Der längste Tag des Jahres: Feiern der Sommersonnenwende

Am 21. Juni hat die Sonne auf der nördlichen Halbkugel ihren Höchststand erreicht. Ein Grund zu feiern und der Schöpfung und dem Göttlichen zu danken. Ein Brauch, der sich vor allem in den nordeuropäischen Ländern bis heute erhalten hat, wohl nicht zuletzt, da hier die Sonne im Winterhalbjahr noch länger verschwindet als in unseren Breitengraden. Doch auch hier fängt diese Tradition an, wieder aufzuleben.
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Externsteine im Teutoburger Wald bei Sonnenaufgang: Treffpunkt für Sonnwendfeiern auch in Deutschland.Foto: iStock
Von 20. Juni 2024

In der Nacht vom 20. auf den 21. Juni findet sie wieder statt: die Sommersonnenwende. Dieses Ereignis, an dem die Sonne ihren höchsten Stand des Jahres erreicht, an dem der Tag am längsten und die Nacht am kürzesten ist, wurde in weiten Teilen des vorchristlichen Europas rituell gefeiert. Mit großen Feuern, ausgelassenem Gesang und Tanz begrüßte man den Beginn der warmen Jahreszeit.

Sucht man nach dem Ursprung dieser Tradition, so blickt man weit zurück: schon die Erbauer der jungsteinzeitlichen Kultstätte Stonehenge (3.000 v. Chr.) erfassten mithilfe ihrer Stätten den jährlichen Höchst- und Tiefststand der Sonne. Als mitteleuropäisches Beispiel einer frühen Kenntnis dieses Ereignisses kann die Himmelsscheibe von Nebra genannt werden.

Diese bis zu 4.100 Jahre alte Bronzeplatte, die in Sachsen-Anhalt gefunden wurde, stellt die bislang älteste konkrete Himmelsdarstellung der Welt dar, auf der das Naturereignis dokumentiert wird.

Von der Sonnenwende zum Johannisfest

Seit Jahrtausenden also hat der Tag der Sommersonnenwende einen besonderen Platz im Jahresrhythmus der Völker Europas. Als fester Brauch wurde sie in den heidnischen Kulturen der Germanen, Balten, Slawen und Kelten von den Alpen bis in die dunklen Wälder Schwedens und von Britannien bis an den Peipussee gefeiert.

Nach der Verbreitung des Christentums versuchte die Kirche, den altertümlichen Brauch zunächst abzuschaffen – doch ohne Erfolg. Schließlich entschied man sich dazu, den Gedenktag für Johannes den Täufer auf den 24. Juni zu legen und zahlreiche Traditionen der Sonnenwende in einen christlichen Kontext einzubetten, um den Brauch für die eigene Religion urbar machen zu können.

Mit der Zeit ging die Tradition der Sommersonnenwende im deutschen Raum weitgehend verloren. Im nördlichen Europa jedoch besteht sie weiterhin als ein fester Bestandteil des dortigen Brauchtums fort.

Hochzeit des Göttervaters mit Mutter Erde

In Schweden etwa stellt man einen Mittsommerbaum (Midsommarstången) auf, der mit Zweigen und Blumen umkränzt wird. Frauen tragen Blumenkränze, die als Symbole von Wiedergeburt und Fruchtbarkeit dienen. Neben dem traditionellen Tanz um den Mittsommerbaum finden feierliche Buffets statt, zu denen Freunde und Familie eingeladen werden.

Tanz um den Mittsommerbaum in Vaddo, Schweden. Foto: iStock

Fackelumzüge und rituelle Verbrennungen, die Unheil bannen sollen, finden in Dänemark statt. In Finnland werden auf Lichtungen und Strandufern riesige Feuer errichtet, die die ganze Nacht nicht ausgehen dürfen.

Besonders heidnisch ist das Fest in Lettland geblieben. Dort tragen die Frauen Kränze aus Blumen und die Männer Kränze aus Eichenlaub. Die Sonnenwende wird dort mythologisch als Hochzeit des Göttervaters mit der Mutter Erde aufgefasst. Durch das rituelle Darbieten von Käse und Bier sowie bei Tanz und Gesang, werden den Letten nach traditioneller Vorstellung die Segnungen ihrer Götter und der Natur zuteil.

Traditionen erhalten oder neu beleben

In Frankreich, vor allem im südlichen Teil des Landes, ist die Sonnenwende ebenfalls Anlass für Dorffeste, bei dem der traditionelle Sprung über das Feuer nicht fehlen darf. Dieser soll Paaren Glück und Kranken Genesung bringen.

Auch wenn der Brauch der Sommersonnenwende im deutschsprachigen Raum weniger stark gepflegt wird, besteht er regional vielerorts fort oder wird neu entdeckt. Vor allem in den Alpen lodern sogenannte Johannisfeuer auf Berggipfeln, finden Feuersprünge statt und werden Felder mit dem Rauch von Tannenzweigen rituell gereinigt.

Auf dem Gebiet der Bundesrepublik bilden die Externsteine im Teutoburger Wald den Treffpunkt für die größte nicht organisierte Sommersonnwendfeier Deutschlands.

Auch auf dem sagenumwobenen Brocken im Harz und nahe dem 7.000 Jahre alten Sonnenobservatorium bei Goseck sammeln sich in jüngerer Zeit Menschen, die zusammen das Fest der Sommersonnenwende begehen wollen. Diese neue Aufmerksamkeit, die der uralte Brauch in heutiger Zeit erfährt, legt beredsames Zeugnis dafür ab, dass es letztlich an uns liegt, Traditionen zu erhalten, zu verlieren – oder neu zu entfachen.

Diese Erkenntnis ist besonders für uns, die wir in einer Zeit leben, in der kulturelle Güter und Sitten mehr denn je dem Nihilismus preisgegeben werden, von hoher Bedeutsamkeit. Unabhängig von staatlichen Institutionen oder formellen Gemeinschaften steht es in unserer Macht, Tradition zu erhalten oder neu zu schöpfen, wo sie verloren gegangen ist.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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