SARS Whistleblower packt aus: So blutig ist Chinas Organhandel

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Nachgespielt: Chinas Organraub betrifft vor allem politische Häftlinge. Durchgeführt wird er vom Militär und Militär-Chirurgen, wie ein Whistleblower nun bestätigte.Foto: Jim Watson/AFP/Getty Images
Von und 10. März 2015

China hat einen neuen Whistleblower: Zum Thema Organraub an lebenden Gefangenen äußerte sich der renommierte Chirurg Jiang Yanyong, 80 Jahre alt und Ex-Mitarbeiter des chinesischen Militärs. Er gab dem Honkonger Sender Cable TV ein denkwürdiges Interview, in dem er bestätigte, was ausländische Ermittler seit Jahren vermuten: Dass in Chinas Militärkrankenhäusern ein illegales Geschäft mit Organraub an Gefangenen betrieben wird – und dass Chinas unfreiwillige "Organspender" meist noch leben, während sie zerstückelt werden.

Jiang Yanyong ist nicht irgendwer: Im Jahr 2003 erregte er mit Enthüllungen über die Lungenseuche SARS internationales Aufsehen. Er war damals der erste Mediziner, der über das wahre Ausmaß der Epidemie berichtete, die Chinas kommunistische Führung zu verheimlichen suchte.

Todeskandidaten schon immer Organquelle

Nun gab Dr. Jiang detaillierten Einblick in die Geschichte und Vorgehensweisen der chinesischen Transplantations-Praxis. Schon immer mussten Todeskandidaten als Organquelle herhalten. Doch die „Techniken“ bei dieser illegalen Form von Organgewinnung wurden über die Jahre immer ausgefeilter und brutaler, weil man an immer frischeren Organen interessiert war, mit denen sich viel Geld verdienen lässt. In China existieren keinerlei ethische Richtlinien, die Organspenden gesetzlich regeln. Auswüchsen ist deshalb Tür und Tor geöffnet.

Die absolute Mehrheit aller Spenderlebern Chinas kommt von zum Tode verurteilten Gefangenen“, so Dr. Jiang. Schon früher habe es kein Gesetz gegeben, das die Organentnahme an Exekutierten betraf. „Egal ob die Familien zustimmten oder nicht, sobald jemand tot war, wurden Organe entnommen.“

In den Krankenwagen, die an der Hinrichtungsstätte des Militärhospitals 301 eingesetzt wurden, war immer eine Gruppe Chirurgen dabei. Sobald ein Gefangener erschossen worden war, gingen sie ans Werk“. (Hinter dem Code-Namen 301 verbirgt sich das „Generalkrankenhaus der Volksbefreiungsarmee“ in Peking.)

Man schoss sie nicht richtig tot“

Speziell bei Lebertransplantationen sei es wichtig, dass die Zeitspanne, in der das Organ ohne natürliche Blutversorgung bleibt, möglichst kurz ist. Davon hängen Funktion und Überlebenschance des Organs ab, so Jiang. „Deshalb schoss man später die Delinquenten nicht richtig tot, sondern brachte sie schnell in einen Krankenwagen, wo das Organ sofort entnommen wurde.“

Dr. Jiangs Enthüllungen sind für einen Chinesen extrem ungewöhnlich und gewagt – auch wenn er bereits bei SARS als Whistleblower auftrat. Das Interview, das Cable TV mit ihm ausstrahlte dauerte 15 Minuten und er erwähnte darin mutmaßliche Verbrechen eines noch amtierenden Chefarztes. Zwar machte Dr. Jiang keine Angaben zu den Identitäten der Opfer (dem Anschein nach sprach er ausschließlich von zum Tode verurteilten Kriminellen) – doch seine Ausführungen bestätigen größtenteils, was eine Reihe von Ermittlern schon seit Jahren behauptet: Dass Chinas Militärkrankenhäuser eine Schlüsselrolle beim Organraub an Todeskandidaten und politischen Häftlingen spielen. So sagen der US-amerikanische Journalist Ethan Gutman und die Kanadier David Kilgour und David Matas, dass seit 15 Jahren bevorzugt Falun Gong-Anhänger für Chinas Transplantationsbusiness ermordet werden. Die Anhänger der verfolgten spirituellen Bewegung wurden 1999 zum Staatsfeind Nr. 1 erklärt und sind seitdem jeglicher Rechte beraubt.

Militärchef blockierte Enthüllungen

Militärchef Xu Caihou (r.) mit Bo Xilai (l.) beim Volkskongress 2012. Mittlerweile sitzen beide im Gefängnis.Militärchef Xu Caihou (r.) mit Bo Xilai (l.) beim Volkskongress 2012. Mittlerweile sitzen beide im Gefängnis.Foto: Liu Jin/AFP/Getty Images

Mit seinen Enthüllungen erfüllt Dr. Jiang den letzten Wunsch seines 2006 verstorbenen Mentors, Dr. Hua Yiwei. Dieser war als Arzt des Pekinger Militärkrankenhauses so legendär, dass ihm sogar Ex-Staatschef Hu Jintao ein Denkmal stiftete. Jedoch war es Hua zu Lebzeiten nicht gelungen, die Organraub-Verbrechen der Armee an die Öffentlichkeit zu bringen. Er scheiterte an der Macht von Chinas Vize-Militärchef Xu Caihou, der den führenden Chirurgen und Täter Li Shiyong direkt schützte.

Als General und Politbüro-Mitglied war Xu einer der mächtigsten Männer im Militär. Im Zuge von Xi Jinpings Anti-Korruptionskampagne wurde er jedoch Ende 2013 gestürzt. „Sie werden im ganzen Land niemanden finden, der so korrupt, schurkenhaft und schlagfertig in Lüge und Betrug war“, so Dr. Jiang.

Xu hatte seinen Posten durch Chinas Ex-Staatschef Jiang Zemin bekommen, dessen Ära 1989 nach dem Tiananmen-Massaker begann. Xus Schützling Li Shiyong hatte seinen „kometengleichen“ Aufstieg ebenfalls politischen Beziehungen und Ränkespielen zu verdanken: Mit gefälschten Zeugnissen wurde er Chef des Pekinger Lebertransplantationszentrums.

Hat Xi Jinping hier mitgewirkt?

Die Journalisten von Cable TV versuchten Li Shiyong direkt an seinem Arbeitsplatz zur Rede zu stellen – vergeblich. Interessant ist jedoch die Frage, wie es dem Kamera-Team überhaupt gelang, auf so heißes Terrain vorzustoßen. Gab es da etwa Hilfe von oben? „Das hier ist ein Militärhospital, Sie haben keine Erlaubnis Fragen zu stellen“, kanzelte Li die Reporter ab.

Unklar ist also, inwiefern Dr. Jiangs Enthüllungen von der Pekinger Xi-Regierung selbst initiiert oder gefördert wurden, denn im Machtkampf zwischen Xi Jinping und dem Jiang Zemin-Lager wirken sie wie ein gezielter Schlag Xis. Veröffentlicht wurden sie am 6. März, während in Peking der Volkskongress tagte – also in politisch heiklem Moment.

In jedem Fall handelt es sich um die explizitesten Aussagen eines hochrangigen Militärarztes und Insiders zum Organraub. Da sich die Anschuldigungen lediglich auf zwei Leute beziehen, Xu Caihou und Li Shiyong, wird sich noch herausstellen, ob hier der medizinisch-militärische Komplex vom Verdacht einer Mitwirkung im großen Stil freigesprochen werden sollte, oder ob wir in Zukunft noch mehr erfahren. Auffällig war die Nichterwähnung des Umstands, dass politische Häftlinge den Großteil der Organraub-Opfer stellen.

Mehr zur Rolle Xu Caihous:

Chinas Machtkampf: Wieder hoher Funktionär gestürzt (2013)

Armeechef kommt vor Gericht (2014)

Link zum Original-Artikel: http://www.theepochtimes.com/n3/1277918-sars-whistleblower-exposes-organ-harvesting-by-chinese-military/

(Deutsche Version von Rosemarie Frühauf)



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