Schöner als sein Kind anzuschreien: Humor als Erziehungsmethode
Grimassen schneiden, Witze erzählen oder Kissenschlacht. Es gibt viele Methoden, Kinder zum Lachen zu bringen. Lachen ist die beste Medizin, besagt schon ein altes Sprichwort. Wie eine Pilotstudie aus den USA zeigt, wirkt sich Humor auch positiv auf die Erziehung von Kindern aus. Er hilft beim Stressabbau und ermöglicht einen Perspektivenwechsel.
Die im Juli 2024 im Fachmagazin „PLOS One“ veröffentlichte Studie zeigt, dass von den 312 befragten Personen im Alter von 18 bis 45 Jahren eine überwiegende Mehrheit (71,8 Prozent) davon überzeugt ist, dass Humor eine wirksame Erziehungsmethode sein kann. 61,8 Prozent setzen Humor bei der Erziehung der eigenen Kinder ein oder planen, dies zu tun. 69,7 Prozent würden sich freuen, wenn es Kurse geben würde, wie man Humor bei der Erziehung einsetzt.
Weniger überraschend war das Ergebnis, dass die Teilnehmer, die über eine gute Beziehung zu den eigenen Eltern berichteten, mit größerer Wahrscheinlichkeit den gleichen Erziehungsstil anwenden oder planen, dies zu tun. Humor ist also vererbbar.
Humorvoller Perspektivenwechsel beim Wutanfall
Doch Humor ist nicht gleich Humor. Vor allem Ansätze, die Sarkasmus und Spott beinhalten, sind laut Forschern „wahrscheinlich ineffektiv, wenn nicht sogar ungesund“ in der Kindererziehung. Eine der vielversprechenden Eigenschaften, die dem Humor von den Wissenschaftlern zugeschrieben wird, ist hingegen der Perspektivenwechsel, der damit einhergeht.
Richtig eingesetzt, kann Humor die Dynamik von Situationen ändern und einen Konflikt abwenden. Wie dies konkret aussehen kann, zeigt dieses Beispiel:
Ein Kleinkind bekommt einen ausgeprägten Wutanfall. Doch sämtliche Beruhigungsversuche scheitern.
Nach Aussage der Forscher können Eltern zu einer anderen Methode greifen. „Okay, jetzt bin ich dran“, sagt die Mutter und steigert sich dramatisch in ihren eigenen Wutanfall. Hier greift häufig der Überraschungseffekt. Viele Kinder hören auf zu weinen und beobachten die Darbietung ihres Gegenübers.
Sobald ihr „Wutanfall“ nachlässt, kommt der nächste Erwachsene zum Zug. Bei diesem Spiel können natürlich nicht nur Eltern, sondern auch Großeltern sowie andere Angehörige, Freunde und Anwesende zum Einsatz kommen.
„Wenn das Kind wieder an der Reihe ist, wird es in der Regel nochmals Wutanfälle haben, als ob es nie aufgehört hätte“, heißt es von den Forschern. Doch nun sind die Eltern im klaren Vorteil. Nach einigen Runden können sie einfach in die Hände klatschen und sagen: „Okay, lass uns ein anderes Spiel spielen.“
Kreativität fördern und Pufferzone ausbauen
Eine solche spielerische Störung helfe nicht nur, Spannungen zu lösen, sondern trage auch zur Kreativität und Flexibilität des Geistes bei, die sowohl den Interessen der Kinder als auch der Eltern zugutekommt.
Zudem könne die Ironie, einen Wutanfall in ein Spiel zu verwandeln, für Eltern eine psychologische Distanz schaffen, also eine Art Pufferzone zum Auftanken.
„Humor kann den Menschen kognitive Flexibilität vermitteln, Stress abbauen und kreative Problemlösungen und Widerstandsfähigkeit fördern“, sagt Benjamin Levi, Professor für Pädiatrie und Geisteswissenschaften am Penn State College of Medicine und Hauptautor der Studie. „Mein Vater hat Humor verwendet und das war sehr effektiv. Ich setze Humor in meiner klinischen Praxis und bei meinen eigenen Kindern ein.“ Die Frage jedoch sei, wie könne man ihn bei der Erziehung konstruktiv einsetzen?
Erstautorin Lucy Emery, die zum Zeitpunkt der Untersuchung Medizinstudentin am Penn State College of Medicine war und derzeit als Assistenzärztin für Kinderheilkunde am Boston Children’s Hospital arbeitet, zog einen Vergleich zwischen Elternschaft und Geschäftswelt. Es gebe da interessante Parallelen, erklärte sie. Beide seien hierarchisch aufgebaut. In der Wirtschaft helfe Humor nachweislich, Hierarchien und Spannungen abzubauen sowie ein besseres Umfeld für Zusammenarbeit und Kreativität zu erschaffen.
„Eltern-Kind-Beziehungen sind zwar liebevoller als Geschäftsbeziehungen, aber Stresssituationen kommen in der Elternschaft häufig vor. Humor kann dazu beitragen, diese Spannungen und Hierarchien aufzulösen und beiden Parteien zu helfen, sich in einer stressigen Situation besser zu fühlen“, so Emery.
Vision: Humor löst harte Disziplin ab
Die Pilotstudie deutet darauf hin, dass Amerikaner in der untersuchten Altersgruppe von 18 bis 45 Jahren offen für den Einsatz von Humor als Erziehungsmethode sind.
„Wenn diese Ergebnisse verallgemeinerbar sind, öffnen sie möglicherweise die Tür zu einer viel tieferen und breiteren Erforschung der Funktionsweise von ‚Erziehungshumor‘ und wie er angemessen genutzt werden kann, um die Erfahrungen sowohl von Kindern als auch von ihren Eltern zu verbessern“, so das Fazit der Forscher.
Allerdings stammen die Ergebnisse nur aus einer relativ kleinen Stichprobe, deren Teilnehmer überwiegen männlich (63,6 Prozent) und weiß (76,6 Prozent) sind. Fraglich ist laut Forschern auch, ob die Teilnehmer die Bedeutung „Humor“ oder „Humor in der Erziehung“ gleich interpretierten und anhand welcher Faktoren. Denn eine einheitliche Definition, was Humor ausmacht, gibt es nicht.
Dennoch sehen die Forscher in den Ergebnissen ihrer Pilotstudie einen guten Ausgangspunkt: „Meine Hoffnung ist, dass die Menschen lernen, Humor als wirksame Erziehungsmethode zu nutzen – nicht nur, um Spannungen abzubauen, sondern auch, um bei sich selbst Resilienz und kognitive und emotionale Flexibilität zu entwickeln und dies ihren Kindern vorzuleben“, so Levi.
Zukünftige Forschungen sollen zeigen, wie Eltern verschiedene Arten von Humor einsetzen können. Geklärt werden muss nach Aussage der Wissenschaftler auch, ob Eltern es vorziehen, Humor anstelle von harter Disziplin einzusetzen, wenn dies genauso effektiv, wenn nicht sogar effektiver wäre.
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