Stammt das Wasser auf der Erde von der Sonne?
Woher bekam der Blaue Planet sein Wasser? Dieses ewige Rätsel versuchen Wissenschaftler weltweit seit Jahrzehnten zu lösen. Würden Astronomen eines Tages eine Antwort auf diese Frage finden, könnte die Suche nach bewohnbaren Exoplaneten leichter werden.
Im Prinzip gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder war das Wasser auf der Erde von Anfang an da, als sich der Planet im Sonnennebel bildete, oder es wurde später durch Asteroiden und Kometen zugeführt. Neue Forschungsergebnisse legen nahe, dass auch der unerbittliche Sonnenwind dabei eine Rolle gespielt haben könnte.
Die Frage nach dem Ursprung
Warum ist die Erde der Planet, der mit Abstand am meisten Wasser in unserem Sonnensystem besitzt? Viele Astronomen befürworten die Theorie, dass Asteroiden und Co. das Wasser auf unseren Planeten brachten. Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Erde selbst während ihrer Entstehung Wasser ansammelte.
Um zu verstehen, wie die Erde zu ihrem Wasser kam, untersuchen Forscher das Isotopenverhältnis auf der Erde und in Meteoriten. Die Isotopenzusammensetzung des Wassers auf der Erde ist primitiven Meteoriten am ähnlichsten. Andererseits unterscheidet sie sich von der Isotopenzusammensetzung des Wassers von Kometen und von Nebelgas. Astronomen schließen daraus, dass das Wasser der Erde aus demselben kosmischen Reservoir stammt wie das der primitiven Meteoriten. Doch welchen Weg das Wasser bis zum Planeten zurücklegte, ist unklar.
Laut Forschern um Svatolpuk Civiš von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag könnte das Wasser ursprünglich von der Sonne kommen, genauer gesagt ein Teil seiner chemischen Zusammensetzung, und durch Sonnenwinde entstanden sein. Der Sonnenwind ist ein ständiger Strom geladener Teilchen – vor allem Protonen und Elektronen –, die von der Sonne kommen. Positiv geladene Wasserstoffionen (H⁺), die lediglich Protonen sind, sind die häufigsten Teilchen im Sonnenwind.
Damit dieser (hochenergetische Strom aus Wasserstoffionen) theoretisch Wasser entstehen lassen kann, müsste er auf Oberflächen mit sauerstoffhaltigen Mineralen treffen, so die Forscher. Die Frage ist also, kann der hochenergetische Strom auch praktisch die Entstehung von Wassermolekülen auslösen?
Künstlicher Sonnenwind: Forscher erschaffen Wasser im Labor
Dies testeten die Physiker in ihrem Labor an 14 sauerstoffhaltigen Mineralen. „Um den Prozess der Wasserbildung auf der Oberfläche sauerstoffhaltiger Materialien und die Wasserhäufigkeit zu untersuchen, haben wir die Technik des Oberflächenbeschusses mit Wasserstoff- oder Deuteriumatomen und -ionen angewandt“, schreiben die Autoren in ihrer Studie.
Im Wesentlichen bestand das Experiment aus zwei Phasen: In der Ersten wurde getestet, ob die Minerale unter Einwirkung von Sonnenwind tatsächlich Wasser produzieren und in der Zweiten wurde ihre Adsorptionsfähigkeit untersucht, also wie gut das Wasser an ihrer Oberfläche haftet. Letzteres war eine völlige Neuheit in diesem Bereich der Forschung.
Die Proben wurden zusätzlich intensiver Strahlung ausgesetzt, die in der Wasserstoffentladung erzeugt wird. „Die Bestrahlung sauerstoffhaltiger Gesteinsminerale durch den Sonnenwind führt zu einer Reaktion zwischen H⁺-Ionen und Silikatmineralen, bei der Wasser und OH⁻ [Hydroxyionen] entstehen. Dies könnte das Vorhandensein von Wasser in den Regolithen luftloser Welten wie dem Mond sowie die Wasserhäufigkeit in Asteroiden erklären“, so die Forscher.
Ein Ozean voller Wasser
Nachdem die Entstehung von Wasser in den Tests erneut belegt worden war, testeten die Physiker die Wasseraufnahmefähigkeit der Proben. Konnte sich das Wasser an Asteroiden oder Kometen anhaften und so zur Erde gelangen? Und wie viel Material müsste den Planeten erreicht haben, um die Wassermenge der heutigen Erde zu erklären?
„Neben dem Material, das die Erde während der Akkretion aufgenommen hat, könnte das Wasser auch während eines späteren Bombardements durch den Sonnenwind entstanden und zur Erde gelangt sein“, schreiben die Autoren. Als möglichen Zeitraum geben Civiš und seine Kollegen das sogenannte „späte schwere Bombardement“ an, das sich vor 3,8 bis 4,1 Milliarden Jahren ereignet haben soll.
Älteren Forschungen zufolge sollen Asteroiden und Kometen während des großen Bombardements rund eine Tonne Material pro Himmelskörper auf die Erde gebracht haben. Wenn die Oberfläche dieses Materials vollständig mit dem durch Sonnenwind entstandenen Wasser bedeckt gewesen wäre, hätte diese Menge zur Entstehung eines Ozeans ausgereicht, so die Forscher. Ob dies tatsächlich vor Milliarden Jahren so eingetreten ist, bleibt offen.
Zumindest an den Ergebnissen der Tests und der Fähigkeit des Sonnenwindes, Wasser zu erzeugen, gebe es keine großen Zweifel. „Die Ergebnisse der in dieser Arbeit zusammengefassten Experimente […] bestätigen eindeutig die Theorie der Wechselwirkung […]“, erklären die Autoren.
Vor-Ort-Erzeugung durch Sonnenwind unmöglich
Dass das Wasser direkt auf der Erde entstanden ist, ist nach Meinungen der Forscher unmöglich. Grund dafür seien die Atmos- und Magnetosphäre der Erde, die die Erdoberfläche vor dem Sonnenwind abschirmen.
Wie die Studie jedoch zeigt, kann der Sonnenwind aber Wasser auf der Oberfläche anderer „schutzloser“ Körper wie Asteroiden erzeugen. Dort kann das Nass festgehalten werden, um durch das Universum zu „reisen“ und auf fremde Planeten zu gelangen.
„Aufgrund dieses Effekts kann ein Wassermolekül an der Oberfläche von sauerstoffhaltigen Partikeln adsorbiert und dann über lange Strecken und Zeiten transportiert werden“, erklären die Forscher. Wenn dies für die Erde möglich ist, könne es auch auf Exoplaneten anderswo in der Galaxie geschehen sein.
Die Studie erschien am 23. Oktober 2024 im Fachmagazin „The Astrophysical Journal“.
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