Gaskapazität im freien Fall: Deutsche Gasspeicher entleeren sich rasant

Alarmstufe Gas: Die deutschen Gasspeicher entleeren sich aktuell so schnell wie lange nicht mehr. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Der Fachverband DVGW gibt Antworten zur aktuellen Lage.
Gasspeicher
Die deutschen Erdgasspeicher verfügen über die größten Speicherkapazitäten in der EU.Foto: akiyoko/iStock
Von 26. Januar 2025

Wer einen Blick auf die Füllstände der deutschen Erdgasspeicher wirft, sieht, dass diese sich aktuell rasant entleeren. Zwar ist es ganz normal, dass Deutschland während der Wintermonate von seinen Gasreserven zehrt und die Speicherstände sinken. Doch die Geschwindigkeit der Entleerung der Gasspeicher ist deutlich höher als sonst üblich.

Aktuell beträgt der durchschnittliche Füllstand der deutschen Gasspeicher 59,9 Prozent (Stand: 23. Januar 2025). Vor einem Monat waren es noch 82,6 Prozent, und genau ein Jahr zuvor – am 23. Januar 2024 – knapp 77 Prozent.

Die aktuelle starke Sinkrate begann am 8. Januar. Seitdem fiel der Speicherstand von 76,3 Prozent um 16,4 Prozentpunkte. Das entspricht einem Rückgang der Gasspeicherkapazität von durchschnittlich 1,1 Prozentpunkten pro Tag.

Füllstand der deutschen Gasspeicher von Juli 2024 bis 23. Januar 2025. Foto: mf/Epoch Times, Daten: NDR

Gemessen an den Füllständen der Vorjahre wird der Tiefpunkt Anfang April erreicht. Dann herrschen in der Regel wieder mildere Temperaturen, wodurch sich der Gasverbrauch so weit reduziert hat, sodass die Einlagerungen in die Gasspeicher wieder größer als die Entnahmen sind.

Deswegen entleeren sich die Speicher so schnell

Dass sich die deutschen Gasspeicher so schnell entleeren, hat mehrere Gründe. Zunächst ist der gesunkene Import zu nennen. Die täglichen deutschen Gasimporte kletterten im Herbst bis auf rund 2.700 Gigawattstunden (GWh) an und hielten sich seit November auf diesem Niveau. Seit dem Jahreswechsel nehmen die Lieferungen wieder kontinuierlich ab. Momentan erhält Deutschland 2.063 Gigawattstunden an Gas pro Tag (Stand: 22. Januar 2025).

Gleichzeitig sind in den vergangenen Wochen die Gasexporte ans Ausland massiv gestiegen. Waren es zum Jahreswechsel noch rund 150 GWh pro Tag, stiegen sie zwischenzeitlich auf über 700 GWh an. Aktuell sind es noch rund 400 GWh (23. Januar 01.2025).

Hinzu kommt der erhöhte Strombedarf während der letzten Dunkelflaute, die vom 15. bis zum 21. Januar andauerte. Da zu schwacher Wind und nur mäßiger Sonnenschein über Deutschland die Windkraft- und Photovoltaikanlagen haben schwächeln lassen, mussten die Netzbetreiber unter anderem die fossilen Kraftwerksreserven hochfahren. Das bestätigte auch Mike Fulwood vom Oxford Institute for Energy Studies. „Das kältere und windstille Wetter“ habe dazu geführt, dass die Windenergie Einbußen erfahren habe.

In der Spitze mussten die deutschen Gaskraftwerke 20 Gigawatt (GW) leisten. Zum Vergleich: Im Januar 2024 schwankte die Stromerzeugung der Gaskraftwerke zwischen 2,5 und 15 GW. Die erhöhte Leistung führt zu einem erhöhten Gasverbrauch, was die inländischen Gasspeicher weiter entleert.

In der dritten Kalenderwoche (13. bis 19. Januar) lag der Gasverbrauch von Deutschland im Schnitt bei 4.508 GWh pro Tag. Das sind knapp 10 Prozent mehr als im Mittel der Jahre 2018 bis 2021. Allerdings kommt dazu, dass die Außentemperaturen mit – 0,6 Grad Celsius im KW3 durchschnittlich 3 Grad niedriger war als im Vergleichszeitraum.

Gesetzlicher Zielwert erfüllt – und dann?

Wie ist diese rasante Speicherentleerung zu bewerten? Wenn sich der aktuelle Trend fortsetzt, läge der Füllstand der Speicher Anfang Februar bei rund 51 Prozent. Ende Februar wären es jedoch schon rund 23 Prozent. Und dann ist der Winter noch nicht vorbei. In rund zwei Monaten könnten die Reserven im schlimmsten Fall komplett aufgebraucht sein.

Um eine Einschätzung der Lage zu erhalten, fragte die Epoch Times beim Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) nach. Die Pressesprecherin Sabine Wächter wies darauf hin, dass das Arbeitsgasvolumen „zu Winterbeginn im ausreichenden und gesetzlich vorgeschriebenen Maße zur Verfügung“ stand.

Sie bestätigte, dass die derzeitige tägliche bundesweite Ausspeicherung rund 1,1 Prozentpunkte beträgt. Daher gehe der DVGW davon aus, dass der gesetzliche Zielwert von 30 Prozent Arbeitsgasvolumen zum 1. Februar nicht unterschritten wird.

„Diese Prognose teilt auch die Bundesnetzagentur. Und auch der Deutsche Wetterdienst spricht immer noch von einem warmen Winter“, sagte Wächter. „Die ‚Initiative Energie Speichern‘ (INES) kommt in ihrem Januar-Update ebenfalls zu demselben Schluss.“

Die Frage, was passiert, wenn im Februar tiefere Minusgrade in Deutschland einziehen und sich die Speicher durch diesen weiter steigenden Gasverbrauch gänzlich leeren, ließ die DVGW unbeantwortet.

Gasspeicher in der EU zu 57,6 Prozent gefüllt

Die Gasvorräte in der EU sind in diesem Winter deutlich schneller gesunken als im Vorjahr. Die Gasspeicher sind derzeit zu 57,6 Prozent (für 23. Januar 2025) gefüllt. Das geht aus Daten der europäischen Plattform zur Gasspeicherung „Agsi“ hervor. Vor einem Jahr lag der Füllstand EU-weit noch bei 73,3 Prozent.

Die Gasspeicher von Italien stehen bei 67,3 Prozent. Noch niedriger als in Deutschland ist der Füllstand in Frankreich. Das Nachbarland verzeichnete mit 41,7 Prozent den zweitniedrigsten Wert in der EU. Nur in Kroatien war der Füllstand geringfügig geringer.

Laut AFP stellt der aktuelle Füllstand der Gasspeicher in der EU zwar keine unmittelbare Gefahr für die Versorgung in diesem Winter dar. Allerdings müssen die EU-Länder nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) in diesem Jahr deutlich mehr Gas kaufen, um die Vorräte für den nächsten Winter wieder aufzufüllen.

Ein weiterer Grund für die aktuelle Lage ist das Ende des Transitvertrags für russisches Erdgas. Die Ukraine hatte zum Jahresanfang das Abkommen auslaufen lassen, wodurch bislang Erdgas über Pipelines in der Ukraine nach Europa geflossen ist. Besonders Österreich, die Slowakei und Ungarn bezogen bis dahin noch viel russisches Gas.

Der Gaspreis in Europa stieg zuletzt an. Der als Referenzwert betrachtete niederländische TTF-Gaskontrakt lag am Mittwoch bei 51 Euro je Megawattstunde – der höchste Wert seit Oktober 2023. Am Donnerstagmorgen lag er bei 50,29 Euro.

(Mit Material von AFP)

 

 

 



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