Süße Gefahr: Künstlicher Süßstoff bedroht Sauerstoffproduktion der Meere
Im Juli dieses Jahres teilte das Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel – auch GEOMAR genannt – mit, dass der Sauerstoffgehalt in den weltweiten Gewässern spürbar abnimmt. Als mögliche Ursachen nennen die Forscher die „globale Erwärmung durch Emissionen von Treibhausgasen und der Eintrag von Nährstoffen als Folge der Landnutzung“. Eine Studie aus den USA bringt einen weiteren möglichen Faktor für den Sauerstoffverlust in Gewässern ins Spiel: den künstlichen Süßstoff Sucralose.
Sucralose ist in vielen kalorienfreien Lebensmitteln und Getränken enthalten und wird als E 955 gekennzeichnet. Dass der menschliche Körper diesen künstlichen Süßstoff nicht abbauen kann, ist wissenschaftlich erwiesen. Hinzu kommt, dass die Verbindung so stabil ist, dass sie der Abwasseraufbereitung entgeht und in Trinkwasser und Gewässern vorkommt.
„Wir können Sucralose nicht abbauen, und viele Mikroorganismen können das auch nicht, weil es ein sehr zähes Molekül ist. Es gibt also viele Fragen darüber, wie es sich auf die Umwelt auswirkt und ob es etwas ist, das unsere mikrobiellen Gemeinschaften beeinflussen könnte“, erklärt Tracey Schafer, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der University of Florida.
Sauerstofflieferanten des Wassers
Aus diesem Grund haben Schafer und ihre Kollegen im Rahmen einer Studie die Auswirkungen von Sucralose auf das Verhalten von Cyanobakterien und Kieselalgen untersucht. Beide Organismen sind dafür bekannt, mittels Photosynthese Sauerstoff zu produzieren. Außerdem machen Kieselalgen mehr als 30 Prozent der primären Nahrungsproduktion in der marinen Nahrungskette aus.
Für ihre Studie sammelten die Biologen ihre winzigen Studienteilnehmer aus Süßwasser und Salzwasser in Florida auf. In ihrem Labor setzten sie die Organismen in den Bodenproben verschiedenen Konzentrationen an Sucralose aus: ohne Zusatz, rund 2 Gramm pro Liter und 11 Gramm pro Liter.
Das Ziel der Untersuchung war es, bei jeder Konzentrationsmenge die Fähigkeit zur Photosynthese und der mikrobiellen Atmung zu messen. Dies geschah sowohl über einen kurzen als auch einen längeren Zeitraum – 24 Stunden und fünf Tage.
Zum Vergleich: In europäischen Kläranlagen wurde bislang eine Sucralosemenge von 1 bis 2,5 Mikrogramm pro Liter, also etwa ein Tausendstel der Studienkonzentration, gemessen. Da der Süßstoff jedoch biologisch nicht abbaubar ist, ist mit einer weiteren Anreicherung in Boden und Gewässern zu rechnen.
Falsches Futter für Kieselalgen
Im Vergleich zur jeweiligen Kontrollgruppe nahm die Zahl der Cyanobakterien im Wasser zu, wenn auch die Menge an Sucralose größer wurde. Auch in der Salzwasserprobe stieg zunächst die Zahl der Bakterien, stürzte dann jedoch ab.
„Es besteht die Möglichkeit, dass die Süßwassergemeinschaften Sucralose fälschlicherweise für einen Nährstoff halten – also für einen Zucker, den sie als Nahrung verwenden können“, sagte Amelia Westmoreland, Chemikerin und Hauptautorin der Studie.
Bei den Kieselalgen verzeichneten die Forscher beide Male eine abnehmende Tendenz, sobald sie dem künstlichen Süßstoff ausgesetzt waren. Der Unterschied zwischen den Konzentrationen war beim Süßwasserexperiment jedoch am deutlichsten.
Süßstoff als Bedrohung für das Ökosystem?
Die Fähigkeit von Sucralose, die Populationen mikrobieller Gemeinschaften sowohl zu erhöhen als auch zu verringern, bedrohe möglicherweise die natürlichen Ökosysteme, so die Forscher. „Extreme Beispiele dafür sind das Verschwinden der Kieselalgengemeinschaft und das andere Extrem, bei dem diese Gemeinschaft alles andere verdrängt“, erklärt Westmoreland. Da Kieselalgen zugleich eine entscheidende Rolle in den maritimen Nahrungsketten einnehmen, reichen die Folgen prinzipiell weitaus weiter.
Doch um die Auswirkungen vom künstlichen Süßstoff auf das Leben im Wasser vollständig zu verstehen, sind weitere Forschungen unerlässlich, so die Forscherinnen. Unter anderem dazu, bei welcher Sucralosekonzentration welche Effekte auftreten. „Ich denke, diese Studie war ein guter erster Schritt und wird hoffentlich weitere Forschungen vorantreiben“, so Schafer abschließend.
Die Studie erschien am 13. April 2024 in der Fachzeitschrift „Environmental Monitoring and Assessment“.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion