Zum Verzehr geeignet? Miesmuscheln aus Offshore-Windfarmen mit Metallen schwer belastet

Miesmuscheln gelten als Filter der Meere und nehmen mitunter unzählige Schadstoffe auf. Wie eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt, sind dies im Falle von Muscheln aus Offshore-Windfarmen vor allem Metalle. Dabei waren diese Meeresbewohner zum menschlichen Verzehr vorgesehen.
Muscheln in Offshore-Windparks könnte es mies gehen
Eine deutsche Studie zeigt, dass es Muscheln in Offshore-Windparks mies gehen könnte.Foto: ian600f/iStock
Von 4. Januar 2025

Wind, Salzwasser und Sonne setzten Jahr für Jahr auch den stärksten Rotorblättern von Offshore-Windparks zu. Durch die rauen Wetterbedingungen kommt es daher zu einer Erosion der Oberfläche, wodurch unzählige Partikel wie Mikroplastik und Metalle in die Umwelt gelangen. Ein Forschungsteam unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven hat jetzt die Auswirkungen dieser Partikel auf Miesmuscheln untersucht.

Seit Längerem überlegen Wissenschaftler und Parkbetreiber, diese Meerestiere künftig vermehrt in den Gewässern mit Offshore-Windrädern anzusiedeln. Die aktuellen Ergebnisse der AWI-Forscher könnten diese Idee in Anbetracht des Tierschutzes jedoch im Sande verlaufen lassen.

Eine potenzielle Quelle der Gefahr

In einer laborbasierten Pilotstudie untersuchten die Forscher um Dr. Gisela Lannig, Ökophysiologin am AWI, inwieweit der Abrieb von Rotorblättern die Physiologie von Miesmuscheln beeinträchtigt. Dazu haben die Forscher das Material solcher Rotorblätter – bereitgestellt vom Fraunhofer-Institut für Windenergieanlagen – so klein gemahlen, dass sie der Größe der Nahrung von Miesmuscheln entspricht.

Wir haben die Muscheln unterschiedlichen Konzentrationen dieser Partikel ausgesetzt und sie nach definierten Expositionszeiten beprobt“, erläutert Dr. Gisela Lannig.

Miesmuscheln auf Fundamenten in der Nordsee

Miesmuscheln auf Fundamenten im ersten deutschen Offshore-Windpark alpha ventus, ehemals Offshore-Windpark Borkum West, in der Nordsee. Foto: Roland Krone, Alfred-Wegener-Institut

Außerdem führten die Forscher Messungen hinsichtlich Stoffwechseländerungen durch. Das Gewebe der Muscheln wurde anschließend auf anorganische Zusatzstoffe, insbesondere auf die Metallbelastung, untersucht.

„Unser Experiment war ein Worst-Case-Szenario, bei dem die Miesmuscheln bis zu 14 Tage lang einer hohen Partikel-Belastung ausgesetzt wurden. Die Muscheln zeigten eine mäßige bis starke Aufnahme von Metallen, insbesondere von Barium und Chrom“, berichtet Dr. Daria Bedulina, ebenfalls Ökophysiologin am AWI.

„Bei den physiologischen Untersuchungen ergab sich dabei kein eindeutiges Bild. Die Ergebnisse zu Veränderungen im Stoffwechsel der Muscheln weisen jedoch auf eine mögliche kurzfristige Auswirkung auf das neuroendokrine System und den Aminosäurestoffwechsel hin. Deswegen sind weiterführende Studien, vor allem hinsichtlich langfristiger Auswirkungen auf Muscheln, dringend nötig“, so Bedulina weiter.

Das Bild vom 4. September 2023 zeigt Windräder im Offshore-Windpark Nysted in der Ostsee bei Gedser, Dänemark. Foto: Thomas Traasdahl/Ritzau Scanpix/AFP via Getty Images

Miesmuscheln zum menschlichen Verzehr gedacht

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Offshore-Windparks neue anthropogene Belastungen für die Meeresumwelt mit sich bringen. Laut den Forschern sei die Auswirkung des Abriebs und der winzigen Teilchen „nicht zu unterschätzen“.

Meeresbewohner wie die untersuchten Miesmuscheln spielen eine entscheidende Rolle in den Küstenökosystemen. So bieten Muschelbänke unter anderem Lebensraum und Brutstätten für eine Vielzahl von Meerestieren, fördern die Biodiversität und tragen als Filter zum Erhalt der Wasserqualität bei. Aufgrund ihrer Filtereigenschaft können die Tiere so eine erhebliche Menge an Mikroplastik und Schadstoffe in ihren Geweben anreichern – mit unbekannten Folgen.

Miesmuscheln helfen anderen Meeresbewohnern

Andere Meeresbewohner wie Seesterne profitieren von einem Leben neben Miesmuscheln. Foto: Selahattin Volkan Kuru/iStock

„Im Hinblick auf die Mehrfachnutzung in Offshore-Windparks zur Muschelzucht für den menschlichen Verzehr ist eine umfassende Untersuchung […] dringend nötig, um mögliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sicher ausschließen zu können“, erläutert Dr. Lannig.

Allerdings sei die aktuelle Studie weit davon entfernt, ein umfassendes und zuverlässiges Verständnis der potenziellen Risiken von Windkraftanlagen für die Meeresumwelt zu liefern. Um dies zu erreichen, sind künftig weitere umfassende Kurz- und Langzeitstudien erforderlich. Sollten erneuerbare Energien in der Zukunft dominieren, sei eine Untersuchung der potenziellen Gefahren zum Wohle der Natur und des Menschen unerlässlich.

Die Studie erschien am 20. Dezember 2024 im Fachmagazin „Science of the Total Environment“.



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