Auf ein Wort: Mutter werden ist nicht schwer, Oma sein dagegen …
Liebe Leser,
es ist schon beachtlich, wie die Zeit rennt. Kaum hat die Schule angefangen, schon sind in manchen Bundesländern wieder Herbstferien. Gerade Eltern sind dann oft in der Bredouille, weil sie eine Betreuung für ihre Kinder benötigen. Gut, wer auf Großeltern zurückgreifen kann. Doch auch die sind oft beschäftigt – getreu dem Motto „Rentner haben niemals Zeit“.
Mich trieb kürzlich die Frage um, ob ich überhaupt meiner Rolle als Oma gerecht werde. Denn das mir innewohnende Bild einer Großmutter erfülle ich nicht. Meine Oma hatte immer Zeit für mich. Wir haben stundenlang Spiele gespielt, gemeinsam gebacken oder im Garten gesessen. Ich hingegen bin noch immer berufstätig, betätige mich ehrenamtlich in vielen Projekten und hetze oft von einem Meeting zum nächsten. Das Bild einer klassischen Großmutter erfülle ich damit nicht.
Vielleicht liegt es an der gesellschaftlichen Veränderung, die diesen Wandel mit sich bringt. Vielleicht liegt es auch daran, dass meine Tochter mich schon sehr früh – ich war Ende 40 – mit dem Oma-Sein konfrontierte. Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen: Mit einem unsicheren Lächeln übergab mir meine knapp volljährige Tochter ein Rubbellos. Zunächst wollte ich ihre Bitte abschlagen, da ich mich aus Prinzip nicht an Glücksspielen beteilige. Doch da sie vehement darauf bestand, nahm ich den orangen Einkaufschip, den sie mir vor die Nase hielt.
Wenige Sekunden später war klar: „Du wirst Oma!“ – so stand es jedenfalls auf dem freigerubbelten Textfeld. Treffer versenkt.
Die nächsten Sekunden fühlten sich wie eine kleine Ewigkeit an. Sollte ich mich für meine Tochter freuen? Natürlich, keine Frage. Trotz ihres zarten Alters war mir klar, dass ihr die Mutterrolle wie auf den Leib geschnitten war. Schon als kleines Mädchen hatte sie sich fürsorglich um ihre Geschwister gekümmert. Sie vermochte einen Haushalt zu führen und war nicht wie andere Jugendliche ihres Alters an Disco, Alkohol oder Drogen interessiert, sondern verantwortungsbewusst. Meine Gedanken kreisten vielmehr schon damals um die Frage: Kann ich eine gute Oma sein?
Inzwischen sehe ich viele Vorteile: Im Vergleich zu meiner Oma habe ich einen Führerschein, ein Auto und bin damit nicht auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Ich bin nicht nur jünger als sie, sondern deutlich gesünder. Und schließlich ist es auch nicht die Anzahl der mit meinen Enkeln verbrachten Stunden, die zählt, sondern ihre Qualität. Wenn ich ihnen Geschichten vorlese und sie fasziniert an meinen Lippen hängen, wenn sie anrufen und fragen, wann ich wiederkomme, dann weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen gemütliche und qualitativ hochwertige Stunden im Kreis Ihrer Lieben.
Ihre Fenja Lindau
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