IPCC-Vorhersage zu Meeresspiegelanstieg „unwahrscheinlich“
In den vergangenen Jahren waren Nachrichten zu wütenden Waldbränden, starken Wirbelstürmen und verheerenden Überschwemmungen überall in den Medien vertreten. Viele dieser Ereignisse werden dem menschengemachten Klimawandel zugeschrieben.
US-amerikanische Forscher vom Dartmouth College in Hanover, New Hampshire, gaben nun bekannt, dass eine der schlimmsten Vorhersagen des Internationalen Gremiums für Klimawandel (kurz IPCC) höchst unwahrscheinlich ist. Konkret handelt es sich um den Anstieg des Meeresspiegels durch das Abschmelzen der polaren Eisschilde.
Hamburg und Bremen an der Nordsee?
Das IPCC ist dafür bekannt, aktuelle Studien und Forschungen aus den Bereichen Klima und Umwelt auszuwerten sowie mögliche lang- und kurzfristige Folgen für die Erde zu prognostizieren. Veröffentlicht werden diese teils alarmierenden Vorhersagen regelmäßig in den sogenannten Weltklimaberichten. Dies geschah zuletzt im vergangenen Jahr mit dem über 3.000 Seiten umfassenden sechsten IPCC-Bericht.
In diesem Bericht wird ein mögliches Szenario vorgestellt, wonach der Zusammenbruch der antarktischen Eisschilde den durchschnittlichen globalen Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 mehr als doppelt so stark erhöhe, wie erwartet. Bis zum Jahr 2300 sei sogar eine Verdreifachung möglich.
Obwohl das IPCC diese spezifische Vorhersage als „wenig wahrscheinlich“ bezeichnete, wurde sie dennoch in den Bericht aufgenommen. Darin heißt es, dass die Weltmeere einem Modell nach um bis zu 15 Meter ansteigen könnten. Würde dieses Ausmaß eintreffen, läge Miami im US-amerikanischen Bundesstaat Florida vollkommen unter Wasser, die Nordsee würde bis Hamburg und Bremen reichen und in Mecklenburg-Vorpommern entstünde eine Vielzahl neuer Inseln.
Diese Vorhersage beruht auf einem neuen hypothetischen Mechanismus, der beschreibt, wie sich Eisschilde – dicke, an Land befindliche Gletscher, die die Polarregionen bedecken – zurückziehen und auseinanderbrechen. Doch laut den Forschern berge dieser aufgestellte Mechanismus, der auch als „Marine Ice Cliff Instability“ (kurz MICI) bekannt ist, erhebliche Tücken.
Meeresspiegelanstieg auf sandiger Grundlage
Wie die Forscher um Mathieu Morlighem, Professor für Geowissenschaften in Dartmouth erklären, konnte dieser Mechanismus in der realen Welt bislang nicht ein einziges Mal beobachtet werden. Außerdem sei die Annahme des steigenden Meeresspiegels bislang nur eines Computermodells getestet worden, das zudem mit einer geringen Auflösung arbeitet.
Um die wackelige Hypothese des IPCC auf Herz und Nieren zu prüfen, testeten Morlighem und seine Kollegen den MICI-Mechanismus mit drei hochauflösenden Modellen. Diese Modelle seien dafür geeignet, die komplexe Dynamik von Eisschilden besser zu erfassen und darzustellen. Ihre Studie erschien am 21. August 2024 im Fachmagazin „Science Advances“.
Darin simulierten die Geowissenschaftler den Rückzug des Thwaites-Gletschers in der Antarktis. Dieser Eisschild ist 120 Kilometer breit und schmelze immer schneller ab. Aufgrund seiner Masse habe er das Potenzial, den globalen Meeresspiegel um mehr als einen Meter anzuheben. Doch die Berechnungen von Morlighem und seinen Kollegen zeigen, dass selbst der Thwaites-Gletscher wohl nicht so schnell zusammenbrechen werde.
„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Physik, die den extremen Projektionen des IPCC-Berichts zugrunde liegt, ungenau ist – mit möglichen Auswirkungen auf die reale Welt“, so Mathieu Morlighem. „Diese Prognosen verändern tatsächlich das Leben der Menschen. Politische Entscheidungsträger und Planer verlassen sich auf diese Modelle, und sie betrachten häufig das höchste Risiko. […]“, so Morlighem.
Domino in der Antarktis fraglich
Die Idee hinter MICI ist, dass bei einem raschen Zusammenbruch eines Schelfeises – der schwimmenden Verlängerung des Inlandeises – die Eisklippen, die den äußeren Rand des Eisschildes bilden, freigelegt und nicht gestützt werden könnten.
Wenn diese Klippen hoch genug sind, würden sie unter ihrem eigenen Gewicht brechen. Die Folge: Es entstünde eine noch höhere Klippe, die zu einem noch schnelleren Rückzug führt, da der Eisschild wie eine Reihe von Dominosteinen nach innen kollabiert. Sobald das Eis in den Ozean gelange, würde es zu dem prognostizierten dramatischen Meeresspiegelanstieg führen. Die Geowissenschaftler stellen jedoch fest, dass der Gletscherabbruch weder so einfach noch so schnell vonstattengeht.
„Alle sind sich einig, dass das Versagen von Klippen real ist – eine Klippe wird einstürzen, wenn sie zu hoch ist. Die Frage ist nur, wie schnell das geschieht“, sagte Morlighem. „Wir haben festgestellt, dass die Rückzugsgeschwindigkeit bei weitem nicht so hoch ist, wie in diesen ersten Simulationen angenommen. Wenn wir eine Geschwindigkeit verwenden, die die Physik besser wiedergibt, sehen wir, dass die Instabilität des Eiskliffs nie einsetzt.“
Dass der Meeresspiegelanstieg durch das Abschmelzen der antarktischen Eisschilde stattfinden werde, wenn auch nicht so extrem wie vom IPCC vorhergesagt, sei in den hochauflösenden Modellen von Morlighem erkennbar.
Ausdünnung statt Abbruch
Die Forscher konzentrierten sich auf den Thwaites-Gletscher, weil er als besonders gefährdet für einen Kollaps gilt. Die Forscher simulierten den Rückzug des Gletschers für 100 Jahre nach einem plötzlichen hypothetischen Zusammenbruch seines Schelfeises sowie für 50 Jahre unter der tatsächlich stattfindenden Rückzugsrate.
Bei allen Simulationen stellten die Forscher fest, dass sich die Eisklippen von Thwaites nie mit der vom MICI angenommenen Geschwindigkeit ins Landesinnere zurückzogen. Ohne das Schelfeis, das den Eisschild zurückhält, beschleunigt sich die Bewegung des Gletschers in Richtung Ozean rapide, sodass sich der Eisschild vom Landesinneren weg ausdehnt. Durch diese beschleunigte Bewegung wird auch das Eis am Rand des Gletschers dünner, wodurch die Höhe der Eisklippen und ihre Anfälligkeit für einen Zusammenbruch verringert wird.
„Wir stellen die etablierten Standardprognosen, auf denen der IPCC-Bericht hauptsächlich basiert, nicht infrage“, sagt Hélène Seroussi, Co-Autorin der Studie. „Wir stellen nur diese Projektion mit den hohen Auswirkungen und der geringen Wahrscheinlichkeit infrage, die diesen neuen MICI-Prozess beinhaltet, der kaum verstanden ist. Andere bekannte Instabilitäten in den polaren Eisschilden werden in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten immer noch eine Rolle bei deren Verlust spielen.“
Seit Jahrhunderten stabil
Auch die Realität scheint sich den Vorhersagen des IPCC zu widersetzen, wobei sich die Eisschilde stabiler verhalten als erwartet. Einerseits werden scheinbar dramatische Eisverluste über die Jahre ausgeglichen. Dies entspricht dem typischen Verhalten von Gletschern, die langsam, aber stetig wachsen und durch das Abbrechen von Eisbergen abrupt schrumpfen.
Andererseits zeigen sich – über längere Zeiträume und in verschiedenen Regionen – kaum Veränderungen der Eisverhältnisse. Wo etwa der britische Entdecker und Seefahrer James Cook „Eisinseln“, „Eiseilande“ und „Eishügel“ im Südpolarmeer beobachtete, schwimmen auch heute noch Eisberge. Dass sie sich seither nicht verändert haben, sei „faszinierend“, so Forscher, die Tagebücher alter Seefahrer auswerteten. Professor David G. Long von der Brigham Young University erklärte dazu:
Wo sie [die alten Seefahrer] Eisberge sahen, sehen wir heute Eisberge; wo sie sie nicht sahen, sehen wir sie nicht.“
Mit anderen Worten: Große und kleine antarktische Eisberge sind heute in denselben Gebieten zu finden, in denen sie vor drei Jahrhunderten lokalisiert wurden. Das zeigt der Vergleich historischer Aufzeichnungen der berühmten Seefahrer wie Edmond Halley, Lozier Bouvet, Edward Riou und James Cook mit modernen Satellitendaten.
„Ein System im Gleichgewicht“
Doch nicht nur vor der Küste erweist sich das Eis beständiger als gedacht. Das gilt auch für große Teile der Küste, wie Prof. Anders Bjørk, Doktorand Mads Dømgaard und Kollegen von der Universität Kopenhagen anhand Luftaufnahmen des norwegischen Walfängers Lars Christensen feststellten und publizierten. Das Untersuchungsgebiet erstrecke sich über etwa 2.000 Kilometer Küstenlinie und enthält so viel Eis wie der gesamte grönländische Eisschild.
Insgesamt 2.200 Aufnahmen, die bis ins Jahr 1937 zurückdatieren, schlummerten im Norwegischen Polarinstitut in Tromsø. Ihre Auswertung lieferte „das bisher detaillierteste Bild der Eisentwicklung in der Ostantarktis“, so die Dänen. Sie zeigen zusammen mit australischen Aufzeichnungen aus den Jahren 1950 bis 1974 „dass das Eis über fast ein Jahrhundert hinweg stabil geblieben und sogar leicht gewachsen ist“.
Zudem seien die Fließgeschwindigkeiten des Eises im Vergleich zu heutigen Daten unverändert. Und während einige Gletscher über kürzere Zwischenzeiträume von 10 bis 20 Jahren abgenommen hätten, seien sie „langfristig stabil geblieben oder leicht gewachsen, was auf ein System im Gleichgewicht hindeutet“.
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