„100 kg Abrieb pro Jahr“: So viele Partikel verteilt eine große Windkraftanlage an die Umgebung
Wo gehobelt wird, da fallen Späne; wo Reibung ist, entsteht Abrieb. Das gilt auch bei der Stromproduktion einer Windkraftanlage. Die Anlage nutzt sich im Laufe der Zeit ab, indem etwa der Wind Partikel in der Luft gegen die Rotorblätter schleudert.
Bei Geschwindigkeiten von bis zu 400 km/h, die die Spitzen dieser Flügel erreichen können, können selbst Wassertropfen in der Luft wie Sandpapier wirken. Doch was genau löst sich da bei der Reibung von der Anlage und wie viel? Was bedeutet das für die Umwelt – und für den Menschen?
Thomas Mock, Syndikus [Anm. d. Red.: Rechtsanwalt] und ehemaliger politischer Leiter in einem Industrieunternehmen, hat sich seit mehreren Jahren intensiv mit dieser Thematik befasst. Der Epoch Times steht er Rede und Antwort.
Herr Mock, wie sind Sie darauf gekommen, sich mit dem Abrieb von Windkraftanlagen zu beschäftigen?
Ich bin mit einem alten Resthof meiner Familie in der Schnee-Eifel vor fast dreißig Jahren selbst ungewollt zum Windkraftbetroffenen geworden. Im hinter unserer Weide beginnenden Schutzgebiet und in einem nahen ehemals moorigen Vulkanmaar sollten 18 Anlagen errichtet werden. Und das bis circa 400 Meter heran an die örtliche Wohnbebauung.
Einer örtlichen Bürgerinitiative habe ich auf ihren Wunsch hin geholfen, das zu verhindern. Realisiert wurden schließlich neun Anlagen mit mindestens 1.000 Meter Abstand zur Wohnbebauung, davon vier Anlagen mitten im Maar, fünf am oberen Maarrand. Der Maargrund ist eine Allmende, sprich Gemeindeflur, und der Bürgermeister stimmte der Planung nur zu, wenn auch vier Anlagen auf der Allmende errichtet würden, weil er dann die Pachteinnahmen für die Gemeinde sichern konnte. Außerdem war der damalige Kreis Daun der ärmste des Landes Rheinland-Pfalz. Es ging also primär ums Geld.
Bis zum Schluss haben wir uns gegen die Anlagen im Maar gewehrt, weil es ein Naturdenkmal ist. Doch der Kreis genehmigte die neun Anlagen. Vor wenigen Jahren wurden andere Maare und das betroffene Maar vor unserer Haustür in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Das bestätigte – wenn auch spät – unsere damalige Sicht und unser Engagement eindrücklich. Ein „Repowern“ [Austausch einer älteren Windkraftanlage durch eine moderne] innerhalb des Maars dürfte damit ausgeschlossen sein.
Seit meiner Pensionierung in der Industrie vor vier Jahren habe ich nun mehr Zeit für Grundlagenarbeit und Gerichtsverfahren in Sachen Windkraft. Seitdem beschäftige ich mich auch mit dem Oberflächenabrieb von Rotoren.
Eine Windkraftanlage ist ständig Wind und Wetter ausgesetzt. Die Kräfte der Natur bescheren der Anlage neben einem Stromertrag auch einen gewissen Abrieb. Sind die heutigen Anlagen stärkerem Abrieb ausgesetzt als frühere Anlagen?
In Höhen von bis zu 300 Metern sind alle Anlagenteile betroffen, insbesondere die Carbonoberflächen, also die Oberflächen der Rotoren wie auch die Carbonoberfläche des Maschinenhauses.
Die Schwere der Betroffenheit ist aber unterschiedlich. Am stärksten betroffen sind die äußeren Hälften der Rotorblätter, weil diese mit bis zu 400 km/h durch die Luft schneiden und einer extremen Dauerbelastung ausgesetzt werden. Folglich sind sie am ehesten einem Abrieb ausgesetzt. Das haben die Hersteller zu spät entdeckt. Dem versucht man nun mit härterem Oberflächenschutz zu begegnen. Aber der Abrieb kann so bestenfalls gemindert werden.
Alle Zahlen bisheriger vor allem niedrigerer Anlagen als solche von heute mit inzwischen 200 bis 300 Meter Höhe sind insoweit weder interessant noch aussagekräftig. Aber bei den heutigen großen Anlagen, die auch Rotordurchmesser von bis zu 180 Meter besitzen, wird es spannend. Entsprechend dem dort oben aggressiveren Wetter ist der Abrieb bei großflächig ausgesetzten Flächen und insbesondere der windzugewandten Seite von Rotor und Rotorblättern betriebsbedingt und nimmt wegen der widrigeren Bedingungen überproportional zu.
Die damit verbundenen Kosten müssen dazu in einem wirtschaftlichen Verhältnis stehen. Denn Rotorblätter sind Massenware, die je nach Belastung regelmäßig repariert oder ausgetauscht werden. Wird der Reparaturaufwand zu groß, werden neue Rotorblätter bestellt.
Wie laufen solche Reparaturen an den Rotorblättern ab?
Früher mussten sich Techniker mit Seilen und umfangreichen Schutzvorkehrungen entlang der Rotoren abseilen, um an die Schäden an den Rotoroberflächen heranzukommen.
Heute werden die Rotoren mit Drohnen analysiert und die Schäden mit Reparaturrobotern ausgebessert. Die neueste Generation agiert weitgehend selbstständig auf dem Rotorblatt, was die Reparaturen erheblich vereinfacht. Da diese Schäden technisch bedingt zunehmen, kommt die neue Technik wie gerufen.
Welche schädlichen Materialien lösen sich von der Anlage?
Der Katalog der betroffenen Stoffe ist durchaus beeindruckend. Zunächst werden entsprechend dem Wetter (Regen, Hagel, regelmäßige Blitzeinschläge, intensive Sonneneinstrahlung, kalte Winternächte mit sehr hohen Ansprüchen an das Material) Mikropartikel abgelöst, bis in den Nanobereich. Je härter die von Abrieb/Erosion betroffene Oberfläche (also vor allem der Wulst) versiegelt ist, desto kleiner werden die abgeriebenen Teilchen.
In diesen Teilchen befinden sich die im Epoxidharz der Oberfläche verwendeten giftigen Chemikalien PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) und BPA (Bisphenol-A). Schon bei der Verarbeitung gelten in Deutschland hohe Schutzvorkehrungen wie Ganzkörperschutzanzüge. Das und anderes hat die Herstellung so teuer gemacht, dass in Deutschland seit vielen Jahren keine Rotorblätter mehr hergestellt werden.
Anderswo in der Welt werden unter anderem Ganzkörperschutzanzüge weder vorgeschrieben noch verwendet. Folglich führt der hohe Arbeits- und Umweltschutz bei uns zu verstärkten Gesundheitsschäden bei der Herstellung. Im Feld gelangen diese Materialien mit den Mikropartikeln in die Natur, Böden und Gewässer beziehungsweise in das Grundwasser.
Deren Schäden werden jedoch nicht sofort sichtbar. Ihr hohes Schadenspotenzial wird erst durch und nach jahrelangen Anreicherungsprozessen in Tieren und Menschen signifikant. Obwohl bei PFAS sehr viele unterschiedliche Formen und Klassen existieren und PFAS differenziert betrachtet werden könnten, muss das Schlimmste angenommen werden, weil jedwede Untersuchungen oder Forschungen seit Jahren unterbunden werden. Doch statt den Worst Case zu thematisieren, werden die Emissionen und Folgen totgeschwiegen.
Hinzu kommen die verwendeten GFK und CFK – Glas- und Carbonfasermischmaterialien –, die vor allem bei Überschreiten einer Temperatur von 600 Grad Celsius im Falle eines Brandes von Rotoren gesundheitsgefährlich werden. Da die Rotoren im Innern in der Regel mit großen Mengen Balsaholz konstruiert sind, wird im Falle eines Feuers die notwendige Brandlast leicht erreicht. Dazu entwickeln sich dann die toxischen Eigenschaften von GFK und die weitere Nutzung großer landwirtschaftlicher Flächen rund um die betroffene Windkraftanlage ist bis auf Weiteres ausgeschlossen. Solche Zeiträume können mehrere Monate bis Jahre – oder ewig – dauern.
Wie groß ist die Menge der sich lösenden Partikel pro Jahr und pro Lebenszeit einer Anlage?
Gemäß einer vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestags im Jahr 2020 zitierten Fraunhofer Studie sollen das rund 45 Kilogramm pro Windanlage pro Jahr sein. Das bezog sich allerdings auf Windkraftanlagen mit nur circa 40 Meter langen Rotoren und nur circa 150 Metern Höhe. Heutige Anlagen sind bis 300 Meter hoch, die Rotoren bei Anlagen an Land sind bis zu 90 Meter lang und wiegen pro Blatt circa 25 Tonnen.
Eine Hochrechnung des Abriebs damaliger Anlagen auf heutige und zukünftige Anlagen schließt sich aus obigen Gründen fachlich und erst recht wissenschaftlich aus. In 300 Meter Höhe ist der Wind gegenüber einer nur 150 Meter hohen Anlage um das Zwei- bis Dreifache stärker und auch stetiger. Die um ein Vielfaches höhere Aggressivität des Höhenwetters führt zu erheblich höheren betrieblichen Dauerbelastungen der Rotoroberflächen mit entsprechenden Abriebfolgen.
Schon doppelte Windgeschwindigkeit kann den Stromertrag einer Windkraftanlage bis um das Achtfache erhöhen. Bei dreifach höherer Windgeschwindigkeit kann sich das bis zum 27-Fachen steigern. Hinzu kommt die sehr viel höher installierte Leistung und die vielfach höhere Rotorblattoberfläche.
Als Konsequenz darf man circa 100 kg Abrieb pro Anlage pro Jahr betrieblich bedingt annehmen. Bei einem Gesamtgewicht von circa 75 Tonnen für drei Rotoren heutiger Anlagenklasse erscheint mir das wenig. Es dürfte eher mehr sein. Aber das sollten bisher tabuisierte, wissenschaftlich basierte und von der Windindustrie unabhängige Institute näher untersuchen. Leider ist mir in Deutschland kein einschlägiges Institut bekannt, das nicht in Abhängigkeit zur Windindustrie steht.
Selbst bei geschätzten 100 kg Abrieb pro Anlage pro Jahr sind das in der Hochrechnung bei 30.000 zukünftigen Großanlagen in Deutschland und einer Laufzeit von 20 Jahren bis zu 60.000 Tonnen Mikroplastik, die diese Energiequelle an die Umwelt abgibt.
Was bedeutet das für die Gesundheit von Mensch und Natur?
Schon geringe Mengen dieser Ewigkeitschemikalien sind gesundheitsgefährdend. Angesichts ihrer Eigenschaft, sich im menschlichen Körper anzureichern, erscheint mir ein erheblich sensiblerer Umgang angezeigt. Während BPA die Fruchtbarkeit zumindest einschränkt, sollen PFAS krebsauslösend sein.
Zwar gelangen PFAS und BPA auch durch anderweitigen Abrieb in die Umwelt. Durch Windkraftanlagen gelangen sie aber in eine bisher weitgehend von Ewigkeitschemikalien verschonte Umwelt. Und bei Windkraftanlagen sind diese Stoffe geradezu prädestiniert, in die Umwelt zu gelangen, da nicht im Produkt so eingebunden, dass sie nicht in die Umwelt gelangen können.
Mikroplastik hat man inzwischen sogar im Gehirn gefunden. Ebenso wurde Mikroplastik auch schon im Blut nachgewiesen. Der Weg über den Riechkolben bis ins Gehirn ist ebenso möglich.
Das waren noch keine Partikel von Windkraftanlagen. Aber es ist nur eine Frage der Zeit und im Lichte des geplanten Ausbaus mit Windkraftanlagen, dass sich das zum Nachteil von Menschen insbesondere in der Nähe solcher Anlagen einstellen kann.
Zwar ist es nicht auszuschließen, dass sich lösende Partikel der Anlage – gerade in trockenen Jahreszeiten – über Höhenwinde kilometerweit verbreiten, aber besonders bei regenreichem Wetter gehen die Partikel durch den Abrieb begünstigenden Regen (und Hagel) überwiegend in der Nähe nieder. Gerade dadurch erhöht sich die konkret-kausale Belastung vor Ort, die natürlich für die landwirtschaftliche Produktion von Lebensmitteln ein wachsendes Problem bedeutet.
Wie sieht es auf EU-Ebene aus? Können diese schädlichen Chemikalien nicht verboten werden?
Es ist von der EU geplant, dass nicht alle PFAS, aber eine große Anzahl innerhalb von etwa 10 Jahren verboten werden sollen. Auch soll verboten werden, dass PFAS und BPA verwendet werden, wenn sie produkt- und betriebsbedingt in die Natur gelangen können. Eher vorläufig nicht verboten werden sollen solche Produkte mit PFAS, die nicht durch Abrieb in die Umwelt gelangen können. Gerade PFAS und BPA in den Rotoroberflächen müssten folglich verboten werden. An einmal genehmigten Rotorblättern – derzeit circa 90.000 Stück in Deutschland – ändert das zunächst nichts.
Es gibt indes schon Ersatzchemikalien für die in den Rotoren verwendeten PFAS. Aber die Industrie blockiert, will PFAS weiter verwenden und droht, dass es sonst keine für die Energiewende benötigten Windkraftanlagen mehr gebe. Das vergleiche ich mit den schädlichen Nebenwirkungen des Rauchens und den finanziellen Interessen der Industrie in beiden Fällen.
Windkraftbefürworter argumentieren oft, dass etwa Autoreifen erheblich mehr Abrieb an die Umwelt abgeben als Windkraftanlagen. Was sagen Sie dazu?
Das Argument ist in mehrerer Hinsicht schief. Zum einen gibt es in Deutschland über 49 Millionen Autos (mit über 196 Millionen Reifen) und viele Millionen Lkw, die man kaum mit 30.000 Windanlagen vergleichen kann.
Und seit wann ist eine toxische Kontamination zulässig oder verhältnismäßig, nur weil eine andere Ursache eine noch größere Kontamination verursacht?
Entscheidend erscheint mir aber etwas anderes. Der Reifenabrieb erfolgt da, wo er vorgesehen ist, in Bodennähe und auf Straßen, von denen er überwiegend in die dafür vorgesehene Kanalisation fließt, wo er aufgefangen werden kann.
Beim Abrieb der Windrotoren erfolgt das in bis zu 300 Meter Höhe in bisher weitgehend wenig bis unberührter Natur, in Wäldern, über Flächen zum Anbau von Lebensmitteln. Damit wird eine ganz neue Dimension flächenhaft und bundesweit unbeschränkter Kontamination zugelassen, deren Folgen für unsere Kinder und die Biodiversität unabsehbar sind.
Deutschland hat bereits rund 30.000 Windkraftanlagen, der Abrieb dürfte mit zunehmender Anzahl und Anlagengröße weiter steigen. Was können die Menschen tun, um sich vor diesen Mikropartikeln zu schützen?
Letztlich können sich unmittelbare Anwohner nur durch Masken schützen, wie man sie von Corona kennt. Sie sollten Durchzug in den Wohnräumen in trockenen Zeiten vermeiden und auf einen hohen Standard an Sauberkeit in den Wohnräumen achten.
Aber am besten wäre es, wenn auf gesetzgeberischer Seite vermehrt Anstrengungen geschehen, sowohl zur Vermeidung des Abriebs als auch um die Ewigkeitschemikalien durch harmlose Stoffe zu ersetzen. Ebenso könnte der Gesetzgeber höhere Mindestabstände zu Windkraftanlagen festschreiben.
Zunächst muss aber eine Enttabuisierung dieser Fakten stattfinden mit flächenhaften Bodenuntersuchungen, um einen ersten Zustand und Eindruck zu gewinnen. Die bisherigen Anlagen dürften dazu bisher keinen großen Beitrag geleistet haben, da sie eher klein oder nur mittelgroß sind. Aktuell und künftig gebaute Anlagen gehören hingegen zur Anlageklasse mit mindestens 7 Megawatt und haben eine Höhe von 250 Meter und mehr. Diese neue Anlagengeneration stößt in Dimensionen vor, wo solcher Abrieb selbst neue Größenordnungen erreicht. Es müssen dann regelmäßige Bodenproben durchgeführt werden, um die Entwicklung nachzuverfolgen.
Zudem müssen Grenzwerte definiert werden, die bei Überschreiten zu einem Betriebsstopp führen können. Es müssen von den Genehmigungsbehörden angemessene Rückstellungen verlangt werden für den Fall kontaminierter Flächen für den Anbau von Lebensmitteln. Denn gegebenenfalls können diese Flächen nicht mehr für die Lebensmittelproduktion genutzt werden. Das sind dann faktisch enteignete Flächen beziehungsweise enteignete Landwirte.
Vor allem aber müssen PFAS und BPA umgehend in den Rotoren verboten und durch alternative Stoffe ersetzt werden. Da Rotoren nicht mehr in Deutschland hergestellt werden, müssen Importbeschränkungen diskutiert und zeitnah umgesetzt werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Maurice Forgeng.
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