Ein einunddreißigster August – Von Christian Morgenstern

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Titelbild
Usedom an der Ostseeküste. (Symbolbild).Foto: istockphoto/Pit-Berlin

Ein einunddreißigster August

Das war der letzte leuchtende August:

Der Sommer gipfelte in diesem Tage.
Und Glück erklang wie eine Seegrundsage
in den Vinetatiefen unsrer Brust.

Ein leises fernes Läuten kam gegangen –
und welche wollten selbst die Türme sehn,
in denen unsres Glückes Glocken schwangen:
so klar ließ Flut und Himmel sie verstehn.

Der Tag versank. Mit ihm Vinetas Stunde.
Septembrisch ward die Welt, das Herz, das Glück.
Ein Rausch nur wie von Tönen blieb zurück
und schwärmt noch über dem verschwiegnen Grunde.

Christian Morgenstern  (1871 – 1914)

 

Vineta (Betonung auf der zweiten Silbe) ist der Name einer sagenhaften Stadt an der vorpommerschen Ostseeküste.

Der Sage nach ging Vineta bei einem Sturmhochwasser unter. Grund sei der moralische Verfall der Stadt, der „Hochmut und die Verschwendung der Bewohner“ gewesen.

In einer der zahlreichen Varianten der Sage gab es eine Warnung: Drei Monate, drei Wochen und drei Tage vor dem Untergang der Stadt erschien sie über dem Meer mit allen Häusern, Türmen und Mauern als farbiges Lichtgebilde. Die Ältesten rieten allen Leuten daraufhin, die Stadt zu verlassen, denn sehe man Städte, Schiffe oder Menschen doppelt, so bedeute das immer den Untergang.

Doch die Bewohner Vinetas kümmerten sich in ihrem Mangel an Demut nicht darum. Niemand beachtete auch die allerletzte Warnung: Einige Wochen später tauchte eine Wasserfrau dicht vor der Stadt aus dem Meer und rief dreimal mit hoher, schauerlicher Stimme:

„Vineta, Vineta, du rieke Stadt, Vineta sall unnergahn, wieldeß se het väl Böses dahn“
„Vineta, Vineta, du reiche Stadt, Vineta soll untergehen, weil sie viel Böses getan hat.“

Noch heute sollen Glocken aus den Tiefen des Meeres zu hören sein. [Quelle: Wikipedia]



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