Härterer Kurs für Asylpolitik gefordert: Deutsche Politiker schielen nach Dänemark

Der Vorsitzende der Jungen Union (JU), Johannes Winkel, fordert eine grundlegende Reform der deutschen Asylpolitik nach dem Vorbild Dänemarks. Im Zentrum seiner Forderungen steht eine Orientierung der deutschen Asylpolitik nach dänischem Modell.
Johannes Winkel, Bundesvorsitzender der Jungen Union.
Johannes Winkel, Bundesvorsitzender der Jungen Union.Foto: Roberto Pfeil/dpa
Von 21. September 2023

Gegenüber der „Bild“ konkretisiert Winkel, worum es ihm im Detail geht, wenn die deutsche Asylpolitik neu verhandelt werden soll.

So möchte Winkel in Migrantenghettos „Sonder-Staatsanwaltschaften [sic], die speziell in Problem-Bezirken [sic] die entstandene Lücke zwischen Recht und Rechtsdurchsetzung wieder schließen“. Der Staat mache sich lächerlich, wenn in diesen Problemvierteln nicht deutsche Straf-, sondern islamische „Friedensrichter“ Recht sprächen.

Neu ist das nicht. So attestierte der „Bayerische Rundfunk“ (BR) schon 2016, es gebe eine „islamische Paralleljustiz in Deutschland“.

Entlang der Forderungen des Vorsitzenden der Jungen Union wird deutlich, dass eine ganze Reihe von Winkels Vorschlägen heute schon ein zweiter, dritter oder vierter Aufguss ist. So wie die Massenzuwanderung acht Jahre nach 2015 erneut auf der Tagesordnung an erster Stelle steht, war auch der Blick nach Dänemark über die Jahre hinweg immer schon Teil der Asyldebatte in Deutschland.

So schrieb die „Zeit“ vor sieben Jahren über eine Verschärfung des dänischen Asylrechts und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) titelte: „Wie Dänemark unattraktiv für Asylbewerber werden will“.

Das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) fragte 2020 und zwei Jahre später: „Flüchtlingskrise: Wiederholt sich 2015?“ Die „Augsburger Allgemeine“ befand Anfang 2022: „Vieles deutet darauf hin, dass sich das Chaos von 2015 und 2016 wiederholt.“

Das sind nur einige wenige Beispiele von weiteren mehr aus jedem Folgejahr nach 2015. So erklärte Rainer Wendt, der Chef der Polizeigewerkschaft, 2019 gegenüber „The European“, dass 2015 nie aufgehört habe.

Damit bezog sich Wendt auf ein Versprechen von Angela Merkel, die Ende 2016 auf einem CDU-Bundesparteitag über ihre eigene Migrationspolitik befand: „Eine Situation wie im Sommer 2015 darf sich nicht wiederholen.“

Kita-Pflicht für Migrantenkinder

Der amtierende Vorsitzende der Jungen Union war damals kaum zwanzig Jahre alt. Und sein aktueller Forderungskatalog geht über die eingangs erwähnten „Sonder-Staatsanwaltschaften [sic]“ hinaus: Gegenüber der „Bild“ sprach Johannes Winkel auch von einer „Kita-Pflicht für Migranten-Kinder [sic]“ nach dänischem Modell.

Tatsächlich müssen in dänischen Bezirken mit hohem Migrantenanteil alle Kinder ab einem Jahr einen Kindergarten besuchen, um die dänische Sprache zu erlernen. Die Zeitung recherchierte weiter, dass, wenn sich Eltern querstellten, ihnen die Familienstütze gestrichen werden kann. So sollen im nördlichen Nachbarland Parallelgesellschaften verhindert werden.

Auch hier hat Johannes Winkel das Rad nicht neu erfunden. Um wiederum nur ein Beispiel zu nennen: Die „Welt“ veröffentlichte (Der Link wurde zwischenzeitlich gelöscht) bereits vor sechs Jahren die Expertenforderung einer „Kita-Pflicht für Vierjährige“, um Migranten einen besseren Schulstart zu ermöglichen.

So könnte man nun mit allen weiteren Forderungen des JU-Vorsitzenden umgehen, welche er gegenüber der „Bild“ äußerte: Immer findet sich schon eine relevante Stimme, welche sich Dänemark als Vorbild genommen hat und schärfere Maßnahmen für Integration und gegen weitere Migration fordert.

Weitere Beispiele:

Winkel möchte „Migranten-Grenzen [sic] an Grundschulen“ samt einer deutschlandweiten Quote für Kinder mit Migrationshintergrund von 30 Prozent. Gab es auch schon. So fragte der „Spiegel“ im Oktober 2015: „Führen viele Migranten in der Klasse zu einem Leistungsabfall?“

Winkel verlangt für Asylbewerber eine „ausnahmslose Umstellung von Geld- auf Sachleistungen“. Gab es schon. So forderte der damalige CSU-Generalsekretär Markus Blume 2018, Asylbewerberleistungen grundsätzlich auf Sachleistungen umzustellen.

Der Vorsitzende der JU will „Rückführ-Zentren [sic] für abgelehnte Asyl-Bewerber [sic]“, welche in Dänemark bereits Praxis seien, wenn sich eine Abschiebung in das Heimatland aus Sicherheitsgründen verzögert. Auch nichts Neues. So forderte beispielsweise der damalige EU-Kommissar Avramopoulos Anfang Februar 2016: „Wir brauchen auch Abschiebelager oder Rückführzentren.“

Die Liste ließe sich fortführen. Gegnern der dänischen Lösung wirft Winkel „Verantwortungslosigkeit“ und „Realitätsverweigerung“ vor. „Jeder Lösungsansatz, jede praxisorientierte Idee“ werde mit dem Hinweis auf eine notwendige ‚Europäische Lösung‘ blockiert.

Gabriel liefert Blaupause für Winkel

Aber nicht nur rückblickend zeigt sich, dass Winkels Vorschläge nicht neu sind. Der Fingerzeig des JU-Vorsitzende nach Dänemark folgt fast wortgleich Sigmar Gabriel, dem ehemaligen Parteichef der SPD. Der hatte vor kaum einem Monat im Interview mit dem RND eine deutsche Asylwende am Beispiel Dänemarks gefordert.

Im Gabriel-Interview finden sich Passagen, die sich lesen, als wären sie Blaupause für Johannes Winkel im Gespräch mit der „Bild“ gewesen, wenn Gabriel beispielsweise sagt: „Im Ruhrgebiet prügeln sich Mitglieder rivalisierender Gangs und versetzen einen Stadtteil in Angst und Schrecken – bis ein Imam die Sache regelt und nicht etwa die deutsche Polizei und Justiz. Anfang August wurde gemeldet, jedes vierte Kind gehe von Deutschlands Grundschulen ab, ohne richtig lesen gelernt zu haben. Reaktion in der Politik: keine.“

Aber ganz gleich, ob Gabriel oder Winkel: Die teils identischen, gar nicht neuen Forderungen der beiden Politiker stießen in den Jahren nach 2015 vielfach auf erbitterten medialen und politischen Widerstand. Man kann darüber spekulieren, woran das gelegen hat.

Möglicherweise aber braucht es diese Jahre, um nach der deutschen Willkommenskultur einen echten Leidensdruck in die Gegenrichtung aufzubauen. Oder es liegt schlicht daran, dass die AfD sich oberhalb der 20-Prozent-Marke eingegraben hat und vielen jetzt schwant, dass das nicht nur ein vorübergehendes Hoch sein könnte.

Auch hier lohnt der Blick zurück. Im Herbst 2016 titelte das ARD-Magazin „Kontraste“: “Wie die AfD die etablierten Parteien vor sich hertreibt“. Und „Welt“-Autor Robin Alexander nannte sein Buch über den Beginn der Zuwanderungskrise von 2015 „Die Getriebenen“. Mit Blick auf die Interviews von Winkel und Gabriel hat Alexanders Titel in 2023 nichts an Aktualität eingebüßt.



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