnachtsdekoration in den sozialen Medien, oft versehen mit zuwanderungskritischen Randbemerkungen und Schuldzuweisungen.

Für Bundesinnenministerin Nancy Faeser sind Weihnachtsmärkte der „Inbegriff der westlichen Kultur und Lebensweise“. Deshalb, so Faeser zuletzt auf einer Pressekonferenz, seien sie immer potenzielle Ziele. Dies unterstreiche die Notwendigkeit umfassender Sicherheitsmaßnahmen und eines hohen Bewusstseins der Bevölkerung.

Nachwirkungen des Breitscheidplatz-Anschlags

Die Furcht vor Attentaten auf Weihnachtsmärkten hat in Deutschland eine Vorgeschichte. Am 19. Dezember 2016 tötete ein islamistischer Attentäter zwölf Menschen auf dem Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Der Attentäter war den Behörden bekannt.

Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages versuchte später zu klären, warum der Anschlag dennoch nicht verhindert wurde. Der Abschlussbericht umfasst 1.873 Seiten. Man kam zu dem Ergebnis, dass das Attentat aufgrund einer ganzen Reihe individueller Fehleinschätzungen und Versäumnissen möglich wurde, von denen jedoch keines für sich genommen besonders schwer gewogen habe.

Der Ausschuss gab damals eine Prognose für zukünftige Gefahren ab. Zwischen dem Attentat und dem viereinhalb Jahre später veröffentlichten Abschlussbericht habe es in vielen Bereichen erhebliche Verbesserungen gegeben, vorhandene strukturelle Probleme zu beheben.

Die Ressourcen der Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung islamistischen Terrors seien ausgebaut worden, fasst der Internetauftritt des Bundestages zusammen. Auch könnten Gefährder nun zielgenauer erkannt werden.

Der Abschlussbericht betont darüber hinaus, dass die für die Anwendung des Asyl- und Aufenthaltsrechts zuständigen Stellen neue Befugnisse und mehr Personal und Ressourcen erhalten hätten. Zudem seien die Staatsschutzstaatsanwaltschaften in die Lage versetzt worden, Verfahren gegen Gefährder konzentriert aus einer Hand zu führen.

Weit über 2.000 Weihnachtsmärkte

Laut einer Zählung des Deutschen Schaustellerbundes von 2017 fanden in Deutschland mehr als 2.500 Weihnachtsmärkte statt, darunter 1.500 größere Märkte. Eine aktualisierte Website mit den größeren Weihnachtsmärkten wirbt mittlerweile für 2.283 Märkte in Deutschland.

Der Bedarf an Schutzeinrichtungen, Absperrungen und Sicherheitspersonal ist demnach besonders groß. Der „Südwestrundfunk“ (SWR) fragte aktuell bei den Sicherheitsbehörden nach, wie sicher die Weihnachtsmärkte im Land seien.

Die Polizei gab Entwarnung und appellierte an die Eigenverantwortung der Besucher: Ein wachsames Auge und die Meldung von Auffälligkeiten würden zur Sicherheit aller beitragen. Angst solle aber nicht geschürt werden, im Gegenteil: Man sehe keinen Grund, wegen Sicherheitsbedenken auf den Besuch der Weihnachtsmärkte zu verzichten.

Am Beispiel des Heilbronner Marktes erklärte das Stadtmarketing gegenüber dem SWR, die Einfahrten zum Markt würden durch Poller geschützt. Zusätzlich sorge ein Securitydienst in Kooperation mit der City-Streife für Sicherheit, „insbesondere in den Abend- und Nachtstunden“. Auch seien in direkter Nähe zu den Märkten Polizeiposten präsent, es gäbe Einfahrtssperren und eine Videokameraüberwachung sorge nach Schluss des Weihnachtsmarkts für eine Überwachung zur Vermeidung von Vandalismus, Einbruch und Diebstahl.

Auch der bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen beliebte Nürnberger Christkindlesmarkt mit geschätzten 2 Millionen Besuchern jährlich sieht dem Dezember gelassen entgegen. Kontrollen seien keine geplant, die Polizei wolle allenfalls stichprobenartig nachschauen.

Security und Polizei arbeiten parallel

Da die überwiegende Zahl der Weihnachtsmärkte private Veranstalter hat, kommt es in vielen Fällen zu einer Art Doppelsicherung aus vom Veranstalter organisierten Sicherheitskräften und der örtlichen Polizei.

Vom Augsburger Christkindlesmarkt war von einer Sprecherin der Stadt zu hören, dass das Marktamt sicherstelle, dass von den Schaustellern keine Messer als Haushaltsartikel angeboten werden, welche Waffencharakter aufweisen. Es seien nur Utensilien zulässig, „die eine entsprechende Rundung“ haben.

Welche Maßnahmen wurden seit dem Attentat mit Blick auf den Schutz der Weihnachtsmärkte umgesetzt?

Neben den umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen im baulichen Bereich wurde in jüngerer Zeit ein Messerverbot erlassen. Konkret handelt es sich bei der Einführung dieses generellen Messerverbots auf Weihnachtsmärkten um eine Teilmaßnahme eines im Oktober beschlossenen „Sicherheitspakets“. Das Mitführen von Messern wird mit Bußgeldern von bis zu 10.000 Euro und bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe, etwa bei verbotenen Springmessern, geahndet.

Hier geht es um eine Verschärfung des Waffengesetzes, welche ein absolutes Messerverbot auch bei Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Märkten und anderen Großveranstaltungen vorsieht. Nicht einmal Taschenmesser dürfen mitgeführt werden.

Eine Sonderregelung besagt, dass die Polizei die Einhaltung des Verbots auch mittels verdachtsunabhängiger Kontrollen durchführen darf. Die Bundesinnenministerin hatte von „null Toleranz“ gesprochen, muss hier aber auf die Entscheidungen der Länder hoffen, denn Polizei bleibt weiter Ländersache.

Weitere Sicherheitsaspekte wurden in den letzten Jahren verbessert: Die Nutzung moderner Überwachungstechniken wurde schrittweise umgesetzt und die Zusammenarbeit zwischen Landes- und Bundespolizei enger gefasst.

Krisenherde im Ausland mit Konfliktpotenzial für Deutschland

Was bei Fußballveranstaltungen in Deutschland schon gang und gäbe ist, zeigt sich derzeit auch im benachbarten Ausland. So setzt Straßburg auf seinem Weihnachtsmarkt Drohnen zur Videoüberwachung ein, und rund eintausend Sicherheitskräfte sind im Einsatz. Allerdings gilt in ganz Frankreich eine erhöhte Terrorwarnstufe, auch deshalb sind die Maßnahmen nur bedingt vergleichbar.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Lage zwar angespannt ist, aber die Veranstalter erwarten keine Umsatzeinbrüche. In Städten wie Erfurt und anderswo wird mit einem „Ansturm“ gerechnet beziehungsweise findet dieser bereits statt.

Die Warnung der Ministerin ist dennoch nicht aus der Luft gegriffen. Die Gefahrenlage hat sich gegenüber den Vorjahren schon deshalb verändert, weil bestimmte Konflikte außerhalb Deutschlands auch hierzulande das Potenzial zu Terroranschlägen mitbringen. Dazu zählt der anhaltende Nahostkonflikt mit dem Gazakrieg ebenso wie der Krieg in der Ukraine, aber auch weitere Konfliktherde wie die neu aufflammende Auseinandersetzung in Syrien. Bezogen auf diese und weitere Krisenherde in der Welt hat Deutschland Schutzsuchende in hoher Zahl aufgenommen, die heimische Konflikte auch auf deutschen Straßen eskalieren lassen könnten.



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