Im Zweifel gegen den Bürger: Unrechtmäßige Meinungszensur durch „Trusted Flagger“ muss freigeklagt werden

Deutschland hat den ersten „Trusted Flagger“ ernannt: eine staatlich finanzierte Meldestelle, die illegale Inhalte, „Hass und Hetze“ sowie Desinformation im Internet zur Löschung bringen soll. Vor allem Staatsrechtler schlagen Alarm, da unter anderem mit dem Trusted Flagger eine Beweislastumkehr etabliert wird. Der Bürger muss jetzt klagen, um zu beweisen, dass seine Äußerungen nicht illegal sind.
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, hält es für möglich, dass Russland die Lieferung von Gas durch Nord Stream 1 einstellt.
Klaus Müller ist ehemaliger Politiker der Grünen und seit März 2022 Präsident der Bundesnetzagentur.Foto: Oliver Berg/dpa

Deutschland hat den ersten Trusted Flagger ernannt: eine staatlich finanzierte Meldestelle, die illegale Inhalte, „Hass und Hetze“ sowie Desinformation im Internet zur Löschung bringen soll. Staatsrechtler schlagen Alarm, da mit den „Trusted Flagger“ auch eine Beweislastumkehr etabliert wird. Der Bürger muss klagen, um zu beweisen, dass seine Meldungen nicht illegal sind. 

Die Meldestelle „REspect!“, die Stiftung zur Förderung der Jugend in Baden-Württemberg, wird die erste offiziell benannte Anlaufstelle für Fälle von „Hass und Hetze im Internet“. Die Bundesnetzagentur ließ die Organisation als ersten sogenannten Trusted Flagger gemäß dem EU-Gesetz für digitale Dienste zu. Trusted Flagger lässt sich auf Deutsch mit „vertrauenswürdiger Hinweisgeber“ übersetzen.

Umsetzung der EU-Vorgaben

Trusted Flaggers sind staatlich autorisierte Organisationen. Sie arbeiten offiziell im Auftrag der Bundesregierung und sollen helfen, die Anforderungen des Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union umzusetzen.

Der DSA, seit November 2022 in Kraft, verpflichtet Onlineplattformen wie Facebook, TikTok und Telegram dazu, stärker gegen illegale Inhalte, rechtswidrige Hassrede und Desinformation vorzugehen. Kritiker bemängelten schon bei der Verabschiedung ungenaue Rechtsbegriffe im Verordnungstext und sehen die Meinungsfreiheit in Gefahr.

Für die Umsetzung des Gesetzes in Deutschland ist die Bundesnetzagentur zuständig. Sie ist dem Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck (Grüne) untergeordnet. Netzagenturchef Klaus Müller (ehemaliger Politiker der Grünen) erklärte am 1. Okober 2024 anlässlich der Ernennung des ersten Hinweisgebers:

„Plattformen sind verpflichtet, auf Meldungen von Trusted Flaggern sofort zu reagieren. Illegale Inhalte, Hass und Fake News können zügig und ohne bürokratische Hürde entfernt werden. Das hilft, das Internet sicherer zu machen.“

Anhand dieser Aussage stellt sich die Frage, ob das Melden und Löschen nicht nur illegale Inhalte, sondern auch unbestimmte Begriffe wie „Hass und Hetze“, Fake News oder Desinformation umfasst, die durch die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes gedeckt sind.

FDP fordert Aufklärung

Nach dem Bekanntwerden schaltete sich Digitalminister Volker Wissing (FDP) ein. Sein Verkehrsministerium verlangte von der Bundesnetzagentur laut „Nius“ „Aufklärung“. Bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Umsetzung des DSA am 21. März hatte Wissing noch betont, dass es „allerhöchste Zeit“ sei, etwas gegen die zunehmende Desinformation und Hassrede zu tun – auch mit Blick auf die Wahlen in diesem und im kommenden Jahr. Das Netz dürfe nicht „Demokratie- und Menschenfeinden überlassen“ werden.

Weitere kritische Stimmen kommen von der FDP-Bundestagsabgeordneten Katja Adler. Sie erklärte gegenüber „Nius“, dass die Bundesnetzagentur sich einen Leitfaden gegeben habe, „der mit Hass und Fake-News-Meldungen weit über illegale Inhalte“ hinausgehe.

Liste mit unzulässigen Inhalten

Der Leitfaden und eine Liste mit „unzulässigen Inhalten“ legt die Anforderungen an Trusted Flagger fest. Dort wird definiert, welche Inhalte zur Löschung gemeldet werden sollen. Aus dem Dokument geht hervor, dass Trusted Flagger keineswegs nur Meldungen entgegennehmen und gegebenenfalls an die Plattformen weiterleiten sollen. Vielmehr können und sollen die Organisationen auch aktiv auf die Suche nach Inhalten gehen.

Im Leitfaden ist auf den Seiten 14 bis 16 aufgelistet, welche Inhalte dabei gemeldet und gegebenenfalls entfernt werden sollen. Neben Kategorien wie Tierschutzverstöße, Verstöße gegen den Datenschutz oder Pornografie gibt es folgende Definitionen mit rechtlich schwammigen Unterpunkten:

Unerlaubte Rede

  • Diskriminierung
  • Hassrede

Negative Auswirkungen auf den zivilen Diskurs oder Wahlen

  • Ausländische Informationsmanipulation und Einmischung
  • Informationsmanipulation mit dem Ziel, die Integrität / den Ausgang von Wahlen
    zu beeinflussen

Nicht einvernehmliches Verhalten

  • Nicht einvernehmliche Nutzung von Bildern
  • nicht einvernehmliche Inhalte, die Deepfake- oder ähnliche Technologien
    enthalten und die Merkmale/Eigenschaften eines Dritten nutzen

Gefährdung der öffentlichen Sicherheit

  • Provokation oder Anstiftung zur Begehung einer Straftat, die die öffentliche
    Sicherheit gefährdet
  • Gefahr für die öffentliche Gesundheit

Jede Rubrik lässt durch den Punkt „Andere“ erkennen, dass es sich um keine abschließende Auflistung handelt. Nicht weiter definierte Ergänzung oder Ausweitung sind demnach prinzipiell möglich.

Bundesnetzagentur: „nicht zuständig“

Die Bundesregierung argumentiert, dass sie nach dem europäischen Digital Services Act zu dieser Regelung verpflichtet sei. Der deutsche Leitfaden geht demnach über die Anforderungen des DSA hinaus.

Deutsche Übergründlichkeit impliziert auch der „Facebook“ Transparenzreport 2023. Demnach stellt Deutschland an den „Facebook“-Konzern Meta deutlich mehr Auskunftsanordnungen auf Basis des DSA als alle anderen gelisteten EU-Länder zusammen.

Epoch Times bat die Bundesnetzagentur um eine Antwort auf die Kritik, dass nicht nur ausschließlich rechtswidrige Inhalte durch Trusted Flagger aufgegriffen würden. Die Bundesnetzagentur antwortete, dass es „ausschließlich um rechtswidrige Inhalte gehe“.

Demnach sei Hassrede nicht zwangsläufig, könne aber strafbar sein. Hierzu nennt die Bundesnetzagentur Beispiele der Beleidigung nach § 185 StGB, üble Nachrede nach § 186 StGB, Verleumdung nach § 187 StGB oder Volksverhetzung nach § 130 StGB. Die Bundesnetzagentur betont, dass insbesondere beim letzten Straftatbestand der Volksverhetzung ausdrücklich Hass benannt ist. Dennoch liegt laut Antwort der öffentlichen Stelle die finale Entscheidung, was rechtswidrig ist, bei den Gerichten.

Die Behörde aktualisierte auch ihre Website mit folgendem Hinweis:

Uns hat zur ursprünglichen Version dieser Pressemitteilung berechtigte Kritik erreicht. Es waren illegale Inhalte, illegaler Hass und illegale Fake News gemeint. Wir haben den Text an dieser Stelle präzisiert und einen Satz ergänzt, der Missverständnisse ausräumen soll.“

Die Beweislastumkehr: Bürger müssen klagen, um Recht zu bekommen

Zusammengefasst bedeutet das: Trusted Flagger entscheiden zwar nicht über Löschungen, melden allerdings an die Plattformbetreiber, die daraufhin eine Löschung vornehmen. Löschen die Plattformen nicht, droht die EU mit Bußgeldern. Bis zu sechs Prozent des weltweiten Vorjahresumsatzes eines Social-Media-Netzwerks könnte eine Missachtung des Digital Services Act kosten. Im schlimmsten Fall droht die EU mit der Sperrung der gesamten Plattform.

Betroffene Bürger müssen sich sodann an Gerichte wenden, wenn sie sich in ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung zu Unrecht beschnitten fühlen.

Nach Antwort der Bundesnetzagentur sollen allerdings nur rechtswidrige Inhalte gemäß Strafgesetzbuch betroffen sein. Insofern wäre auch die Beweislast eines Strafprozesses anzuwenden, wonach es Aufgabe der Staatsanwaltschaft und später des Gerichts ist, den Sachverhalt zu ermitteln und den Tatvorwurf zu beweisen. Bis von einem Gericht eine Schuld festgestellt wurde, gilt in unserem Rechtsstaat der Grundsatz „in dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten. Durch das Wirken der Trusted Flagger findet eine Löschung durch die Plattformbetreiber allerdings ohne gerichtliche Feststellung statt.

„In dubio pro reo“ ausgesetzt? Fragen bleiben offen

Epoch Times wollte daraufhin wissen, ob das Vorgehen der Trusted Flagger de facto eine Beweislastumkehr im Strafrecht bedeutet. Das hieße, dass eine gelöschte, aber von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckten Aussage von dem Bürger vor Gericht gebracht und von ihm bewiesen werden muss, dass diese Äußerung vom Grundgesetz gedeckt sei.

Für einen derartigen Eingriff in die Beweislast bei Strafverfahren mit möglichen Einschränkungen des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung müsste es immerhin ein juristisches Gutachten geben, das eine Güterabwägung vornimmt.

Die Behörde lieferte dazu jedoch keine Antwort. In einer E-Mail heißt es: „Die Bundesnetzagentur ist eine rechtsausführende Behörde. Maßgeblich ist hier der DSA. Für die Beurteilung strafrechtlicher und oder strafprozessrechtlicher Fragen ist die Bundesnetzagentur nicht zuständig“, so eine Sprecherin.

Bundesministerium widerspricht Bundesnetzagentur

Da eine rechtliche Güterabwägung seitens ausführender Behörde nicht vorgewiesen werden konnte, fragte Epoch Times zudem beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) an. Auch hier wurde die Anfrage zu einer juristischen Güterabwägung nicht beantwortet. Allerdings führte ein Sprecher aus:

Die Entscheidung zum Entfernen von Inhalten treffen alleine die Plattformen. Wenn eine Plattform entscheidet, Inhalte aufgrund von Meldungen zu entfernen, kann die Entscheidung von einer außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle oder einem Zivilgericht überprüft werden. Weder die Bundesnetzagentur noch der DSC oder Ministerien treffen diese Entscheidung.“

Dies widerspricht den Angaben der Bundesnetzagentur zu Trusted Flaggern. Auf der Website der Behörde heißt es:

Plattformen sind gesetzlich verpflichtet, Meldungen von Trusted Flaggern prioritär zu behandeln und unverzüglich Maßnahmen wie beispielsweise die Löschung der Inhalte zu ergreifen.“

Laut BMDV könne von einer direkten staatlichen Zensur keine Rede sein, da der Vorgang der Löschungen durch privatwirtschaftliche Plattformbetreiber ausgeführt wird. Weiter führt der Sprecher des BMVD aus, dass gerade im Kontext des 7. Oktobers gesehen wird, dass ein „zivilisierter Umgang im Netz“ wichtig ist. „Antisemitische Terrorverherrlichung, islamistische Propaganda oder Aufrufe zum Genozid an Juden sind Grenzüberschreitungen, die wir in einer freien Gesellschaft nicht hinnehmen dürfen. Plattformen haben eine Verantwortung, gegen solche Inhalte vorzugehen“, so der BMVD-Sprecher weiter. Der DSA biete den einheitlichen Rechtsrahmen, wodurch einerseits Pflichten der Plattformbetreiber als auch gleichzeitig Meinungsfreiheit im Netz gesichert sei.

Juristisch unklarer Begriff: Was ist Desinformation?

Das BMVD weist jedoch darauf hin, dass Hass oder Desinformation nicht betroffen seien: „Das Melde- und Abhilfeverfahren des DSA regelt ausschließlich rechtswidrige Inhalte wie Bedrohungen, Gewaltaufrufe oder verbotene pornografische Inhalte und eben nicht Hass oder Desinformation.“

Doch im DSA-Gesetzestext sind diese juristisch unklaren Begriffe aufgeführt. Im Absatz 83 geht es beispielsweise um „koordinierte Desinformationskampagnen im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit“. Schon vor Inkrafttreten des DSA wurden unter diesem Vorwand millionenfach Inhalte zu Corona-Themen gelöscht, wie die Journalistin Laurie Clarke im „British Medical Journal“ zeigt.

Absatz 104 des DSA erwähnt „möglichen negativen Auswirkungen systemischer Risiken auf Gesellschaft und Demokratie, etwa aufgrund von Desinformation“.

Der DSA erlaubt auch einen „Krisenreaktionsmechanismus“, beschrieben im Absatz 108: Falls eine Pandemie oder ein Krieg ausbrechen sollte, kann die EU direkt eingreifen und von den Digitalkonzernen sofortige Maßnahmen verlangen, um Beiträge, die eine schwerwiegende Bedrohung darstellen „zu verhindern, zu beseitigen oder zu begrenzen“ (Artikel 36).

Staatsrechtler: Eklatanter Verstoß gegen Meinungsfreiheit und Zensurverbot

Staatsrechtler Prof. Ulrich Vosgerau (CDU) ordnete für Epoch Times die Initiative der Bundesregierung dahingehend ein, dass diese in eklatanter Weise gegen Meinungsfreiheit und Zensurverbot verstoße: „Nach der Konzeption des Grundgesetzes hat die Meinungsfreiheit Vorrang; wird hingegen geltend gemacht, dass bestimmte Inhalte verboten oder gar strafbar sind, so muss von denjenigen, die das behaupten, ein Gerichtsverfahren angestrengt werden“, so der Jurist.

Durch die Einführung von Trusted Flaggers – schon der Begriff „trusted“ solle zum Ausdruck bringen, dass die Anschuldigung angeblich per se „vertrauenswürdig“ sei, sodass die Meinungsfreiheit auch ohne Gerichtsurteil offenbar Nachrang habe – werde dies auf den Kopf gestellt, so Vosgerau. „Denn der Sinn der Einführung der allgemeinen Internetzensur durch linke Gruppen ist ja, dass der Netzwerkbetreiber Äußerungen, die linke Gruppen zensurwürdig finden, schon aus Vorsicht unterbinden soll.“

Im Zweifel für den, der sich den besseren Juristen leisten kann

Staatsrechtler Vosgerau beschreibt das Szenario, das sich für gelöschte Beiträge ergeben könnte, die nach dem Grundgesetz legal sind:

„Der Betroffene müsste dann in einem Gerichtsverfahren gegen den Netzwerkbetreiber gewissermaßen nachweisen, dass seine Äußerung nicht rechtswidrig gewesen ist.“ Dadurch würden dem Betroffenen hohe Kosten entstehen, die er selbst im Erfolgsfall nicht wiederbekommt. Denn selbst im Erfolgsfall würde der Netzwerkbetreiber nur die außergerichtlichen Kosten, also vor allem die Rechtsanwaltskosten, in der Höhe erstatten müssen, die im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorgesehen sind. Die Spezialisten für Internet- und Meinungsäußerungsrecht, die es mit den großen Netzwerkbetreibern aufnehmen können, arbeiten aber für sehr viel höhere Stundensätze, sodass man also auch im Erfolgsfall auf hohen Kosten sitzen bleibt.“

Demnach würden laut Vosgerau auch Netzwerknutzer mit gutem Einkommen vielleicht „dreimal gegen nicht gerechtfertigte Löschungen vorgehen“, danach würde trotz Erfolg vor Gericht vermutlich eine Wirkung der Zermürbung eintreten. „Noch mehr Geld will ich nicht aus dem Fenster werfen, sie hören ja doch nicht auf, mich zu löschen“, gibt der Staatsrechtler hypothetische Gedanken eines Betroffenen wieder. Laut Vosgerau sei genau das der Sinn, der mit diesen Maßnahmen bezweckt würde. Er urteilt, dass die Regierung „der Meinungsfreiheit den Krieg erklärt“ habe.

Klaus Müller, ehemaliger Grünen-Politiker und aktueller Präsident der Bundesnetzagentur, sieht laut einem Post auf X vom 11. Oktober 2024 hingegen keine Befürchtungen. Dies macht er deutlich, indem er einen „Spiegel“-Kommentar teilt, der sich auf die bisherige Kooperation mit dem ernannten Trusted Flagger namens REspect! bezieht: „Angesichts der bereits seit zwei Jahren etablierten Zusammenarbeit erscheint die Sorge vor einer maßlos über das Ziel hinausschießenden Meldestelle eher unbegründet zu sein.

Zudem teilte Müller einen X-Beitrag, wonach 80 Prozent der von Trusted Flagger gemeldeten Äußerungen laut BKA „eindeutig strafbar“ seien. Dennoch wird, wie auch die Bundesnetzagentur ausführt, die tatsächliche Strafbarkeit erst durch ein Gericht festgestellt. Im Umkehrschluss hieße es, soweit diese Datenlage stimmen sollte, dass gut 20 Prozent der gemeldeten Äußerungen nicht „eindeutig strafbar“ seien. Das zeigt, dass das von Prof. Vosgerau beschriebene Prozedere durchaus möglich sein kann.

Verfassungsrechtler schlagen Alarm

Auch weitere Juristen und Verfassungsrechtler schlugen wegen dieser Beweislastumkehr und der möglichen Aussetzung des Prinzips „im Zweifel für den Angeklagten“ Alarm. Einer davon ist Publizist und Verfassungsrechtler Professor Arnd Dinger von der Hochschule Ludwigsburg. Im MDR-Podcast erklärt er:

„Herr Müller hat angekündigt, dass nicht nur illegale Inhalte gelöscht werden sollen, sondern auch andere, also rechtmäßige Äußerungen. Und wenn der Staat ankündigt, dass er (…) schnell und ohne bürokratische Hürde Ansichten aus dem Internet entfernen möchte, die dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfallen, die insgesamt durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt sind – dann ist es natürlich schon mehr als fünf vor zwölf. Das ist nicht nur ein Alarmsignal, das ist wirklich etwas, das kann in einer freiheitlichen Demokratie nicht passieren.“

Fake News sei letztlich nichts anderes als ein Kampfbegriff, so Dinger. Er werde verwendet, wenn man versucht, unliebsame Meinungen aus dem politischen Diskurs zu verdrängen. „Was in Deutschland geäußert werden darf, wird alleine durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit bestimmt“, so der Jurist. Das versuche man auszuhebeln, indem man jetzt mit Begriffen wie Fake News agiert, „um eben eine zumindest sprachliche Legitimation zu haben, um etwas zu machen, das von der Verfassung nicht gedeckt ist. Ganz im Gegenteil. Etwas, was unsere Verfassung ja ganz bewusst verhindern möchte“.

Verfassungsrechtler Josef Franz Lindner äußerte sich auf X:

„Trusted flaggers sollen auch solche Meinungen melden, die eine ‚negative Wirkung auf den zivilen Diskurs‘ haben, heißt es in einem Leitfaden von Kl. Müller. Darunter kann man jede missliebige Äußerung fassen. Das ist krass rechtswidrig u. der Einstieg in ein staatl. Zensursystem.“

Gegenwind dazu kommt von Ben Brake. Seit dem 1. März 2022 ist er Leiter der neu geschaffenen Abteilung „Digital- und Datenpolitik“ im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). Er schreibt auf seinem X-Account:

„Zur #DSA Umsetzung in Deutschland kursieren gerade einige wilde Behauptungen. Da ist von der @bnetza als #Zensurbehörde die Rede oder von zivilgesellschaftlichen Organisationen (#TrustedFlagger) als #Sprachpolizei. Nichts davon entspricht den Fakten.“

Wirbel um den Chef, die Finanzierung und die Rechtmäßigkeit

Die Organisation REspect! als Funktion eines Trusted Flagger konzentriert sich seit 2017 auf Hassrede. Die private Meldestelle in Form einer Stiftung wird finanziert durch das von Lisa Paus (Die Grünen) geführte Bundesfamilienministerium und andere staatliche Stellen.

Für medialen Wirbel sorgte nicht nur, dass die Meldestelle damit staatlich finanziert ist, sondern auch, dass der Werdegang und die Tätigkeiten ihres Leiters Ahmed Haykel Gaafar, brisante Fragen aufwerfen.

Der Islamwissenschaftler ägyptischer Herkunft, so das Portal „Nius“, posierte unter anderem in den sozialen Medien mit dem muslimischen Großimam der Universität Al-Azhar in Kairo, Ahmed Al-Tayyib, der regelmäßige und offene Kontakte zu Hamas-Führern unterhalte.

Auf Epoch Times Anfrage an die Bundesnetzagentur, ob das Bekanntwerden dieser Kritik an der Personalie von REspect!-Leiter Gaafar möglicherweise eine Rückgängigmachung der Entscheidung zur Folge haben könnte, antwortete die Bundesnetzagentur: „Wenn uns begründete Zweifel an der Eignung dieses Trusted Flaggers erreichen, werden wir diese überprüfen.“

Regulierungswerkzeuge der EU und Deutschlands zum Kampf gegen „Desinformation“ – das Wichtigste auf einen Blick:

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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